EI Der Eisenbahningenieur

47 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 das R-Verhältnis, den Werkstoff, seine Mikrostruktur, die Temperatur oder die umgebenden Medien, beeinflusst. Der Einfluss dieser Faktoren wirkt sich unterschiedlich stark auf die Bereiche mit niedriger (Bereich 1), mittlerer (Bereich 2) und hoher (Bereich 3) Rissgeschwindigkeit aus. Beispielsweise steigt mit zunehmendem RVerhältnis die Rissgeschwindigkeit da/dN an, jedoch ist der Einfluss des R-Verhältnisses im niedrigen und hohen deutlicher ausgeprägt als im mittleren Rissgeschwindigkeitsbereich. Um eine rechnerische Lebensdauervorhersage durchführen zu können, ist die Beschreibung der Rissgeschwindigkeitskurve in der Form da dN f K R = ( , ) $ (5) notwendig. Hierzu existieren zahlreiche Rissausbreitungskonzepte. Das sogenannte PARIS-Gesetz beschreibt ausschließlich den mittleren Bereich der Rissfortschrittskurve [2]. Es lautet da dN C K p mp = ⋅ $ (6) Sowohl C p als auch m p sind werkstoffabhängige Größen. Der Faktor C p wird zusätzlich noch vom Spannungsverhältnis R beeinflusst. Da dieses Gesetz nicht den unterenRissgeschwindigkeitsbereichabbilden kann, ist es für eine Lebensdauerprognose nur bedingt geeignet, weil es im Allgemeinen zu sehr konservativen Abschätzungen der Restlebensdauer führt. Im Gegensatz zum Paris-Gesetz beschreibt die Forman-Mettu-Gleichung die gesamte Rissfortschrittskurve in Abhängigkeit des R-Verhältnisses [3]: (7). da dN C R K K K FM n th FM = ⋅ − − ⋅ ⋅ − 1 1 1 G $ $ $ − p C q K K 1 max Die Parameter ΔK th , K C C FM , n FM , p und q sind werkstoffabhängige Größen und somit an die experimentell ermittelten Daten der da/dN-Kurve anzupassen. Die Restlebensdauer eines Bauteils bis zum Bruch kann, ausgehend von einer Anfangsrisstiefe a A , durch die Integration einer Rissfortschrittsgleichung erfolgen. Aus der Rissgeschwindigkeitsgleichung (5) erhält man durch Umformung dN da f K R = ( , ) $ (8) und durch Integration die Restlebensdauer N B bis zum Bruch (kritische Risstiefe a C ): N da f K R B a a A C = ≡ ( , ) $ E (9) Die Integration muss im Allgemeinen iterativ durchgeführt werden. Analytische und numerische Risswachstumsuntersuchungen Zur Vorausberechnung des Risswachstums in Bauteilen und Strukturen stehen einerseits Programme zur Verfügung, bei denen analytische Lösungen für bestimmte Rissfälle hinterlegt sind. Andererseits existieren Programme, mit denen die Rissausbreitung numerisch simuliert werden kann. Für Parameterstudien des Risswachstums in Bauteilen mit relativ einfacher Geometrie eignen sich insbesondere die Programme Nasgro undEsacrack [4,5]. Das Programm Nasgro, das ursprünglich von der NASA (National Aeronautics and Space Administration) entwickelt wurde, besitzt insbesondere in der Luft- und Raumfahrt einen hohen Stellenwert. Verstärkt wird es aber auch in vielen anderen Bereichen der Technik eingesetzt. Im Hauptmodul Nasfla (Abb. 3), werden u. a. Rissfortschrittsuntersuchungen in Bauteilen und Strukturen unter zyklischer Belastung ermöglicht. Es besteht aus einer Bibliothek von Geometrien und Risskonfigurationen mit entsprechenden Spannungsintensitätsfaktorlösungen. Aufbauend auf diesen Risskonfigurationen kann eine Simulation des Ermüdungsrisswachstums für konstante und variable Amplitudenbelastung durchgeführt werden. Da sich das ProgrammNasgro in der Praxis sehr bewährt hat, wird es auch für die Untersuchung des Risswachstums in Radsatzwellen eingesetzt. Einflüsse auf das Risswachstum in Radsatzwellen Um das Risswachstum in Radsatzwellen zu simulieren, wird das oben beschriebene ProgrammNasgro eingesetzt. Mittels Variationsrechnungen soll damit gezeigt werden, wie sich die einzelnen Einflussgrößen t Höhe des Beanspruchungskollektivs t Montagespannungen (Mittelspannungen) t bruchmechanische Materialdaten t Tiefe/Länge des detektierbaren Risses sowie t Reihenfolgeeffekte auf das Ermüdungsrisswachstumauswirken. Diese bruchmechanischen Risswachstumssimulationen liefern Anhaltspunkte für die Festlegung von Inspektionsintervallen. Bei den Risswachstumssimulationen für ICE-Radsatzwellen wird das Rissmodell SC05 des Programms Nasgro verwendet. Das Modell besteht aus einer Hohlwelle mit einem halbelliptischen außenliegenden Oberflächenriss (Abb. 4), mit einer Risstiefe a und einer Risslänge 2c. Dieses Modell idealisiert den realen Riss, der bei einer Radsatzwelle in der Regel in der Nähe eines Presssitzes auftritt. Bei diesem Rissmodell ist es möglich, eine konstante Spannung und eine Biegespannung zu überlagern. Für die Berechnung der Radsatzwellen entspricht die Biegespannung dem Amplitudenkollektiv in Abb. 2: Darstellung des Zusammenhangs zwischen der Rissgeschwindigkeit und dem zyklischen Spannungsintensitätsfaktor mittels der da/dN-ΔK-Kurve Abb. 3: Wesentliche Programmmodule des Programms Nasgro Abb. 4: Rissmodell SC05 des Programms Nasgro

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