EI Der Eisenbahningenieur

Dr.-Ing. Erich Siems erichsiems@gmx.de 55 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Summary Centenary of the death of Alexander Nalenz The simple method of marking out track curves invented by Alexander Nalenz was in widespread use by railway surveyors for many decades of the last century, eventually being superseded by new, efficient methods of measurement and calculation. On the occasion of the centenary of his death, the article looks back on Alexander Nalenz and the history of his method. behrlich machte, insbesondere erleichterte es die Absteckungsarbeiten bei Brücken, hohen Dämmen oder tiefen Geländeeinschnitten. Wie wurde vorher gearbeitet? Für die Gleisabsteckung waren verschiedene Verfahren bekannt und wurden auch angewandt, die Orthogonal- bzw. Polarverfahren zur Grundlage hatten. Eine andere Möglichkeit bestand darin, das durch den Eisenbahnbetrieb verformte Gleis punktweise nach Koordinaten aufzumessen und in einem praktikablen Maßstab auf einem Karton aufzutragen. Mit dem Zirkel wurde sodann für die gesamte Gleislänge ein mittlerer Kreisbogen gesucht, oder es wurden nur für einzelne Gleisabschnitte passende Radien ermittelt. Dieses Verfahren war höchst unbefriedigend, weil über die gesamte vermessene Gleislänge mehrere unterschiedliche Radien aufeinander folgten. In einem anderen Verfahren wurde das zu bearbeitende Gleis von einer Geraden mittels rechtwinkliger Abstände aufgemessen und mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate sein mittlerer Radius und die Lage seines Mittelpunktes berechnet, was allerdings mit umständlichen und langwierigen Berechnungen verbunden war. Die ersten Rechenmaschinen fanden bekanntlich erst weit nach der Jahrhundertwende 1800/1900 Eingang in die Vermessungspraxis. Vor demHintergrund dieser oben beschriebenen Nachteile hätte das von Nalenz erfundene Verfahren schnell eine weite Verbreitung finden müssen; denn wie sein Kollege Max Höfer sich ausdrückte, war „das Nalenz‘sche Verfahren das beste und einzig richtige; es vereinigte die Vorzüge größter Einfachheit und Eleganz mit dem strengster Wissenschaftlichkeit“. Leider fand das Verfahren bei den damaligen Eisenbahnlandmessern keinen Widerhall; lediglich in der Eisenbahndirektion Köln, in der sowohl Nalenz als auch Höfer tätig waren, wurde es angewandt. Hier war es Nalenz selbst, der sein Verfahren seinen Kollegen vorführen konnte. Sie waren davon beeindruckt, gleichwohl hatten sie die Theorie nur wenig verstanden, und wenn sie es in der Örtlichkeit anwandten, dann oftmals nur unter der tätigen Mithilfe von Nalenz selbst. Als die Königliche Eisenbahndirektion Köln im Jahre 1905 das Verfahren mit der „Anweisung für das Setzen von Gussständern zur Festlegung der Höhe und Richtung der Gleise sowie für die hierzu erforderlichen geometrischen Arbeiten etc.“ verbindlich einführte, war es für die Eisenbahnlandmesser immer noch schwierig, es anzuwenden. Auch die von Nalenz zu dieser Anweisung zusätzlich verfassten „Erläuterungen“ brachten nicht den erwarteten Durchbruch, weil sie dem Nalenzschen Naturell entsprechend zu wissenschaftlich formuliert waren; dabei wollte er zur Vereinfachung des Verfahrens beitragen und es für die Praktiker anwendbar beschreiben. Nalenz wusste selbst um die in Fachkreisen bestehende Abneigung, und er versuchte zeitlebens seine Überlegungen für die Anwender zu verdeutlichen, allerdings mit nur mäßigem Erfolg. Höfer vermutete damals, dass Nalenz sein Verfahren zu theoretisch und mit zu vielen mathematischen Formeln beschrieben hatte, so dass die Praktiker damit überfordert waren und dementsprechend kein Verständnis für die Anwendung aufbringen konnten. Auch Nalenz selbst kam später zu der Einsicht, dass er sein Verfahren wohl zu wenig allgemein beschrieben hätte. Der Eisenbahnlandmesser Max Höfer erkannte sehr schnell einerseits die Vorzüge des Verfahrens andererseits die zögerliche, ja geradezu ablehnende Haltung seiner Fachkollegen und veröffentlichte mehrere Aufsätze mit zusätzlichen und vereinfachenden Erläuterungen. Somit erscheint es gerechtfertigt, den Namen Höfer mit dem von Nalenz erdachten Verfahren in Verbindung zu bringen, und immer mehr setzte sich in den Folgejahren die Bezeichnung Nalenz-Höfer-Verfahren durch. Insbesondere sprach sich 1931 der damalige Reichsbahnbaumeister Dr.-Ing. Gerhard Schramm für diese Benennung aus. Seine einschlägigen Fachbeiträge verhalfen dem Verfahren zum Durchbruch. Wegen der mathematischen Beziehungen zwischen den Pfeilhöhen bzw. Krümmungsverhältnissen einerseits und ihrer zeichnerischen Darstellung andererseits setzte sich später auch der Name Winkelbildverfahren durch. Bis etwa 1970 und in einigen Vermessungsbüros der damaligen Bundesbahndirektionen über diese Zeit sogar hinaus hatte sich das Nalenz-Höfer-Verfahren als das Standardverfahren für die Gleisberichtigung etabliert. Zwischendurch gab es gelegentlich Versuche, die Arbeit mit dem Verfahren zu mechanisieren und damit noch weiter zu vereinfachen, aber neue Vermessungsgeräte sowie insbesondere die elektronischen Rechenanlagen verbunden mit der Entwicklung rationeller Messverfahren schoben das Nalenz-Höfer-Verfahren auf das Abstellgleis. Seine Bedeutung aber für die damalige Gleisvermessung war außerordentlich tiefgreifend, und daher ist es wert, an seinen Erfinder Alexander Nalenz anlässlich seines hundertsten Todestages zu erinnern. LITERATUR [1] Birk, F.A.: Ueber Absteckung der Kreisbögen bei EisenbahnAnlagen. Eisenbahnzeitung 1847, S. 19 – 21 [2] Eißfeldt, F.: Über das Berechnen und Abstecken von Curven bei Eisenbahnen. Eisenbahnzeitung 1844, S. 333 [3] Höfer, M.: Die Absteckung von Gleisbogen aus Evolventenunterschieden. Springer-Verlag, Berlin, 1927 [4] Höfer, M.: Darstellung des Nalenz´schen Kurvenausgleichungsverfahren. Zeitschrift des Vereins der Eisenbahn-Landmesser, 1908, H. 1 und 4 [5] Höfer, M.: Ausgleichung eines einfachen Gleisbogens. Zeitschrift des Vereins der Eisenbahn-Landmesser, 1908, H. 1 [6] Höfer, M.: Erläuterungen zum Nalenzverfahren. Zeitschrift des Vereins der Eisenbahn-Landmesser, 1909, H. 1 und 2, 1910, H. 1, 1911 H. 2, 3 und 4 [7] Nachruf auf Alexander Nalenz, Zeitschrift des Vereins der Eisenbahn-Landmesser, 1910, H. 1 [8] Nalenz, A.: Verfahren bei Wiederherstellung der Gleisachse in Krümmungen. Zeitschrift d. Rheinisch-Westfälischen Landmesservereins, 1898, H. 1 [9] Schramm, G.: Allgemeine Theorie des Nalenz-Höfer-Verfahrens. Organ f. d. Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1931, 86. Jahrg [10] Schramm, G.: Der vollkommene Gleisbogen. SpringerVerlag, Berlin, 1931 [11] Schramm, G.: Das Winkelbildverfahren zum Abstecken von Bogen. Zeitschrift für Vermessungswesen, 1934, H. 3 und 5 [12] Tait, W.: Instrument zum Auftragen von Eisenbahncurven. Organ f. d. Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1847, S. 56 Abb. 2: Winkelbild- oder Nalenz-Höfer-Verfahren h r h h ds N N N ds ds ds

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