EI Der Eisenbahningenieur

Prof. Dr.-Ing. habil. Hans Albert Richard Fachgruppe Angewandte Mechanik, Universität Paderborn richard@fam.upb.de Prof. Dr.-Ing. habil. Manuela Sander Lehrstuhl für Strukturmechanik, Universität Rostock manuela.sander@uni-rostock.de Dipl.-Ing. Markus Wirxel Fachgruppe Angewandte Mechanik, Universität Paderborn wirxel@fam.upb.de Dipl.-Ing. Jens Lebahn Lehrstuhl für Strukturmechanik, Universität Rostock jens.lebahn@uni-rostock.de 49 EI-Eisenbahningenieur | Februar 2010 Summary Determining inspection intervals by means of crack growth investigations The safety of railway operations necessitates regular inspection of safety-relevant vehicle components. This involves determining the periods between inspections. By carrying out fracture-mechanics investigations of the growth of cracks, it is possible to simulate the growth of fatigue cracks in railway structures. The development of cracks in wheelset shafts is influenced inter alia by the load spectrum, assembly stress, initial crack geometry and the fracture-mechanical material properties. The findings can serve as a basis for determining inspection intervals. lagerung des Kollektivs mit einer positiven Mittelspannung von 20,5 MPa kommt es zu einer deutlichen Verringerung der Restlebensdauer, Kurve b), die bei einer Erhöhung der Mittelspannung auf 30,5 MPa nochmals abnimmt, Kurve c). Der Grund für die deutlich unterschiedlichen Laufleistungen liegt in der Abhängigkeit des Thresholdwertes (Schwellenwert gegen Ermüdungsrissausbreitung) vom Spannungsverhältnis R. Mit steigender Mittelspannung verändert sich R insbesondere für Lastwechsel mit geringer Spannungsamplitude von –1 hin zu größeren Werten. Dieses bewirkt wiederum eine Absenkung des Thresholdwertes für den jeweiligen Lastwechsel und führt dazu, dass auch Lastwechsel mit geringem zyklischem Spannungsintensitätsfaktor ein Wachsen des Risses verursachen. Der Einfluss der Anfangsrisstiefe a A auf die Laufleistung einer Radsatzwelle ist in Abb. 8 gezeigt. Die Risswachstumssimulationen wurden für das Amplitudenkollektiv mit einer überlagerten Mittelspannung von 30,5 MPa und einem a A /c-Verhältnis von 0,882 durchgeführt. Durch die Veränderung der Anfangsrisstiefe soll der Einfluss der bei einer InspektiondetektierbarenRiss- tiefe auf die Restlebensdauer von Radsatzwellen ermittelt werden. Derzeit geht man bei der Ultraschallprüfung von einer sicher detektierbaren Risstiefe von 2,0 mm aus. Der grundsätzliche Verlauf der Kurven zeigt zunächst ein eher langsames Risswachstum und einen steilen Anstieg bis zum Erreichen von KC , Kurve a). Eine Erhöhung der Anfangsrisstiefe auf a A = 2,5 mm führt für die untersuchten Bedingungen annähernd zu einer Halbierung der Risswachstumslebensdauer, Kurve b). Eine Verringerung auf 1,5 mm erhöht in diesem Fall die Restlebensdauer etwa um den Faktor 2,5, Kurve c). Sollte es also gelingen, mit dem verwendeten Nachweisverfahren eine Riss- tiefe von 1,5 mm sicher zu entdecken, so könnten die Inspektionsintervalle deutlich ausgedehnt werden. Im Rahmen der Simulationen wurden auch der Einfluss des Schwellenwertes ΔK th gegen das Ermüdungsrisswachstum sowie die Belastungsreihenfolgeeffekte auf die Restlebensdauer von Radsatzwellen mit rissähnlichen Fehlern untersucht. Die Variation des Thresholdwertes zeigt, dass eine Erniedrigung von ΔK th zu kürzeren Lebensdauern führt, während eine Erhöhung eine größere Laufleistung ergibt. Die Reihenfolgeeffekte in Folge von Belastungswechseln sind bei Radsatzwellen nach bisherigen Untersuchungen nur wenig ausgeprägt. Festlegung von Inspektionsintervallen Die bruchmechanischen Risswachstumsuntersuchungen liefern Anhaltspunkte für die Festlegung von Inspektionsintervallen. Dabei ist zu beachten, dass die Risswachstumssimulationen für die Radsatzwellen unter Berücksichtigung aller relevanten Einflussgrößen erfolgen. Wie die vorgestellten Studien zeigen, beeinflusst bereits eine geringe Veränderung der Parameter die Restlaufleistung von Radsatzwellen deutlich. Grundsätzliche Hinweise für die Festlegung von Inspektionsintervallen finden sich z. B. in [1]. Um eine größere Sicherheit zu erlangen, sind neben den Risswachstumssimulationen mit dem ProgrammNasgro auch Finite-Elemente-Berechnungen, z. B. mit dem Programm Adapcrack3D [7], sowie experimentelle Risswachstumsuntersuchungen an Bauteilen, z. B. Originalradsatzwellen, zu empfehlen. Darüber hinaus ist in Zukunft noch viel Forschungsarbeit bezüglich der Rissentstehung und des Risswachstums in Radsatzwellen erforderlich. LITERATUR [1] Richard, H. A.; Sander, M.: Ermüdungsrisse. Verlag Vieweg + Teubner, Wiesbaden, 2008 [2] Paris, P. C.; Gomez, M. P.; Anderson, W. E.: A rational analytic theory of fatigue, Trend in Engineering 13, 1961, S. 9 – 14 [3] Forman, R. G.; Mettu, S. R.: Behaviour of Surface and Corner Cracks subjected to Tensile and Bending Loads in Ti-6Al-4V Alloy, In: Ernst, H. A.; Saxena, A.; McDowell, D. L. (eds.): Fracture mechanics, 22nd Symposium, Volume I, ASTM STP 1131, ASTM, Philadelphia, 1992, pp. 519 – 546 [4] NASGRO®: Fatigue crack growth computer program „NASGRO“ Version 3.0.16, Southwest Research Institute, 2001 [5] ESA: ESACRACK User’s Manual. Version 4.1.2, TOSMCS/2000/41/In, European Space Research and Technology Centre (ESTEC), Thermal Structures Division, Noordwijk, Niederlande, 2000 [6] Varfolomeyev, I.; Burdack, M., Luke, M.: Bruchmechanik als Werkzeug zur Festlegung von Inspektionsintervallen an Eisenbahnfahrwerken (Teil 2), 39. Tagung des DVM-Arbeitskreises Bruchvorgänge, Dresden, 2007, DVM-Bericht 239, Deutscher Verband für Materialforschung und -prüfung, Berlin, 2007, S. 33 - 42 [7] Fulland, M.; Schöllmann, M.; Richard, H. A.: ADAPCRACK3D – Development of the program for simulation of three-dimensional crack progpagation processes, In: Atluri, S. N.; Bust, F. W. (eds.): Advances in Computational Engineering and Sciences, Vol. 1, Tech Science Press, Palmdale, 2000, S. 948 - 953 Abb. 8: Einfluss der Anfangsrisstiefe auf die Laufleistung einer Radsatzwelle; a) Anfangsrisstiefe a A = 2,0 mm; b) Anfangsrisstiefe a A = 2,5 mm; c) Anfangsrisstiefe a A = 1,5 mm

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