EI Der Eisenbahningenieur

ZUGBEEINFLUSSUNG 16 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Szenario 2 Das Erreichen des Schutzzieles bei Weiterfahrt gegen ein Halt zeigendes Signal ohne Bremsung durch den Triebfahrzeugführer hängt wesentlich davon ab, ob ein 500 HzMagnet verlegt wurde oder nicht. Fehlt die 500 Hz-Beeinflussung bzw. wird diese unterfahren, so erfolgt die Zwangsbremsung erst mit der 2000 Hz-Beeinflussung am Hauptsignal, welche dann nicht mehr ausreichend ist, um den Zug innerhalb des Gefahrpunktabstandes bzw. Durchrutschweges zum Stehen zu bringen. Die Untersuchungen haben auch deutlich gezeigt, dass das Geschwindigkeitslimit der 1000 Hz-Überwachungsfunktion auf Strecken mit einem RVA von 400 m grundsätzlich nicht erreicht wird. In allen Überwachungsprogrammen der PZB 90 fallen die Überwachungskurven so langsam, dass diese, wenn überhaupt, erst nach der Vorbeifahrt am Signal erreicht werden. Die Zwangsbremsung kann also nur durch einen 500 Hz-Magnet oder gar erst durch den 2000 Hz-Magnet ausgelöst werden. Unabhängig von der gewählten Betriebsart der PZB 90 ist die 1000 Hz-Überwachungskurve bei RVA von 400 mwirkungslos. Aufgrund dessen ist festzuhalten, dass es unter dem Aspekt der Betriebssicherheit keinen Unterschied macht, welche Zugart genutzt wird. Die Verwendung der Zugart „M“ oder „U“ führt bei einem Fehlverhalten, wie in Szenario 2 unterstellt, zu keiner Verbesserung der Sicherheit. Bei einem RVA von 700 m erreichen die Züge die Bremskurve noch vor dem Hauptsignal, so dass eine Zwangsbremsung bereits vor dem Hauptsignal ausgelöst wird. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass ein gut bremsender Zug (Triebwagen) in der Zugart „U“ am effektivsten überwacht wird. Hier führt aber das frühzeitige Bremsen auf 55 km/h im Rahmen der 1000 HzBeeinflussung im Regelbetrieb zu Fahrzeitverlängerungen. Szenario 3 Das hier betrachtete Szenario entsteht zum Beispiel bei einer Signalverwechselung, so dass der Triebfahrzeugführer zwar ordnungsgemäß abbremst, dann aber wieder beschleunigt, da er annimmt, dass ein Fahrt zulassendes Signal für ihn gilt, obwohl dies nicht der Fall ist. Die Analyse wird nur für den Fall eines RVA von 700 m vorgenommen, da erst dann bei einer Verlängerung des Vorsignalabstandes überhaupt ein Bereich entsteht, in demeine Befreiung aus der 1000 Hz-Überwachungsfunktion und ein Wiederbeschleunigen des Zuges möglich wird. Der Triebwagen wird hier nur durch den 500 Hz-Magneten, wie bei RVA 1000 m auch, gebremst. Fehlt der 500 Hz-Magnet, so wird der Triebwagen erst deutlich hinter dem Gefahrpunkt zum Stillstand kommen. Der „Worst Case-Zug“ wird in jedem Fall erst hinter dem Ende des Gefahrpunktabstandes zumHalten kommen. Die Wirkung der PZB 90 tritt in diesem Szenario nur ein, wenn ein verlängerter Vorsignalabstand vorliegt und eine Signalverwechslung eintritt. Damit ist sowohl das Szenario unwahrscheinlich als auch das Erfordernis der Wirkung der PZB 90 in dieser Situation. Szenario 4 Beim Anfahren gegen ein Halt zeigendes Signal ist der zur Verfügung stehende Beschleunigungsweg von Bedeutung. Ein Zug, der nur wenige Meter vor der Fahrsperre anfährt, wird nur eine geringe Geschwindigkeit bis zur Zwangsbremsung erreichen. Ist der verfügbare Weg jedoch größer, wird auch die erreichbare Geschwindigkeit steigen und damit auch die Wahrscheinlichkeit des Durchfahrens des Gefahrpunktabstandes. Unter der Annahme, dass keine alleinstehenden Ausfahrvorsignale zum Einsatz kommen, ergibt sich der schlimmste Fall, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: RVA: 700 m, • Abstand Ausfahrvorsignal und Ausfahr- • signal 1050 m (1,5 x RVA), maßgebender Gefahrpunkt ist Einfahr- • weiche und Gefahrpunktabstand: 50 m. • Zieht man nun von den 1050 m den Gefahrpunktabstand, die Länge einer Weiche (ca. 60 m) und eine Zuglänge eines kurzen Triebwagens (25 m) ab, so ergibt sich ein Beschleunigungsweg von 915 m. Fährt der Triebfahrzeugführer hier unter Missachtung der PZB an, so wird der Zug bei Überschreitung der Limitgeschwindigkeit der restriktiven 1000 Hz-Überwachung von 45 km/h zwangsgebremst. Der Zug kommt noch vor dem Gefahrpunkt zum Stehen. Respektiert der Triebfahrzeugführer die PZB, so ist zu unterscheiden ob ein 500 Hz-Magnet verlegt wurde oder nicht. Ist ein 500 Hz-Magnet vorhanden, so kann er bis zur möglichen Befreiung aus der Überwachung (565 m nach dem Startpunkt) mit 45 km/h fahren und anschließend beschleunigen, bis ihn 665 m nach dem Start die 500 Hz-Beeinflussung zum Stillstand abbremst. Ob der Zug in diesem Fall den Gefahrpunkt überfährt, ist von seinem Bremsvermögen abhängig. Ist kein 500 Hz-Magnet vorhanden, kann der Zug bis zum Standort des Ausfahrsignals weiter beschleunigt werden. In diesem Fall kommt der Zug erst weit hinter dem Gefahrpunkt zum Stillstand. Abb. 2: Minimaler Abstand zwischen dem Ausfahrsignal mit PZB-Magnet und dem Gefahrpunkt; der Beschleunigungsweg von der H-Tafel bis zum Signal ist wesentlich größer, als der verfügbare Bremsweg bei Halt zeigendem Signal bis zum Grenzzeichen. Aufgabe RVA = 700 m RVA = 400 m Wachsamkeitsprüfung wirkungslos Fahrsperrenfunktion erfolgreich, aber zu spät Überwachung der Bremsfahrt wenn 500-Hz-Magnet vorhanden ist und Zug in Zugart „U“ verkehrt wirkungslos Überwachung eines gegen ein „Halt“-zeigendes Signal an- bzw. weiterfahrenden Zuges wenn 500-Hz-Magnet vorhanden ist, Nutzung der Zugart „U“ Geschwindigkeitsüberwachung zu große Lücke zwischen zulässiger Streckengeschwindigkeit und Höchstgeschwindigkeit der Zugart Tab. 6: Erreichung der Schutzziele mittels der PZB 90 auf den betrachteten Strecken

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY3NTk=