EI Der Eisenbahningenieur

RAD/SCHIENE-TAGUNG 42 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Die international geltenden Normen und Regelwerke, wie z. B. die EN 13260 [1], EN 13261 [2] und EN 13262 [3], schreiben die Inhalte und Form der Produktqualifikation von Radsatzwellen und Eisenbahnvollrädern vor. Auch die einschlägigen TSI-Vorschriften [4, 5, 6] nehmen inhaltlich Bezug auf diese EN-Regelwerke. Neben den Vorgaben zu Geometrie, Materialeigenschaften und Qualitätsanforderungen nimmt auch das Thema Dauerfestigkeit einen großen Raum ein. Die Bestimmung von Dauerfestigkeitskennwerten als werkstoff- und geometrieabhängige Größe hat dabei eine wichtige sicherheitsrelevante Bedeutung. Für Vollwellen und Radsatzwellen mit Längsbohrung sind in den o. g. Normen insgesamt fünf geometrische Bereiche (F1 bis F5) definiert, für die an jeweils drei Prüflingen die Dauerfestigkeitskennwerte zu bestimmen und nachzuweisen sind. Eine Produktqualifizierung ist unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich, z. B. bei neuen Werkstoffen oder einem neuen Hersteller, bei abweichenden Durchmessern der Radsatzwelle gegenüber bereits qualifizierten Radsatzwellen und bei einer veränderten Fertigungstechnologie. Für die Dimensionierung einer Radsatzwelle gemäß der Normen EN 13103 und EN 13104 [7, 8] sind zur Ableitung der zulässigen Spannungen zusätzliche Versuche an gekerbten und ungekerbten Kleinproben durchzuführen. Für Vollräder ist im Rahmen einer Produktqualifizierung nach EN 13262 [3] der Nachweis einer ertragbaren Wechselspannung in der Höhe von ±240MPa bei einem bearbeiteten Radsteg an zwei Prüflingen zu erbringen. Der Spannungshorizont für Räder mit unbearbeitetem Radsteg beträgt ±168 MPa. Diese Produktqualifizierung ist erforderlich, wenn z. B. die berechnete Radialspannung zwischen 50% und 100% der Dauerfestigkeitsgrenze liegt, größere Oberflächenrauhigkeiten vorliegen oder neue Herstellungsverfahren zur Anwendung kommen. Darüber hinaus ergibt sich für die Zulassung einer Vollradkonstruktion bei der Anwendung der EN 13979-1 [9] eine weitere Anforderung an den versuchstechnischen Nachweis der Dauerfestigkeit. Sollte bei einer Berechnung einer Vollradkonstruktion das Entscheidungskriterium von A = ±180 MPa überschritten werden, ist in einem Prüfstandversuch an vier Prüflingen das 1,4-fache einer äquivalenten Spannung nachzuweisen, die aus Beanspruchungsmessungen im Rahmen von Messfahrten und deren Auswertung resultiert (Abb. 1). Die Ermittlung der Dauerfestigkeitswerte im Rahmen einer herstellerbezogenen Produktqualifikation wird versuchstechnisch an Original-Bauteilen durchgeführt. Diese Vorgehensweise stellt im Regelfall ein kosten- und zeitintensives Verfahren dar, ist jedoch zur Bestimmung von aussagekräftigen und belastbaren Werten unerlässlich. Nur durch Versuche können z.B. Vormaterialien neuer Hersteller oder neue Werkstoffe und Konstruktionen eindeutig hinsichtlichDauerfestigkeit bewertet werden. Ebenso stützt sich jede Änderung und Weiterentwicklung der o.g. Regelwerke zu dieser Thematik auf durchgeführte Dauerfestigkeitsversuche. Praktizierte Prüfverfahren Die aktuell umgesetzten Versuchsprogramme gehen von einem gegenüber der realen Einsatzdauer zeitlich stark verkürzten Prüfzeitraum und ggf. von einer überhöhten Beanspruchung des Prüflings aus, welche jedoch die gleiche Schädigung des realen Betriebseinsatzes widerspiegelt. Im Regelfall wird in einem Einstufenversuch die Dauerfestigkeit mit 107 Lastwechseln bestimmt. Die Regelwerke lassen für die Bestimmung der Dauerfestigkeit unterschiedliche Prüfverfahren und -einrichtungen zu, die je nach Bauteil und Ausstattung der Prüfstelle angewendet werden. Jedes Prüfverfahren hat dabei in der Anwendung seine Vor- und Nachteile, die bei der versuchstechnischen Umsetzung beachtet werden müssen. Für Eisenbahnräder kommen hauptsächlich Versuche auf einem Umlaufbiegeprüfstand oder auf einem Prüfstand nach dem Bastenaire-Verfahren zur Anwendung. Wesentliche Unterschiede liegen dabei in der Prüfdauer sowie der Anzahl und Lage der beanspruchten Querschnitte (Abb. 2). Gegenüber dem Umlaufbiegeprüfstand wird beim Bastenaire-Verfahren über einen in zwei Richtungen wirkenden Hydraulikzylinder nur ein definierter Querschnitt des Rades beansprucht. Die Prüffrequenzen Die Dauerfestigkeitsprüfung von Eisenbahnrädern und Radsatzwellen Matthias Schwartze Der Umlaufbiegeprüfstand wird für ein breites Spektrum der Bauteilprüfung genutzt, für aktuelle Anwendungsgebiete können versuchstechnische Anpassungen erfolgen. Abb. 1: Ablaufplan der Bewertung des mechanischen Verhaltens eines Vollrades Quelle: EN 13979-1, Anhang B [9] Berechnung der Spannung Prüfstandsversuch NEIN NEIN Ja Ja Rad abgelehnt Riss? Δ < A ? Rad angenommen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY3NTk=