EI Der Eisenbahningenieur

Für mehr Sicherheit und weniger Verschleiß. Der Drehgestelldruckmessstand MULTIRAIL® BogieLoad. MULTIRAIL® BogieLoad – Ein Drehgestellprüfstand der neuen, zukunftsweisenden Generation, der bereits jetzt die DIN 25043 erfüllt. Herausragendes Merkmal ist die vollelektromechanische Ausführung mit Spindeltechnologie, die äußerst effizient arbeitet und hohe Präzision gewährleistet. Schenck Process GmbH Pallaswiesenstr. 100 64293 Darmstadt, Germany T +49 61 51-15 31 34 31 transport@schenckprocess.com www.schenckprocess.com Euro 15.00 | C 2566 Februar 2010 02|10 INTERNAT IONALE FACHZEI TSCHRIFT FÜR SCHIENENVERKEHR & TECHNIK ! 60 Jahre VDEI: Das Verbandsjubiläum ! Umbau der Sicherungstechnik im Knoten Chemnitz ! Zulassung für neuen Mastfußadapter ! Gummigefederte Räder für unterschiedliche Anforderungen ! Ermittlung von Inspektionsintervallen ! Aktuell: Bahn-Nachrichten • Veranstaltungen Personalia • Industrie-Report HERAUSGEBER VERBAND DEUTSCHER EISENBAHN-INGENIEURE E.V. DER EISENBAHN INGENIEUR EI 1. Symposium Eisenbahnbrücken und Konstruktiver Ingenieurbau am 25. und 26. Februar 2010 in München

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STANDPUNKT 3 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Als Demonstratoren sollen des Weiteren Mini-/Niedrigschallschutzwände (h ≤ 38 bzw. 76 cm üSO) und leisere Brücken ausgeschrieben werden. Leider sind unterstützende F&E-Programme für diese Fehlanzeige, genauso wie für weitere innovative – in den F&E-Laboren bereitliegende – lärmreduzierende Fahrwegelemente. Fahrweg – Umwelt & Klima: Zu einemMehrwert könnte auch der „Green Track“ beitragen. Ebenfalls in den F&E-Laboren bereitliegende Konzepte für einen Stäube und umweltbelastende Mikropartikel bindenden sowie das Kleinklima verbessernden Fahrweg, könnte im Anschluss an das F&EStadium durch Versiegelungs-/Ausgleichsabgaben unter dem Motto „ÖV finanziert ÖV“ umgesetzt werden – heute werden Umweltmaßnahmen Dritter damit gefördert! Bei all den Innovationen hoffe ich, dass die grundlegenden Ingenieur-Tugenden durch die immer mehr geforderte eindimensionale Hochschulausbildung bzw. eine solche Nutzung des Ingenieurverstandes nicht in Vergessenheit geraten. Eingriffe z. B. an den Fahrwegelementen, mit Folgen wie Schienenverriffelung oder Schotterreologie, sind – auch wenn sie im Ausland oder vor Zeiten festgestellt wurden – Erfahrungen, die ein verantwortungsbewusster, kreativer und zukunftsorientierter Ingenieur ebenso nachhaltig prüfen und zur Lösung im komplexen Gesamtsystem Bahn führen sollte, wie z. B. den Einsatz leiserer/verschleißärmerer statt billigerer Drehgestelle oder die mehrere Dekaden andauernde und erst im Gesamten wirksame Nachrüstung klotzgebremster Fahrzeuge gegenüber dem Stand der Technik: Scheibenbremsen, etc. Zur Prüfung und Lösung der überwiegend mehrdimensionalen Aufgaben des spurgeführten Verkehrs bilden die Eisenbahnlehrstühle der Universitäten nicht nur verantwortungsbewusste, kreative und zukunftsorientierte Ingenieure aus, sie empfehlen sich überdies mit wissenschaftlich-forschendem Ingenieurverstand. KKopenhagen ist vorbei – die Chancen zur globalen CO2 -Reduzierung vergeben. CO2 und NOx sind jedoch für den nahezu unübersehbaren Zukunftsmarkt Umwelt & Klima nicht alles. Stäube und Lärm belasten die Umwelt ebenso nachhaltig, Mitverursacher sind die Verkehrsmittel. Zur Reduktion werden Richtlinien/Gesetze auch von der EU und deren Mitgliedsstaaten verabschiedet. Für deren Umsetzung – nicht nur im Bereich Technik – sind Ingenieure gefragt. So auch beim umweltfreundlichen, spurgeführten Verkehr. Hier müssen nicht nur Fahrgäste, sondern auch Personen- und Güterzüge samt der Infrastruktur „beruhigt“ und umweltfreundlicher werden. Im Fokus steht dabei, die Verursacher möglichst unmittelbar an der Quelle zu beeinflussen. Maßgebend sind somit Fahrzeuge und Fahrweg! Fahrzeuge: Für den mit starken Zuwachszahlen prognostizierten Güterverkehr fördert der Gesetzgeber F&E-Projekte wie „Leiser Verkehr“ und „LZarG (Leiser Zug auf realem Gleis)“ sowie im Rahmen des Schienen-Lärmsanierungsprogramms das Projekt „Leiser Rhein“. Vorrangig ist dabei die Umrüstung von Grauguss- auf kunstoffbesohlte Klotzbremsen an Güterwagen. Fahrweg – Lärmreduktion: Für das Schienen-Lärmsanierungsprogramm werden jährlich 100 Mio. EUR bereitgestellt, um Maßnahmen wie BüG (besonders überwachtes Gleis) durchzuführen und Lärmschutzwände (h ≥ 2 m üSO), evtl. i. V.m. passiven Lärmschutzeinrichtungen zu errichten. Nahezu die gleiche, jedoch einmalige Summe wurde aus den Konjunkturpaketen zur Umsetzung von 48 Demonstratoren innovativer Lärmschutzmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Bei den „Innovationen“ handelt es sich – wie bei den K-Bremsen – um überwiegend im nahen Ausland schon erprobte Komponenten wie Schienenstegdämpfer, weiche Schienenlagerung, besohlte Schwellen, Absorbermatten, etc., die alle auch über die Projekte „Leiser Verkehr“ bzw. „LZarG“ gefördert werden. Umweltschutz – es ist noch viel zu tun! »Ingenieur-Tugenden nicht in Vergessenheit geraten lassen« Universitätsprofessor Dr.-Ing. Eberhard Hohnecker Leiter der Abteilung Eisenbahnwesen am KIT – Karlsruher Institut für Technologie und Sprecher des VDEI-Beirats

INHALT | HEFT 02 | 10 18 INTERNATIONALE FACHZEITSCHRIFT FÜR SCHIENENVERKEHR & TECHNIK INTERNATIONAL TRADE JOURNAL FOR RAIL TRANSPORT & TECHNOLOGY EI DER EISENBAHN INGENIEUR 4 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 STANDPUNKT Eberhard Hohnecker 3 Umweltschutz – es ist noch viel zu tun! FACHBEITRÄGE Gregor Janßen 6 Eisenbahningenieure im Blickpunkt der Gesellschaft Railway engineers in the public eye Lutz Sebastian / Hubert Perlick 10 Knoten Chemnitz: Umbauzustände Sicherungstechnik, Probleme Alttechnik Chemnitz junction: signalling rebuild conditions, problems with obsolete systems Carsten Weber 14 Anwendung der PZB 90 bei Regelvorsignalabständen < 1000 m Usage of PZB 90 with normal warning distances less than 1000 m Klaus Bünzow / Thomas Gritzka 18 Mastfußadapter – Fortschreibung einer Erfolgsgeschichte unter neuem Namen Post base adapter – a success story continued under a new name Markus Hecht / Thomas Thron 26 Oberbau, Rollgeräusch, Lärm – in der Praxis umsetzbare Akustik – Teil 2 Permanent way, rolling noise, noise levels – practical acoustic application – Part 2 Christian Czolbe 32 Ermittlung der Schienenrauheiten auf dem Schweizer Bahnnetz Identifying instances of rail roughness in the Swiss railway network Franz Murawa 36 Gummigefederte Räder für unterschiedliche Anforderungen Rubber-sprung wheels for a variety of requirements Matthias Schwartze 42 Die Dauerfestigkeitsprüfung von Eisenbahnrädern und Radsatzwellen Fatigue strength testing of railway wheels and wheelset shafts Hans Albert Richard / Manuela Sander / Markus Wirxel / Jens Lebahn 46 Ermittlung von Inspektionsintervallen mittels Risswachstumsuntersuchungen Determining inspection internals by means of crack growth investigations Gunther Brux 50 Tunnelkongress in der Schweiz Swiss Tunnel Congress Erich Siems 54 Hundertster Todestag von Alexander Nalenz Centenary of the death of Alexander Nalenz RUBRIKEN 56 ÜGG-Forum 57 Veranstaltungen 57 Bahn-Nachrichten 69 Personalia 70 Stellenmarkt 71 Rail-Web-Weiser 74 Industrie-Report 76 Impressum 82 Ausblick Europa VDEI 77 VDEI-Nachrichten

Zur Titelanzeige: Der Drehgestelldruckmessstand MULTIRAIL® BogieLoad. Vollelektromechanisch, effizient, präzise. MULTIRAIL® BogieLoad ist ein Drehgestellprüfstand der neuen, zukunftweisenden Generation. Eine Besonderheit stellt die vollelektromechanische Ausführung mit Spindeltechnologie dar, die äußerst effizient arbeitet und hohe Präzision gewährleistet. Ihr Vorteil: Erfüllt bereits heute DIN 25043. www.schenckprocess.com FürmehrSicherheit undwenigerVerschleiß. DerDrehgestelldruckmessstandMULTIRAIL® BogieLoad. MULTIRAIL® BogieLoad –EinDrehgestellprüfstandderneuen, zukunftsweisendenGeneration,derbereits jetztdieDIN25043erfüllt. HerausragendesMerkmal istdievollelektromechanischeAusführung mitSpindeltechnologie,dieäußerst effizient arbeitetundhohe Präzisiongewährleistet. SchenckProcessGmbH Pallaswiesenstr. 100 64293Darmstadt,Germany T+4961 51-15 313431 transport@schenckprocess.com www.schenckprocess.com Euro15.00 | C2566 Februar2010 02|10 INTERNATIONALE FACHZEITSCHRIFT FÜR SCHIENENVERKEHR & TECHNIK ! 60 JahreVDEI: DasVerbandsjubiläum ! Umbau derSicherungstechnik imKnotenChemnitz ! Zulassung für neuen Mastfußadapter ! GummigefederteRäder für unterschiedlicheAnforderungen ! Ermittlung von Inspektionsintervallen ! Aktuell: Bahn-Nachrichten•Veranstaltungen Personalia • Industrie-Report HERAUSGEBER VERBAND DEUTSCHER EISENBAHN-INGENIEURE E.V. DER EISENBAHN INGENIEUR EI 1.Symposium Eisenbahnbrücken undKonstruktiver Ingenieurbau am 25. und 26. Februar 2010 inMünchen 26 EDITORIAL 36 VERBAND DEUTSCHER EISENBAHN-INGENIEURE E.V. 5 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Liebe Leserinnen, liebe Leser, unser Ingenieurverband wurde im Dezember 2009 60 Jahre alt. Gregor Janßen berichtet in unserem erstem Beitrag von der Festveranstaltung in Duisburg und von den Grußworten namhafter Festgäste. Die „Anwendung der PZB 90 bei Regelvorsignalabständen <1000 m“ aus dem Bereich der Leit- und Sicherungstechnik beleuchtet die punktförmige Linienzugbeeinflussung (PZB 90) speziell auf Nebenstrecken mit einem Regelvorsignalabstand von weniger als 1000 m und macht dort deren begrenzte Anwendbarkeit deutlich. In dem Beitrag mit dem Titel „Mastfußadapter – Fortschreibung einer Erfolgsgeschichte unter neuem Namen“ wird vom Fachautor die patentgeschützte, vom EBA zugelassene und in das Technische Regelwerk der DB aufgenommene Eigenentwicklung eines Mastfußadapters beschrieben, der die Gründung von Eisenbahnsignalen jeglicher Bauform nicht nur untergrundschonend sondern auch kostengünstiger ermöglicht. Als Fortsetzung des Beitrages im EI 1/10 wird in „Oberbau, Rollgeräusch, Lärm – in der Praxis umsetzbare Akustik“ von den Autoren beschrieben, wie die Auswertung der Messungen der Track Decay Rate entsprechend der DIN EN 45641 erfolgt. Eine Reihe von Beiträgen beschäftigt sich mit Themen, die anlässlich der 10. Rad/Schiene-Tagung im September 2009 in Dresden als Vorträge gehalten wurden. In dem Ihnen vorliegenden Heft finden Sie darüber hinaus weitere interessante Beiträge, die Ihnen Informationen rund um die Eisenbahn vermitteln sollen. Bernd Wilfert, Chefredakteur

60 JAHRE VDEI 6 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Vor etwa 150 Gästen blickte VDEI-Präsident Prof. Dr.-Ing. Lothar Fendrich (Abb. 1) mit den Präsidiumsmitgliedern, dem Bundesvorstand und dem Beirat stolz auf 60-jähriges Engagement zur beruflichen Förderung der Mitglieder und vielseitigen Einsatz beim Ausbau des spurgeführten Verkehrs auf der Festveranstaltung am11. Dezember in Duisburg zurück. Einleitend stellte er aus sechs Jahrzehnten Verbandsarbeit besonders die Auswirkungen durch die Vereinigung der Eisenbahningenieurverbände aus Ost und West, die Einflüsse der ersten und zweiten Stufe der Bahnreform und die Erweiterung der Netzwerke durch die Öffnung des VDEI heraus, die in gemeinsamer ehrenamtlicher Arbeit erfolgreich gelungen sind. Als Gäste konnte Präsident Fendrich den Bau- und Verkehrsminister von NRW, Lutz Lienenkämper, den Vorstand Transport und Logistik der DB Mobility Logistics, Dr. Karl-Friedrich Rausch, Dirk Flege, den Geschäftsführer der Allianz Pro Schiene, den Präsidenten der Ingenieurkammer Bau NRW, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, den Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, Adolf Sauerland, zahlreiche Vertreter der Bahnbehörden und befreundeter Verbände sowie den Präsidenten der Union Europäischer Eisenbahn-Ingenieur-Verbände (UEEIV), o. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Klaus Rießberger, begrüßen und mit ingenieurbezogenen Schlagworten zu Grußworten und Festansprachen überleiten. Bau- und Verkehrsminister Lienenkämper (NRW) (Abb. 2) überbrachte die Grüße und Glückwünsche der Landesregierung und stellte die Bedeutung des VDEI-Engagements in Verbindung mit den Eisenbahnunternehmen und der Bahnindustrie am Beispiel der erfolgreichen Internationalen Ausstellung Fahrwegtechnik „iaf“ in Münster und den Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung von Ingenieuren besonders heraus. Auf die Frage, warum auch in NRW als Bahnland Nr. 1 mit exzellenten Karrierechancen in der hiesigen Bahn- und Verkehrswirtschaft bei Eisenbahningenieuren ein Nachwuchsproblem bestehe, benannte Lienenkämper das Zusammenwirken zweier negativer Faktoren als mögliche Ursache: Das Image der Branche sei in der Öffentlichkeit negativ belegt und nur wenige Bahn- und Großunternehmen bieten gezielte Nachwuchsprogramme an. Deshalb sei im Rahmen der „Initiative Bahn NRW“ mit „Karriere Campus Rail“ der Startschuss für einen intensiven Dialog durch Praktika, Studienarbeiten etc. zwischen Bau- und Verkehrsunternehmen und Studierenden erfolgt und bereits imDezember vergangenen Jahres mit der Deutschen Bahn AG ein Masterplan zur Sicherung der Zukunft der Eisenbahn verabschiedet worden. Auch hierbei habe der VDEI seine Kompetenz eingebracht und damit ein weiteres vorbildliches ehrenamtliches Engagement gezeigt. Dr.-Ing. Bökamp forderte die Eisenbahningenieure auf, ihren Stellenwert in der Gesellschaft zu verbessern und durch positive Öffentlichkeitsarbeit wie die Initiative „Kein Ding ohne Ing!“die Ingenieurkunst aller Fakultäten bewusst zu machen. Dies griff auch Vizepräsident Meyer-Dietrich vom Verband Deutscher Vermessungsingenieure in Verbindung mit den neuen Studienabschlüssen auf und forderte gemeinsame Anstrengungen für die Beibehaltung der Berufsbezeichnung Ingenieur. Eisenbahningenieure im Blickpunkt der Gesellschaft Gregor Janßen Abb. 1: Stolz begrüßt Prof. Dr.-Ing. Lothar Fendrich die Gäste zum 60-jährigen Jubiläum. Abb. 2: NRW-Verkehrsminister Lutz Lienenkämper unterstrich die Bedeutung des VDEI. Festveranstaltung des Verbands Deutscher Eisenbahn-Ingenieure (VDEI) e.V.

7 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Abb. 3: Dr. Rausch zeigte die gemeinsame Vergangenheit von VDEI und Bundesbahn bzw. DB AG. Abb. 4: UEEIV-Präsident Prof. Rießberger würdigte die Bedeutung des VDEI für die europäischen Verbände. Auch im politischen Rahmen sei der VDEI für die Belange des spurgeführten Verkehrs vorbildlich tätig und unterstütze durch seine Mitarbeit in der Allianz Pro Schiene die erforderlichen Interessen von Technik und Schiene. Nur durch Innovation, Kommunikation und politisches Engagement wird es nach Meinung von Geschäftsführer Flege den Ingenieuren gelingen, die Menschen – und damit die Politik – für Technik und deren Wertschätzung zu begeistern. In seiner Festansprache beleuchtete Dr. Rausch (Abb. 3) die gemeinsamen 60 Jahre der deutschen Bahnen und des VDEI. Im Verband Deutscher EisenbahnIngenieure waren in den ersten Jahrzehnten die meisten Mitglieder im Westen unserer Republik vorrangig bei dem damals verlustreichsten Monopolisten Deutsche Bundesbahn tätig und der VDEI war ein Sprachrohr für deren beamtenrechtliche Belange. Der fachliche Zusammenschluss der Reichsbahnkollegen wurde bis zur Wiedervereinigung durch die „Kammer der Technik (KDT)“ wahrgenommen. Zwischenzeitlich hat sich der Bundesbahn-Nachfolger Deutsche Bahn AG zu einem europaweiten leistungsstarken Bahn- und Logistikunternehmen entwickelt und der VDEI hat sich nach mehreren Strukturänderungen für alle im System Bahn tätigen Ingenieure geöffnet. Nun gilt es, gemeinsam die Herausforderungen der Bahnen in Europa anzunehmen, auf dem europäischen Binnenmarkt die Interoperabilität voranzutreiben und die Infrastruktur den Erfordernissen eines modernen Schienenverkehrs anzupassen. Das sind gewaltige Herausforderungen an Eisenbahningenieure bei den Hochschulen, den Bahnen und der Bahnindustrie. Der VDEI steht nach wie vor für diesen Berufsstand und fördert seine Interessen – geleitet von dem Motto „Mehr Verkehr auf die Schiene!“ Um dies zu erreichen, freut sich die DB über Wettbewerb und strebt eine weitere Öffnung des Marktes an – allerdings ohne Wettbewerbsverzerrungen wie z.B. durch die Energiesteuer. Die politischen Rahmenbedingungen, um den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern zu können, die Eisenbahningenieure durch klimafreundliche Transportsysteme, Infrastruktur- oder Lärmschutzmaßnahmen fördern – hier ist der VDEI mit seinen Fachtagungen aktuell im Fokus! Aber auch die Bahnindustrie ist ebenso mit qualitativ hochwertigen Produkten und besseren Transportlösungen gefordert. Gigaliner auf der Straße sind da kontraproduktiv! Die Deutsche Bahn belastet der demographische Wandel bei den Ingenieuren. Deshalb sind die Aktivitäten in der VDEIArbeitsgruppe nicht nur vorbildlich, sondern aus Sicht der DB in gemeinsamem Handeln und Aufbauen von Netzwerken auch dauerhaft Erfolg versprechend! „Dieser gemeinsame Erfolg von DB und VDEI sollte auch in Zukunft unser Handeln bestimmen“, sagte Dr. Rausch abschließend. Der VDEI spiele im Konzert der EisenbahnIngenieur-Vereine Europas eine besondere, wenn nicht sogar eine führende Rolle, rief der Präsident der UEEIV, o. Univ.-Prof. Dr. techn. Dipl.-Ing. Klaus Rießberger (Abb. 4) der Festversammlung zu und belegte dies beispielhaft mit der hohen Besucherzahl ausländischer Ingenieure beim „MegaEvent“ – der „iaf“ in Münster. Doch nicht nur die Eisenbahninfrastruktur, auch die Eisenbahnpolitik Europas fasst der VDEI mit Herzblut an und blickt dabei gemeinsam mit der UEEIV auf die Anwender in Brüssel. „Der VDEI ist das positivste Beispiel für eine branchenumfassende Organisation von Ingenieuren und dafür drücke ich Ihnen meine besondere Wertschätzung aus“, sagte Professor Rießberger mit Blick auf das VDEI-Präsidium. Nachwuchsförderung, Fortbildung und das Kennen des Systems führen die Bahnen zum Erfolg. Erste Ingenieurpflicht ist dabei, Technik und Kosten unter einen Hut zu bringen. Seit jeher ist das Hauptziel der ingenieurlichen Tätigkeit, den Erfolg mit geringstemAufwand unter Beachtung kurz- und langfristiger Forderungen zu erreichen – und dieses Ziel hat sich trotz vielfältiger Strukturveränderungen bei den Bahnen nicht geändert. Deshalb sind Eisenbahningenieure weiterhin aufgerufen, sich mit den Problemen des Verkehrssystems Bahn auseinander zu setzen und die Funktionen sicher zu stellen. Der Analyse müssen im Sinne des Ingeniums Taten folgen, die sich in Planungsvorgängen, Erstellungen, im Betrieb und bei der Instandhaltung widerspiegeln und das gesamte Know-how der durch Technik bestimmten Geschichte der Bahnen reflektieren sollen. Das erfordert mehr als verwalten – das erfordert denken – die eigentliche Aufgabe des Ingenieurs. Innovative Ideen aber werden gerne mit Aussagen wie: „Es ist noch nie etwas neues besser geworden!“

60 JAHRE VDEI Dipl.-Ing. Gregor Janßen 1998–2004 Bundesvorsitzender des VDEI gregor.janssen@vdei.de 8 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 abgetan, und deshalb sind heute viel mehr Lösungen vorhanden als tatsächlich angewandt werden. Doch spätestens mit dem Hinweis auf die Vorschriften wird das „Bessere des Guten Feind“! Es sollte schon Einverständnis darüber herrschen, dass Vorschriften ihren bestimmten Sinn für die Sicherheit des Systems Bahn haben, aber muss man denn gleich aus einer Handlungsanweisung ein Lehrbuch machen? Mit einem Negativbeispiel aus den USA – wo ein Güterzug Feuer gefangen hatte – und der Lokführer gemäß Vorschrift sofort anhielt, leider aber auf einer Holzbrücke, führte Prof. Dr.-Ing. Rießberger den Teilnehmern der Festversammlung vor Augen, wo auch die besten Vorschriften ihre Grenzen haben. Seinen Vortrag „Der Ingenieur in Beruf und Gesellschaft“ gliederte der Vorsitzendes des VDEI-Bezirks Thüringen, Dipl.-Ing. Hermann Schmalfuß (Abb. 5), in die Betrachtungen Der Ingenieur als Beruf • Der Ingenieur im Beruf sowie • Der Ingenieur in der Gesellschaft. • In der mittelalterlichen Bezeichnung „Ingeniarius“, die der militärischen Bedeutung eines Festungsbaumeisters entsprach, war bereits fixiert, dass die Ausbildung der Ingenieure aufbauend auf den traditionellen Fachrichtungen Bau-Maschinen und Elektrotechnik zunehmend das gesamte Spektrum der Forschung, Wirtschaft und Industrie abzudecken habe. Da sich ohne Ingenieure weder Forschung noch Wirtschaft weiter entwickeln können, sollte der Ingenieur ein anerkannter Berufsstand sein und an Nachwuchs dürfe es eigentlich nicht mangeln. Doch es ist leider anders. Wir müssen heute bereits bei den Schülern das Interesse für die Technik wecken, dazu bei den Lehrern das technische Verstehen fördern und uns selber als Eisenbahningenieure z. B. bei der Wissensvermittlung in eisenbahntypischen Fächern und Fortbildungsmaßnahmen einbringen. Gutes Allgemeinwissen gepaart mit fundierten Fachkenntnissen und analytischem Denken führt zu guten Leistungen. Unser VDEI hat viele Kolleginnen und Kollegen, die nicht nur den Nachwuchs fördern, sondern auch Ingenieure im Beruf unterstützen können, damit sie auch von ihrer Tätigkeit überzeugt sind, denn ein Ingenieur hat sich schließlich zum lebenslangen Lernen verpflichtet. Die Stellung des Eisenbahningenieurs führt vom Controlling beherrscht ein Schattendasein. Hier müssen wir viel stärker belegen, dass wir durch unsere Arbeit und Entscheidung auch die Verantwortung für die Zahlen vor dem Komma tragen! „Wir sind verantwortlich für das, was wir tun – und nicht tun!“, so Kollege Schmalfuß. Engagieren wir uns in unserem Beruf und engagieren wir uns ehrenamtlich im VDEI, denn nicht nur die Arbeit – auch der Geist fordert sein Recht. Die Kraft, die wir einbringen, kommt in Form des Erfolgs mehrfach zurück! In der gesellschaftlichen Wertung rangiert der Ingenieur hinter den Ärzten und Naturwissenschaftlern. Eine entsprechend aufwertende Anerkennung der ingenieurwissenschaftlichen Leistungen erreichen wir, wenn wir neben dem Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ beim Abschluss neuer Studiengänge auch unsere Leistungen erläutern und, falls nötig, verteidigen. Unser Berufsverband mit seinem großen Netzwerk ist dazu die geeignete Plattform. Aber wir können auch selber im Berufsalltag zum Beispiel durch Besucherführungen auf den Baustellen oder Berichte in den Fachzeitschriften die Gesellschaft auf unsere Leistungen nachhaltig aufmerksam machen. Mit folgendem Appell beendetet Dipl.-Ing. Schmalfuß seine Rede: „Sorgen wir dafür, dass wir sagen können: Ich habe nicht nur den richtigen Beruf, sondern auch den schönsten!“ In fröhlicher Jubelstimmung dankte VDEIPräsident Professor Fendrich für die Vorträge, Grußadressen und Glückwünsche und leitete über zur Ehrung zweier verdienter VDEI-Kollegen. Dem ehemaligen Bezirksvorsitzenden von Berlin/Brandenburg, Dipl.-Ing. Bernd Schuschke (Abb. 6), und dem Bezirksvorsitzenden des Bezirks Thüringen, Schmalfuß, verlieh der VDEIPräsident in Würdigung ihrer Leistung als Bezirksvorsitzende und ihres Engagements im Verband das Verbandsabzeichen in Gold. Lesen Sie hierzu die Berichte in der Rubrik Personalia. Zwei anwesende VDEIGründungsmitglieder erhielten als Zeichen herzlicher Verbundenheit einen Blumengruß aus der Hand des Präsidenten. Musikalisch umrahmt wurde die Festveranstaltung durch ausgezeichnete Darbietungen eines Streichquartetts der Folkwang Hochschule. Summary Railway engineers in the public eye Addressing some 150 invited guests attending the commemorative event held in Duisburg on 11th December 2009, the President of the Association of German Railway Engineers (VDEI), Prof. Dr.-Ing. Lothar Fendrich, on behalf of the members of the Association’s Presidency, National Executive Committee and Advisory Council, proudly recalled the VDEI’s commitment over the past 60 years to the professional advancement of its members and its wide-ranging engagement in the development of guided transport systems. He began by singling out from among the six decades of work of the Association the impact of the unification of railway engineering associations from East and West, the first and second stages of the railway reforms, and the extension of networks through the opening-up of the VDEI. Abb. 5: Hermann Schmalfuß (r.) wurde nach seinem Vortrag ausgezeichnet. Abb. 6: Auch Bernd Schuschke bekam das Verbandsabzeichen in Gold.

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SICHERUNGSSTECHNIK 10 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Der Umbauabschnitt Knoten Chemnitz gehört zur Ausbaustrecke Karlsruhe – Stuttgart – Nürnberg – Leipzig/Dresden und ist ein weiteres Puzzelstück zur Modernisierung der Sachsenmagistrale. Als Sachsenmagistrale bezeichnet man die Strecken Dresden – Werdau und Leipzig – Hof mit einer Gesamtlänge von rund 300 km (Abb. 1). Nachdem im Oktober 2008 der Endzustand des Bahnhofs Plauen (Vogtl.) oberer Bahnhof fertig gestellt wurde, erfolgt nun die Modernisierung des Knoten Chemnitz. Die Errichtung und Inbetriebnahme des ESTW-A Chemnitz erfolgt durch Thales Rail Signalling Solutions GmbH (ehemals Alcatel SEL AG) im Auftrag der DB Netz AG unter Leitung der DB ProjektBau GmbH. Die umfangreichen infrastrukturellen Umbau- und Anpassungsmaßnahmen im Bahnhof und an den Nachbarbetriebsstellen erfordern zahlreiche sicherungstechnische Zwischenzustände. Der Artikel gibt einen Einblick über die sicherungstechnischen Probleme während der Längsteilung der Betriebsstelle Knoten Chemnitz. Historischer Abriss zur Entwicklung des Knoten Chemnitz Mit dem Bau der Eisenbahnstrecke Riesa – Chemnitz entstand in den Jahren 1848 bis 1852 der Chemnitzer Hbf. Durch den Anschluss an das Eisenbahnnetz bekam Chemnitz neue Impulse. Die Stadt entwickelte eine leistungsfähige Textilindustrie. Immer mehr Unternehmen siedelten sich in der sächsischen Industriestadt an, die Einwohnerzahl erhöhte sich. Mit Eröffnung der Strecke in Richtung Zwickau im Jahre 1858 wurde der Kopfbahnhof zum Durchgangsbahnhof. Durch den Wirtschaftsboom wurde der Bahnknoten Chemnitz im Jahre 1868 grundlegend umgebaut. Damit wurde es möglich, dem immer weiteren Anstieg der zu erbringenden Transportleistungen gerecht zu werden. Im Jahr 1871 zählte man rund 500000 Reisende, die ankamen und abfuhren. Bereits 1873 verkehrten auf dem Hauptbahnhof täglich 82 Personen- und 50 Güterzüge. Die Zunahme des Reise- und Güterverkehr hielt in den Folgejahren weiter an. In den Jahren 1886 bis 1888 fanden weitere Baumaßnahmen statt, um die Verkehrsströme bewältigen zu können. Eine Entlastung des Güterverkehrs für den Hauptbahnhof Chemnitz konnte trotz der Maßnahmen nicht erreicht werden. Erst mit der Inbetriebnahme des neuen Rangierbahnhofes Chemnitz-Hilbersdorf im Jahre 1902, erreichte man eine zufriedenstellende Trennung von Reise- und Güterverkehr. langen, 150 m breiten und 14 m hohen Bahnsteighalle. Nach Abschluss der Bauarbeiten besaß Chemnitz neun Kopfgleise und fünf Durchfahrgleise. Nachdem die Bahnanlagen umgebaut wurden, erfolgte auch eine Modernisierung der konventionellen Stellwerkstechnik. Auf einigen Betriebsstellen wurden elektromechanische Stellwerke errichtet. So wurde beispielsweise 1936 das Befehlsstellwerk 5 in Betrieb genommen, sowie drei Jahre später der Neubau des Stellwerkes 1. Darüber hinaus wurden die Stellwerke untereinander mit dem sächsischen Bahnhofsblock ausgerüstet. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden weitere Modernisierungsmaßnahmen zunichte gemacht. Sowohl die Stadt Chemnitz als auch der Hauptbahnhof wurden durch die Luftangriffe schwer gezeichnet. Es entstanden beträchtliche Schäden an den Gleisanlagen, als auch an den Gebäuden. Zwischen 1973 und 1976 entstand eine neue Bahnsteighalle, während die alte Hallenkonstruktion aufgrund von Kriegsschäden abgetragen werden musste. Knoten Chemnitz heute Aufgrund der starken betrieblichen Inanspruchnahme und einer unzureichenden Instandhaltung ist der Knoten Chemnitz fast durchgängig in einem schlechten Zustand. Zahlreiche Oberbaumängel finden sich in mehreren Bereichen. Der nördliche und südliche Gepäcktunnel darf nur mit 30 km/h befahren werden und unterliegt einer Lasteinschränkung. Eine Durchfahrung des Bahnhofes ist nur mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h zulässig. Die Eisenbahnüberführung August-Bebel-Straße unterliegt Auflagen und Sonderinspektionen. Darüber hinaus entspricht die Größe des Bahnhofs nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Eine Spurplanrationalisierung an den heutigen Stand der Verkehrsauslastung ist unumgänglich. Umdie langfristige Verfügbarkeit der Infrastrukturanlagen und eine Verkürzung der Reisezeiten zu gewährleisten, werden umfangreiche Arbeiten am Oberbau, Unterbau, Ingenieurbauwerken, Hochbauten, den Oberleitungsanlagen, Signalanlagen, elektrotechnischen Anlagen und Anlagen der Telekommunikation erforderlich. Knoten Chemnitz: Umbauzustände Sicherungstechnik, Probleme Alttechnik Lutz Sebastian Hubert Perlick Die Umbaumaßnahmen im Knoten erfordern sicherungstechnische Zwischenzustände an den Altanlagen, die zum Teil mit Umbauverboten belegt sind. Abb. 1: Sachsenmagistrale Der Güterverkehr von Leipzig und Riesa wurde durch ein Verbindungsgleis direkt nach Chemnitz-Hilbersdorf befördert. Von 1902 bis 1907 erfolgte ein weiterer Umbau der Bahnanlagen im Hbf. Zwischen den Bahnsteiggleisen entstanden neue Abstellgleise, Umfahrungsgleise und Durchfahrgleise, sowie fünf Stellwerke. Darüber hinaus erfolgte der Bau der 174 m

11 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 In Chemnitz einmündende Strecken Inbetriebnahme Riesa – Chemnitz 01. September 1852 Chemnitz – Zwickau 15. November 1858 Chemnitz – Annaberg 01. Februar 1866 Dresden – Werdau 01. März 1869 Chemnitz – (Freiberg – Haininchen) 1869 Chemnitz – Kieritzsch 1872 Chemnitz – Aue 24. Dezember 1875 Rangierbahnhof Hilbersdorf 26. Juni 1902 Tab. 1: Die in den Knoten Chemnitz einmündenden Strecken und deren Inbetriebnahmetermine [1] Stellwerk Beschreibung Inbetriebnahmejahr W1 elektromechanisches Stellwerk; Einreihenhebelwerk VES 1912 mit Farbscheibenüberwachung; 7 Lichtsignale 60V =, GS I – Relais 1939 W2 mechanisches Stellwerk; Bauart „Jüdel 6000“ 1906 W3 im gleichen Gebäude wie Stw B3: mechanisches Stellwerk; Bauart „Jüdel 6000“ 64 Hebelplätze, 33 Fahrstraßenhebelplätze, nicht mehr typenrein, Einheit und Jüdel 11000; alle 17 Ausfahrsignale sind Formsignale 1930 B3 elektromechanisches Stellwerk; Einreihenhebelwerk VES 1912 (Befehlswerk) mit Farbscheibenüberwachung 1930 W4 mechanisches Stellwerk Bauart „Jüdel 6000“ 1930 W5 im gleichen Gebäude wie Stw B5 (1 Stockwerk tiefer); elektromechanisches Vierreihenhebelwerk VES (76 Weichenhebelplätze, nicht erdfrei, Umbauverbot); 16 Lichtsignale 60V = 1936 B5 elektromechanisches Stellwerk; Einreihenhebelwerk VES 1912 (Befehlswerk, 1 Stoß mit 24 Plätze) mit Farbscheibenüberwachung 1936 Tab. 2: Konventionelle Stellwerke im Knoten Chemnitz Den zentralen Teil des Knoten Chemnitz bildet der Bahnhof Chemnitz Hbf. Im Bahnhof beginnen und enden mehrere Strecken: Strecke 6255 Riesa – Chemnitz (RC) en- • det im Hbf Chemnitz Strecke 6257 Chemnitz-Hilbersdorf – • Chemitz Hbf (Umfahrung Verschiebebahnhof Chemnitz-Hilbersdorf (DWCh) endet vor dem Hbf und geht in die Strecke 6258 über; diese Strecke ist ein Teil der Sachsenmagistrale. Strecke 6385 Neukieritzsch – Chemnitz • (KC) endet im Hbf Strecke 6645 Chemnitz – Aue (– Blau- • enthal) (CA) beginnt im Hbf Auf den Strecken verkehren zurzeit Züge des Fernverkehrs (IRE, auch als SachsenFrankenexpress bezeichnet), des Regionalverkehrs (Regionalexpress, Regionalbahn) und des Güterverkehrs. Konventionelle Stellwerkstechnik im Knoten Chemnitz Der Bf Chemnitz Hbf besteht aus zwei Fahrdienstleiterbezirken. Auf der Nordseite befindet sich das Befehlsstellwerk B3 mit den Wärterstellwerken W1, W2, W3 und W4. Auf der Südseite regelt das Befehlsstellwerk B5 mit den Wärterstellwerk W5 den Zugverkehr. Ein Gleisfreimeldeposten im Bereich der Bahnhofshalle, zwischen beiden Fahrdienstleiterbezirken, regelt die Gleisfreimeldung der Gleise 1, 3, 5, 6, 9, 10, 11, 12, 13, 15 (Durchgangsbahnhofsteil mit den Bahnsteigen 10 bis 16). Für den Kopfbahnhofsteil mit den Bahnsteigen 1 bis 9 regelt ein weiterer Mitarbeiter die Gleisfreimeldung der Gleise 73, 76, 77, 80, 81, 84, 85, 88 und 89. Mit der Realisierung der Längsteilung der Betriebsstelle für den Aufbau der neuen Gleisanlagen und Sicherungstechnik ist eine Gleisfreimeldung des Kopfbahnhofes nicht mehr erforderlich. Die gesamte Stellwerkstechnik besteht aus mechanischen Stellwerken (u. a. Bauart Jüdel 6000) bzw. elektromechanischen Stellwerken (u. a. Bauart E1912) und wurde in den Jahren von ca. 1930 bis 1939 erneuert bzw. neu gebaut. Tab. 2 zeigt eine Auflistung der Signal- und Sicherungstechnik im Bf Chemnitz Hbf. Besonderheiten der Signaltechnik ImZuge der Elektrifizierungdes Abschnittes Zwickau – Chemnitz – Freiberg (Sachs.) im Jahre 1965 wurden auch Stellwerke modernisiert. Das elektromechanische Stellwerk W1 wurde 1966 mit Lichtsignalen in der Bauform GS I DR mit 60 V Gleichspannung in Betrieb genommen. Das Wärterstellwerk steuert die Einfahrsignale A, C und D, es erlaubt Zügen aus Niederwiesa, Riesa und Küchwald die Einfahrt in den Bahnhof. Für die bestehenden Lichtsignale hat das Eisenbahn-Bundesamt eine Ausnahmegenehmigung für 60 V Gleichspannung Signalschaltungen erteilt, dies betrifft die Stellwerke W1 und W5. Für diese Anlagen besteht ein Umbauverbot. Der weitere Zustand der konventionellen Stellwerkstechnik kann dabei wie folgt beschrieben werden: Der gesamte Bf Chemnitz Hbf besitzt • keine PZB-Ausrüstung. Das Befehlsstellwerk B3 steuert über ein Auftragsmeldesystem (Kuhnt) die Auftragsmelder der Stellwerke W1 bis W4, je nach Fahrstraße noch B5, W5. Das System ist nicht erweiterbar und schlecht anzupassen. In Abb. 2: Längsteilung der Betriebsstelle Bf Chemnitz Hbf

SICHERUNGSSTECHNIK 12 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Abb. 3: Auftragsmeldesystem (Kuhnt) im Befehlsstellwerk B5 Abb. 4: oben: Bedienoberfläche der Weichen im Stellwerk W5; unten: Stellstangen und Schaltkontakte (Umbauverbot) Abb. 3 ist das Auftragssystem (Kuhnt) im Befehlsstellwerk B5 abgebildet. Das Stellwerk W5 steuert die Weichen • mit einer 5-Drahtschaltung. In der oberen Hälfte der Abb. 4 ist das elektromechanische Vierreihenhebelwerk VES abgebildet. In der unteren Hälfte sind die Stellstangen des Hebelwerkes dargestellt. Die Relaisanlage befindet sich genau ein Stockwerk unter demWärterstellwerk W5. Die Stellwerksabhängigkeiten unterei- • nander werden durch den sächsischen Bahnhofsblock realisiert. Der Sachsenblock besitzt noch eine allgemeine Zulassung (EBA). Die Bahnhofsblockschaltungen der Zustimmungsabgaben a,c,d sind vermischt mit den Fahrstraßenauflösungen, als Gruppenblockung, und stellen für die Stellwerke W2, W3, W4 je Fahrstraßengruppe a, c oder d je ein funktionierendes System dar. Die Stromkreise sind erdfrei, entsprechen aber nicht mehr den Stand der Technik. Sicherungstechnik Umbauzustände Um ungehindert im zentralen Baufeld die Durchführung der Arbeiten zu gewährleisten, wurden eine Hilfskabeltrasse zwischen allen fünf Stellwerken und dem Relaiscontainer errichtet. Neue Abhängigkeitskabel wurden verlegt und in entsprechenden Sperrpausen umgeschaltet. Durch diese Art der Baufeldfreimachung lassen sich Betriebsbeeinflussungen aufgrund von Kabelschäden bzw. Behinderungen durch in Betrieb befindliche Kabel vermeiden. In Anbetracht der alten Kabel und der teilweise unbekannten Lage mancher Kabel war dies in Chemnitz Hbf sehr zweckmäßig. Mit der Inbetriebnahme des Bauzustandes 1.2 wurde die Längsteilung der Betriebstelle für ESTW-Bauzustände angewendet. Dies bedeutet, dass eine Seite des Chemnitz Hbf außer Betrieb genommen wird, während gleichzeitig auf der anderen Seite der Eisenbahnbetrieb aufrechtzuerhalten ist (Abb. 2). Erst mit Herstellung dieses Bauzustandes wurde ein zentrales Baufeld geschaffen, um die Erneuerung der Gleisanlagen, Ingenieurbauwerke, Telekommunikationsanlagen, Oberleitungs- und elektrotechnischen Anlagen durchzuführen. Gleichzeitig erfolgt auch die sicherungstechnische Modernisierung, die mit Inbetriebnahme des ESTW-A 1. Stufe abschließt. Aus den vorherigen Abschnitten wurde ersichtlich, wie alt die bestehenden Sicherungsanlagen im Bf Chemnitz Hbf waren. Eine so große sicherungstechnische Änderung in einer so großen Dimension verlangt im Vorfeld eine exakte Planung. Die Längsteilung der Betriebsstelle stellt einen sehr großen Eingriff in die bestehenden Anlagen der Leit- und Sicherungstechnik dar, die bis zur Realisierung des Bauzustandes ca. 70 Jahre lang einen reibungslosen Eisenbahnbetrieb gewährleisteten. In ca. vier Monaten wurde die neue Außenanlage im Knoten Chemnitz errichtet. Für die Einfahrgleise im Bereich Stellwerke W3/B3, W1, W2 und W4 wurden neue isolierte Schienen eingerichtet. Diese Schienen sollen die Mitwirkung der Züge bei der Fahrstraßenauflösung gewährleisten. Vorausschauend für die nächsten Bauzustände wurde neue Einfahrsignale weit außerhalb des Bahnhofes aufgestellt. Durch den Einbau von Bauweichen in späteren Bauzuständen werden hier spätere Gefahrenpunktabstände nicht unterschritten. In verschiedenen Zwischenetappen mit verschiedenen Bau- und Betriebsanweisungen wurden schrittweise Gleise gesperrt, Weichen stillgelegt und Fahrstraßen außer Betrieb genommen. Insgesamt wurde in einem Zeitraum von acht Tagen 28 Weichen stillgelegt und 13 Fahrstraßen außer Betrieb genommen. Mit Beginn der ersten Totalsperrung erfolgte die Außerbetriebnahme des Bahnhofsblockes. Erst jetzt konnte man die in Betrieb befindlichen Rangierverdrahtungen lösen und neue Schaltkontakte auflegen. Während man beim Relaiscontainer schon intern alle Funktionen abprüfen konnte und deren einwandfreies Funktionieren feststellte, war dies bei der Neuverdrahtung des sächsischen Bahnhofsblockes nicht möglich. Erst als alle Schaltkontakte auf allen Stellwerken aufgelegt waren, konnte mit der Abnahmeprüfung begonnen werden. Hierbei ist das richtige Funktionieren des Zusammenspiels zwischen den Stellwerken bei Einstellung der Fahrstraßen abzuprüfen. Eine Fehlersuche bei der Abnahmeprüfung des Bahnhofsblockes ist sehr zeitaufwändig. Mögliche Fehler bei der Projektierung, Schaltungsfehler oder Altfehler in den bestehenden Anlagen können nie ausgeschlossen werden. Ein ausreichend großes Zeitfenster der Totalsperrung ist dafür unumgänglich. Nach Beendigung der ersten Totalsperrung erfolgten alle Ein- und Ausfahrten nach Fahrwegsicherung auf Ersatzsignal. Auf allen Stellwerken führte man die begonnenen Schaltarbeiten weiter. Der Umfang der Schaltarbeiten war sehr groß. Allein im Wärterstellwerk W3 und im Befehlsstellwerk B3 waren ca. 1200 neue Schaltkontakte aufzulegen. Beengte Verhältnisse der Relaisräume und die Verteilung verschiedener Relaisgestelle im Stellwerksgebäude erschwerten zudem die Abnahmeprüfung.

13 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Umbaulänge des Bf Chemnitz 2 km Neubau Gleise Bahnkörper und Entwässerung 19 km Neubau Weichen 41 Stück Eisenbahnüberführungen 7 Stück Oberleitungsanlage 21 km Lärmschutzwände 300 m Rückbau Stellwerke (inkl. Blockstellen auf fr. Str.) 10 Stück ESTW-Neubau (zentrale Steuerung durch die BZ in Leipzig) 1 Stück Tab. 3: Bauumfang von Knoten Chemnitz in Zahlen Bei Weiterführung des Eisenbahnbetriebes mit Ersatzsignal ist eine Fahrstraßenprüfung äußerst umständlich und kann die Abnahmehandlungen mehrere Tage verzögern. Effektive Abnahmeleistungen konnten im Knoten Chemnitz aufgrund der hohen Anzahl an Zugfahrten während des Tages nur in der Nacht geschehen. Sukzessive wurden so alle Fahrstraßen für die Ein- und die Ausfahrten abgeprüft. Die weiteren Bauzustände werden bis zur Inbetriebnahme des ESTW in der konventionellen Stellwerkstechnik abgewickelt. Bei keinem weiteren Bauzustand muss jedoch nochmals so massiv in die konventionelle Stellwerkstechnik eingegriffen werden. Blick in die Zukunft Zurzeit finden im Knoten Chemnitz Gleis-, Tief- und Ingenieurbauarbeiten im zentralen Baufeld statt. Der Medientunnel unter dem Bahnsteig 9/10, der Posttunnel, die Personen- und Gepäcktunnel Nord und Süd im zentralen Baufeld wurden freigelegt. Die Bauwerke werden verfüllt und anschließend wird das neue Kabelgefäßsystem (Kabelkanäle, Schächte) für das ESTW errichtet. Für die 1. Stufe des ESTW-Inbetriebnahmezustandes werden zwei Interimsgleise um das Stellwerk W3/B3 verlegt. Hierbei müssen die Drahtzugleitungen zu den in Betrieb befindlichen Formsignalen und Weichen geschützt werden. Das Befehlsstellwerk B3 und das Wärterstellwerk W2 liegen in der zukünftigen Gleisachse des geplanten Spurplanes des Knoten Chemnitz. Im Juni 2010 beginnt der Aufbau der Außenanlage für das ESTW-A durch Thales Rail Signalling Solutions GmbH. Die 1. Stufe des ESTW-A soll im Oktober 2011 in Betrieb gehen. In diesem Zeitraum stehen nur zwei durchgehende Hauptgleise zur Verfügung. Am Kopfbahnsteig werden sieben neue Gleise zur Nutzung bereitstehen. Der Endzustand für den Knoten Chemnitz soll im Jahre 2014 erreicht sein. Summary Chemnitz junction: signalling rebuild conditions, problems with obsolete systems The Chemnitz junction rebuild project forms part of the upgrading of the Karlsruhe–Stuttgart–Nuremberg–Leipzig/Dresden line, and is a further piece in the jigsaw of the project to modernise the Saxony Main Line. The latter is the term used to denote the Dresden–Werdau and Leipzig–Hof lines with a total length of some 300 km. Installation and commissioning of the Chemnitz ESTWA electronic interlocking are being carried out on behalf of DB Netz AG under the lead management of DB ProjektBau GmbH. Given the extensive infrastructure conversion and adaptation work involved at the station and neighbouring control points, the signalling work has to go through numerous intermediate stages. The article looks at the signalling system problems that arose during the lengthwise split of the Chemnitz junction operating control point. %FS 7FSLFIS JO 5BCFMMFO ;BIMFO VOE ¾CFSTJDIUFO /FVBVóBHF &JO 4UBOEBSEXFSL [VS &OUXJDLMVOH WPO 7FSLFIS VOE 7FSLFISTXJSUTDIBGU %BT KÅISMJDI OFV BVGHFMFHUF 4UBUJTUJL )BOECVDIt7FSLFIS JO ;BIMFOi XJSE WPO QPMJUJTDIFO &OUTDIFJEVOHTUSÅHFSO 6OUFSOFINFO #BOLFO VOE EFS HFTBNUFO 5SBOTQPSUXJSUTDIBGU TFJU NFIS BMT +BISFO HFOVU[U %JFTF *OGPSNBUJPOTRVFMMF HJCU FJOF BLUVFMMF VOE [VWFSMÅTTJHF ¾CFSTJDIU [V BMMFO %BUFO VOE 'SBHFO EFS .PCJMJUÅU VOE 7FSLFISTXJSUTDIBGU "VG EFS $% ñOEFO 4JF BMMF "VTHBCFO TFJU )FSBVTHFCFS JTU EBT #VOEFTNJOJTUFSJVN GÛS 7FSLFIS #BV VOE 4UBEUFOUXJDLMVOH 8FJUFSF *OGPSNBUJPOFO EBT LPNQMFUUF *OIBMUTWFS[FJDIOJT TPXJF EBT 7PSXPSU ñOEFO 4JF VOUFS XXX FVSBJMQSFTT EF 7*; 5FDIOJTDIF %BUFO 5JUFM 7FSLFIS JO ;BIMFO NJU $% 30. *4#/ DB 4FJUFO 'PSNBU Y NN #SPTDIVS 1SFJT ö m NJU $% 30. JOLM .X4U [[HM 7FSTBOELPTUFO "ESFTTF %77 .FEJB (SPVQ (NC) p /PSELBOBMTUSB“F p )BNCVSH p (FSNBOZ 5FMFGPO p &NBJM CVDI!EWWNFEJB DPN B.Sc. Lutz Sebastian Bauüberwacher für Leit- und Sicherungstechnische Anlagen, DB ProjektBau GmbH, Dresden Lutz.Sebastian@deutschebahn.com Dipl.-Ing. Hubert Perlick Leiter Bauüberwachungszentrale Dresden, DB ProjektBau GmbH, Dresden Hubert.Perlick@deutschebahn.com LITERATUR [1] Kluttig, S.: Schienenverbindungen zwischen Chemnitz und Leipzig, Verlag Böttger GdR [2] Berger, M.: Historische Bahnhofsbauten Sachsen, Preussen, Mecklenburg und Thüringen, VEB Verlag für Verkehrswesen [3] Viehweger, J.: Die Zwönitztalbahn Chemnitz- Aue, Foto & Verlag Jacobi, [4] DB Projekt: Walther, B.: Projekthandbuch, ABS Karlsruhe – Stuttgart – Nürnberg- Leipzig/Dresden (NBL) [5] DB Projekt: Wadewitz, D.: Ausschreibungsunterlagen Bauvorbereitende Maßnahmen für Knoten Chemnitz [6] DB Projekt: Wadewitz, D.: Ausschreibungsunterlagen Hauptbaumaßnahme für Knoten Chemnitz [7] Bernhardt, M.; Panhans, R.; Krauß, E.: „Moderne Leit- und Sicherungstechnik auf der Sachsenmagistrale“, EisenbahnIngenieur-Kalender 2007

ZUGBEEINFLUSSUNG 14 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Der Wunsch nach Nutzung der Zugbeeinflussung auch auf Nebenbahnen wirft in Deutschland automatisch die Frage nach der Anwendbarkeit der PZB 90 auf. Die Auslegung dieses Zugbeeinflussungssystems erfolgte jedoch für einen Regelvorsignalabstand (RVA) von 1000 m, welcher auf Nebenbahnen und auch auf einigen Hauptbahnen nicht angewandt wird. Auf diesen Strecken sind Regelvorsignalabstände von 400 oder 700 m gebräuchlich, die nicht mit den hinterlegten Zeiten und Wegen der PZB 90 harmonieren. Der Artikel erläutert die Problematik anhand einer Untersuchung, die im Rahmen einer Diplomarbeit [1] an der TU Dresden durchgeführt wurde. Funktionsprinzip und Aufgaben PZB 90 Die PZB 90 ist eine punktförmig wirkende Zugbeeinflussung mit Informationsübertragung durch ein induktives Resonanzsystem. Sie basiert auf der in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelten Induktiven Zugsicherung, kurz Indusi. Die auf dem Fahrzeug hinterlegten Überwachungsfunktionen wurden von Systemgeneration zu Systemgeneration erweitert und dem entsprechenden Stand der Technik angepasst. Die Aufgaben der PZB 90 sind in Tab. 1 dargestellt. Je nach den Bremseigenschaften (Bremsstellung, Bremshundertstel) eines Zuges wird innerhalb der PZB 90-Systematik eine von insgesamt drei möglichen Zugarten (Oben, Mittel und Unten) ausgewählt. Anhand dieser Zugarten werden die Parameter der Überwachungskurven festgesetzt. Parameter der Eisenbahninfrastruktur Zulässige Höchstgeschwindigkeiten Die auf einer Strecke zulässigen Höchstgeschwindigkeiten werden durch die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) geregelt. Damit wird eine Einheitlichkeit hinsichtlich der Höchstgeschwindigkeiten erreicht, die für alle anderen Infrastrukturparameter nicht mehr gegeben ist. Die Randbedingungen, die einen Einfluss auf die Höchstgeschwindigkeit haben, sind in Tab. 2 dargestellt. Gefahrpunktabstände Die bei der Projektierung von Eisenbahninfrastrukturanlagen zu berücksichtigende Länge der Gefahrpunktabstände hängt von mehreren Einflussfaktoren ab, wie Tab. 3 entnommen werden kann. Je nach Widmung der Strecke, zulässiger Höchstgeschwindigkeit im Regelvorsignalabstand vor dem den Gefahrpunkt deckenden Signal und Betreiber der Infrastruktur variieren die Gefahrpunktabstände zwischen 50 und 200 m. Durchrutschwege Durchrutschwege sind temporär gesicherte Fahrwege, für den Fall, dass sich ein Zug verbremst, der auf einHalt zeigendes Signal zufährt. Diese Bereiche sind bei der Projektierung der Eisenbahninfrastruktur ebenfalls zu berücksichtigen und haben auch einen Einfluss auf die erreichte Sicherheit mittels der PZB 90. Die Durchrutschwege sind ebenfalls von verschiedenen Einflussfaktoren abhängig, welche in Tab. 4 zusammengestellt sind. Anwendung der PZB 90 bei Regelvorsignalabständen < 1000 m Tobias Hackstein Carsten Weber Anhand der Planungsvorgaben und der Überwachungsprogramme der PZB 90 wird die Anwendung insbesondere auf Nebenbahnen untersucht. Wachsamkeitsprüfung Überwachung der Wahrnehmung von Signalen durch den Triebfahrzeugführer, die dem Zug eine Reduzierung seiner Geschwindigkeit vorschreiben Fahrsperrenfunktion Bei unzulässiger Vorbeifahrt an einem Signal sofortige Zwangsbremsung des Zuges zur Absicherung des Gefahrpunktes Überwachung der Bremsfahrt Sicherstellung einer ausreichenden Geschwindigkeitsverringerung des Zuges bei der Annäherung an Signale in Warnstellung Überwachung eines gegen ein Halt zeigendes Signal an- bzw. weiterfahrenden Zuges Begrenzung der Fahrgeschwindigkeit des Zuges, um bei einem Fehlverhalten des Triebfahrzeugführers möglichst früh eine Zwangsbremsung auszulösen und die Wirksamkeit der Fahrsperrenfunktion zu erhöhen Geschwindigkeitsüberwachung Punktuelle oder kontinuierliche Überwachung der Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit Widmung der Strecke Regelvorsignalabstand Höchstgeschwindigkeit Nebenbahn 400 m 80 km/h Nebenbahn 700 m 100 km/h Hauptbahn 700 m 140 km/h Tab. 1: Aufgaben der PZB 90 Tab. 2: Zusammenhang zwischen Widmung der Strecke, Regelvorsignalabstand und Höchstgeschwindigkeit Hauptbahn Nebenbahn DB Nebenbahn NE Zulässige Geschwindigkeit im RVA vor dem den Gefahrpunkt deckenden Signal 100 m / 200 m* 50 m / 100 m* keine Vorgabe v ≤ 40 km/h 50 m 40 < v ≤ 60 km/h 100 m / 200 m* 60 < v ≤ 100 km/h 200 m nicht zulässig nicht zulässig v > 100 km/h * 1. Wert: Maßgebender Gefahrpunkt ist eine unverschlossene, gegen die spitze befahrene Weiche; 2. Wert: alle übrigen Gefahrpunkte Tab. 3: Gefahrpunktabstände auf Haupt- und Nebenbahnen

15 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Je nach den Neigungsverhältnissen vor Beginn des Durchrutschweges werden die Durchrutschwege verlängert bzw. verkürzt. Eine Ausnahme bilden dabei die Durchrutschwege auf Nebenbahnen der DB, bei denen die Zufahrt auf das Signal mit höchstens 60 km/h erfolgt. In diesem Fall ist stets ein Durchrutschweg von 50 m vorzusehen [3]. Gleisanlagen der Bahnhöfe Die Optimierung der Eisenbahninfrastruktur führt insbesondere auf Nebenbahnen zu vergleichsweise kurzen Bahnhöfen. Werden in einem Bahnhof beispielsweise nur Zugkreuzungen zwischen Personenzügen abgewickelt, so ist es durchaus möglich, dass die Nutzlänge der Kreuzungsgleise nur 50 m beträgt. Zusammen mit den Baulängen der Weichen und den erforderlichen Abständen der Einfahrsignale zu den Einfahrweichen ergeben sich hier unter Umständen verkürzte Vorsignalabstände für die Ausfahrsignale, wie dies in Abb. 1 verdeutlicht wird. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die erforderliche Dauer einer Überwachung innerhalb der punktförmigen Zugbeeinflussung. Wechselwirkung zwischen Infrastruktur und Fahrzeug Notwendigkeit Um die Anwendbarkeit der PZB 90 überprüfen zu können, werden exemplarisch anhand von Extrembeispielen – sowohl infrastrukturseitig als auch fahrzeugseitig – Betrachtungen zur Erreichung der Schutzziele geführt. Es werden ein schnell beschleunigender Personenzug (Triebwagen) und ein schlecht bremsender Güterzug betrachtet. Im Rahmen der Untersuchung wird geprüft, inwieweit die in Tab. 1 beschriebenen Schutzziele der PZB 90 auf den jeweiligen Strecken erreicht werden. Als Grundlage dafür dienen die einschlägigen Erläuterungen und Beschreibungen des PZB 90-Systems [4, 5, 6, 7]. Es ergeben sich insgesamt 30 Untersuchungsfälle, die sich aus folgenden Parametern ergeben: Regelvorsignalabstand: 400/700 m • Neigung: 8, 0, -2,5 -40 Promille • neigungsabhängiger Gefahrpunktab- • stand bzw. Durchrutschweg: ja /nein (wird nur für die extremsten Neigungen betrachtet) und Züge: Regionaltriebwagen (165 BrH), • Güterzug (65 BrH) und schlimmster Fall aus allen Konstellationen, d. h. ein Zug mit dem Beschleunigungsvermögen des Regionaltriebwagens und den Bremseigenschaften des Güterzuges („Worst Case-Zug“). Neben diesen 30 Fällen sind noch verschiedene Konstellationen zu unterscheiden, um die entsprechenden Schutzziele zu testen. Es sind dazu insgesamt fünf Szenarien aufgestellt worden: 1. Wachsamkeit nicht bestätigt, 2. Weiterfahren gegen Halt zeigendes Signal ohne Bremsung durch den Triebfahrzeugführer, 3. Weiterfahren gegen Halt zeigendes Signal nach Befreiung aus 1000 Hz-Überwachungsfunktion undWiederbeschleunigen, 4. Anfahren gegen ein Halt zeigendes Signal und 5. Anfahren nach Halt. Je nach Szenario ist auch noch der Einfluss des 500 Hz-Magneten vor dem zugehörigen Hauptsignal von Bedeutung. Szenario 1 Wie Tab. 5 zeigt, wird nur der Triebwagen noch rechtzeitig vor dem Halt zeigenden Signal gestoppt. In allen anderen Fällen liegt die Grenzgeschwindigkeit zum Teil deutlich unter den denkbaren Höchstgeschwindigkeiten der Züge. Die Prüfung der Wachsamkeit des Triebfahrzeugführers erfolgt im Regelfall zu spät, um ein Durchqueren des Gefahrpunktabstandes zu verhindern. Einzig die bis dahin erzielte Geschwindigkeitsreduktion führt zu einer Verringerung des Schadensausmaßes der dann zu erwartenden Kollision. Die Kollision selbst kann jedoch nicht verhindert werden. Abb. 1: Kreuzungsbahnhof mit kurzer Entwicklungslänge und daraus resultierendem verkürzten Vorsignalabstand für das Ausfahrsignal Zulässige Geschwindigkeit im RVA vor dem Durchrutschweg Hauptbahn Nebenbahn DB Nebenbahn NE v ≤ 40 km/h 50 m 50 m (Neigungsunabhängig) 30 m 40 < v ≤ 60 km/h 100 m 30 bzw. 50 m* v > 60 km/h 200 m 200 m 50 m *Widerspruch im Regelwerk: [2], Abs. 4.2.4: 50 m, FV-NE, § 14: 30 m Tab. 4: Abhängigkeiten der Durchrutschwege auf Haupt- und Nebenbahnen Fall RVA Neigung Zug Geschwindigkeitsgrenze für Ereignis Hauptsignal überfahren Gefahrpunkt überfahren 1 400 m 8‰ Triebwagen > 80 km/h > 80 km/h 2 400 m 8‰ Güterzug 60 km/h 60 km/h 3 400 m 8‰ schlimmster Fall 0 km/h 0 km/h … 13 400 m –40‰ Triebwagen > 65 km/h > 65 km/h 14 400 m –40‰ Güterzug * 20 km/h 15 400 m –40‰ schlimmster Fall 0 km/h 30 km/h 16 700 m 8‰ Triebwagen > 100 km/h > 100 km/h 17 700 m 8‰ Güterzug 80 km/h 85 km/h 18 700 m 8‰ schlimmster Fall 0 km/h 0 km/h … 28 700 m –40‰ Triebwagen 90 km/h 95 km/h 29 700 m –40‰ Güterzug 35 km/h 40 km/h 30 700 m –40‰ schlimmster Fall 0 km/h > 100 km/h * Die Geschwindigkeitsgrenze liegt in einem Bereich, für den die zu Grunde liegende Bremsformel nicht mehr gültig ist. Tab. 5: Ergebnisse der Betrachtung „Wachsamkeit nicht bestätigt“ (Szenario 1)

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