griephan

02 | 2010 Prozess: Militärische Auftragserfüllung +++Process: Military assignments+++ 100 per cent scanning? +++A global challenge INTERVIEW20 Spin-off & Spin-in: Komplexität in der Sicherheitstechnologie Spin-off & Spin-in: Complex security technology DEFENCE & SECURITY8 www.griephan.de Susan Maraghy: Homeland Security – worldwide Bodo Kaping Verantwortung auf See Herfried Münkler Defensio & Protectio Responsibility at sea Seltene Erde Rare earth METALS

It´s a matter of intelligence. From sensors to knowledge: ƒ Acquisition ƒ Analysis ƒ Evaluation ƒ Visualisation ƒ Jamming www.plath.de

griephan global security 2/2010 3 EDITORIAL_HEINZ SCHULTE IM GROSSEN UND GANZEN Große Politik muss sich einfacher Bilder bedienen, ohne Komplexität zu verwischen. Dies ist leichter gesagt als getan.Wagen wir es! Ist die Globalisierung eher Fluch oder Segen? Hat sich die Eurozone bewährt? Die Antworten haben Konsequenzen für konkretes politisches Handeln. Die Globalisierung ist – trotz lokaler Benachteiligungen – nicht zurückzudrehen! Daher kann es nur darum gehen, bestehende Unwuchten auszugleichen und die Sicherheit der globalen Ströme – ein Leitmotiv auf dieser Seite – effektiver zu gestalten. „Willkommen in der volatilen Welt“ lautet der Titel einer aktuellen Studie von McKinsey Deutschland zu den Herausforderungen für die deutscheWirtschaft durch nachhaltig veränderte Märkte. Dort lesen wir, dass rund 60 Prozent derWeltcontainerflotte direkt oder mittelbar deutschen Privatpersonen und institutionellen Investoren gehören. Die Einführung der gemeinsamen Währung hat der Eurozone insgesamt mehr genutzt als geschadet – der aktuellen Griechenland-Krise zum Trotz. Des weiteren hat der Euro eine strategische Bedeutung an der Seite des Dollar mit Blick auf den wachsenden chinesischen Wirtschafts- und Währungsanspruch. Mit anderen Worten: Es gibt kein zurück hinter den Euro, wohl aber schmerzhafte Anpassungen. Wir haben keinen Grund, die „Fundamentals“ der Globalisierung in Frage zu stellen, dürfen aber künftige Herausforderungen nicht aus den Augen verlieren. Mit künftigen Entwicklungen in der Sicherheitstechnologie befasst sich in dieser Ausgabe Holger Mey von der EADS. Herfried Münkler, der regelmäßig für uns schreibt, kommt in seinem Beitrag „Defensio&Protectio“ zu dem Schluss, die größte Herausforderung bestehe darin, dass die Unterscheidung zwischen Innen und Außen nicht mehr zuverlässig funktioniert.Vernetztes Denken – national wie international – ist ohne Alternative! Im Englischen gibt es die vernünftige Unterscheidung zwischen Safety und Security, die es im Deutschen leider nicht gibt. Seltene Erde! Diesem Thema von wachsender Bedeutung für die strategischen Industrien stellen sich die Professoren Manfred Hirt und Wolfgang Rommel unter dem Titel: „Die Versorgung mit Rohstoffen als sicherheitspolitische Aufgabe“. Wir hoffen, mit der vorliegenden Ausgabe das Kaleidoskop der globalen Anforderungen an Sicherheit ein wenig ausgeleuchtet zu haben. Big politics need to use simple images without blurring complexity. That’s easier said than done. But let’s give it a try! Is globalisation rather a blessing or a curse? Has the Eurozone stood the test of time? The answers have consequences for targeted political action. There’s no turning back globalisation now – despite local disadvantages! The only thing we can do is to offset existing imbalances and render the security of global flows – a leitmotif of this page – more effective. ‘Welcome to the volatile world’ is the title of a current study by McKinsey Germany on the challenges for German industry posed by permanently changed markets. There we can read that around 60 per cent of the world container fleet belongs directly or indirectly to German private and institutional investors. On the whole, the introduction of a common currency has done more good than harm to the Eurozone – despite the current crisis in Greece. Plus, alongside the dollar, the euro plays a strategic role with a view to the growing Chinese claim to economic and monetary power. In other words: We cannot go back to the days before the euro, but we can make some painful adjustments. We have no reason to call the ‘fundamentals’ of globalisation into question but should not lose sight of future challenges. Holger Mey of EADS will be looking at future trends in security technology in this issue. In his feature ‘Defensio &Protectio’ Herfried Münkler, a regular contributor, sees the greatest challenge in the fact that the distinction between the internal and external has ceased to function reliably. There is no alternative to networked thinking– both on a national and international level! Unfortunately, the sensible English distinction between safety and security doesn’t exist in German. Rare earth! Professors Manfred Hirt and Wolfgang Rommel talk about the growing importance of this topic for the strategic industry under the heading ‘The supply of resources as a security-political task’. We hope that this issue will shed a bit of light on the kaleidoscope of global security needs. BY AND LARGE Heinz Schulte Chefredakteur/Editor Griephan Global Security ggs@dvvmedia.com

INHALT_CONTENT DEFENCE & SECURITY Holger H. Mey 8 Spin-off & Spin-inKomplexität in der Sicherheitstechnologie Spin-off & Spin-inComplex security technology Arne Schönbohm 36 Gesprächsbedarf Sichere Kommunikation in unsicheren Zeiten Need to talkSecure communications in uncertain times CRITICAL INFRASTRUCTURE Bodo Kaping 14 Maritime GrenzenVerantwortung auf See Maritime bordersResponsibility at sea Global f low_INFORMATION Eva-Maria Kern 24 Prozessorientierung Militärische Auftragserfüllung Process orientationMilitary assignments Global f low_ENERGY Manfred Hirt/Wolfgang Rommel 30 Rohstoffsicherheit Seltene Erde Securing the resource base: Rare earth TH I NK GLOBALLY ! Herfried Münkler 42 Aufgabe Defensio & Protectio ResponsibilityDefensio & Protectio I NTERV I EW 20 Susan MaraghyHomeland Security – worldwide Homeland Security – worldwide POS I T I ON Thomas Kurz 29 Europäische Sicherheitspolitik und deutsche Interessen Europeansecurity policy and German interests STATEMENT 41 Hans J. Niebergall 100 Prozent Scanning? 100 per cent scanning? MA I LBOX 50 Shari Temple Aidmatrix Foundation S TA N DA R D S 3 Editorial 6 COMPACTGlobal flow_GOODS 47 SERVICE 49 Veranstaltungen_Events Impressum_Terminal 20 4 griephan global security 2/2010

ANNA´S_NOTEBOOK Sturm in der Redaktion Es gibt Zeiten im Leben, da muss man sich von Liebgewonnenem trennen. Die Jeans, bei der man immer noch hofft, irgendwann einmal („nachWeihnachten“) wieder reinzupassen.Wenn der Bücherschrank zusammenzustürzen droht („Bücher schmeißt man nicht weg!“), oder wenn man dem Chefredakteur seinen 256 MB USBStick gegen den neuen 16 GB eintauscht („der alte war viel handlicher…!“). DerWeg zur nötigen Veränderung ist steinig. Doch eine tröstende Erkenntnis in solchen Lebenslagen ist es, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Diese zugegeben etwas pathetische Formel lässt einen gleich souverän und über den Dingen erhaben erscheinen – leider hält der Zustand nicht lange an. Diese Hin- und Hergerissenheit zwischen nötiger Einlassung auf Veränderungen und doch Festhalten an Altem bemerke ich an meinem CR. Kürzlich hielt er mir einen Zeitungsausschnitt unter die Nase und verließ das Büro mit den Worten, wenn ich sie recht vernommen habe: „Endlich sagt es mal einer!“. Es handelte sich um einen Beitrag aus dem Handelsblatt mit demTitel „Wenn der Chef persönlich die Post holt, dann ist etwas faul“, der sinnlose Sparmaßnahmen in Unternehmen kritisierte.Wie man sich vielleicht denken kann: Mein CR holt unsere Post persönlich (aus dem Postfach)! Muss ich mich nun fragen, ob ich ein schlechtes Gewissen haben muss? Nein, denn er wohnt in der Tat näher am Postfach. Für mich stellt sich eher die Frage, was ich tun muss, dass sich mein Chef von mir organisieren lässt. Zur allseitigen Beruhigung, wir machen Fortschritte… Zu guter Letzt: Ich habe bei „Women in International Security“ abstimmen müssen, ob auch Männer als Vollmitglieder aufgenommen werden dürfen.Auf die Nachfrage meines CR hin musste ich ihm leider klarmachen, dass auch Frauen ihre Geheimnisse haben! Anna Sturm Redaktion/Editorial Staff anna.sturm@dvvmedia.com From time to time, we have to part with some of the things we love. The jeans we still hope to fit into again one day (‘after Christmas’). When our bookshelves threaten to keel over (‘Never throw away books!’) or when we exchange the boss’s 256 MB USB flash drive for a new 16 GB model (‘the old one was much easier to handle …!’). The road to necessary change is a rocky one. But it’s some consolation to know that you simply have to let things take their course. This – admittedly rather pathetic – sentiment will make you feel serene and above these things – but unfortunately this never lasts. I notice this feeling of being torn between the necessary acceptance of change and the wish to cling to the old and familiar in my boss. He recently thrust a newspaper clipping in my face and simply left the office with the words - if I remember correctly: ‘Somebody has said it at last!’. He was talking of an article in Handelsblatt under the heading ‘When the boss goes to get the mail himself, something must be wrong’ , a criticism of pointless costcutting measures in companies. As you can guess, my boss gets our mail himself (from our post office box)! Should I now start feeling guilty about it? No, he simply lives closer to our PO box. But for me the question is rather what should I do to make my boss let me organise him. I can reassure you that we are making progress … And finally: At Women in International Security Deutschland (WIIS) I recently had to vote whether we should also allow men to join as full members. But when my boss asked me about it; I’m afraid I had to make it clear to him that women need their little secrets, too! 14 42 24 griephan global security 2/2010 5

6 griephan global security 2/2010 COMPACT_KALEIDOSCOPE Neue Schiffsklasse Next generation ships GÜTERBAE Systems hat einen Vertrag imWert von 127 Millionen £ über 4 Jahre mit dem britischen Verteidigungsministerium zur Entwicklung einer neuen Generation von Überwasserkampfschiffen für die Royal Navy unterzeichnet. Die ersten Schiffe des Future Surface Combatant Programm werden unter der Klassenbezeichnung Typ 26 laufen. Diese sollen die Fregatten der Klasse 22 und 23 ersetzen und der Royal Navy dabei vielseitige und kostengünstige Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Die Entwicklung des neuen Fregattentyps 26 wird von BAE Systems eng mit dem Verteidigungsministerium abgestimmt, um bis zur Fertigung einen genau abgestimmten Schiffstyp zu entwickeln. www.baesystems.com SCANNER_Aufgefallen! © Carbon Motors Corporation Der US-Markt für Polizeiautos hat ein Jahresvolumen von 4 Milliarden $. Das entspricht 75.000 Autos. The US market for police cars is worth an annual $4bn. That’s the equivalent of 75,000 cars. Financial Times Deutschland Nur 7-10 Prozent der Fracht, die in den amerikanischen Häfen ankommt, wird auf Drogen und chemische, nukleare oder biologischeWaffen geprüft. Only 7–10 per cent of the cargo that enters US ports is scanned for illegal drugs or chemical, nuclear, or biological agents. US Homeland Security US Homeland Security Department Wir müssen Defizit und Schulden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit betrachten, nicht nur als ökonomisches Problem. We have to address this deficit and the debt of the U.S. as a matter of national security, not only as a matter of economics. Hilary Clinton Amerikanische Außenministerin / US Secretary of State © BAE Systems © Lao/Andia.fr © ergonoMedia / photocase.com

griephan global security 2/2010 7 Next generation ships Goods BAE Systems has been awarded a four year £127m contract by the Ministry of Defence (MOD) to take forward the programme to develop a new generation of combat ships for the Royal Navy. The announcement comes as the Royal Navy has revealed that the first ships to be developed under the Future Surface Combatant programme will be known as the Type 26 class. Designed to replace the existing Type 22 and Type 23 frigates, Type 26 will deliver a versatile, affordable capability that can be easily upgraded to ensure it remains at the cutting-edge throughout its service life. Under the contract, BAE Systems will work in a joint team with the MOD to assess options from the initial concept design in order to develop a detailed specification ready for manufacture. www.baesystems.com New Sprinter GoodsThe Germanministry of the interior is adding over 1,200MercedesBenz Sprinters to its fleet. The first vehicles were officially handed over at GPEC 2010 in Leipzig, all other vehicles will be delivered to customers within the next two years. Mercedes-Benz garnered the contract after a Europewide tender for a total of 1,233 vans of all kinds. The Mercedes-Benz vans are used both by the national police force, the Federal Agency for Technical Relief and by the riot police squads of the federal states. The Sprinter meets the most demanding technical standards and is the ideal platform for all kinds of trailers and add-ons. Its diesel engine is very environment-friendly and very economical thanks to its significantly reduced fuel consumption. Obstacle warning system Goods EADS Defence & Security (DS) has been ordered to equip three additional helicopters of the Royal Thai Air Force with its obstacle warning system. This device, which is known as ‘HELLAS’ (Helicopter Laser Radar), ensures the detection of obstacles that are virtually invisible for pilots, such as high-voltage power lines, thus enabling missions to be carried out even under difficult visibility conditions. Before this, in 2005, Defence Electronics, an integrated activity of DS, already delivered three obstacle warning systems to the Royal Thai Air Force, which have been integrated into Bell 412 helicopters. The HELLAS systems currently ordered will, for the first time, be installed on-board Sikorsky S-92 helicopters. www.eads.com Hinderniswarnsystem Obstacle warning system GÜTER EADS Defence & Security (DS) rüstet drei weitere Hubschrauber der Royal Thai Air Force mit Hinderniswarngeräten aus. Die Geräte mit der Bezeichnung HELLAS (=Helicopter Laser Radar) detektieren für den Piloten nahezu unsichtbare Hindernisse, wie zum Beispiel Hochspannungsleitungen, und ermöglichen so Einsätze auch unter schwierigen Sichtbedingungen. Bereits 2005 hat Defence Electronics, ein integrierter Geschäftsbereich von DS, drei Hinderniswarngeräte an die thailändische Luftwaffe geliefert, mit denen Helikopter des Typs Bell 412 ausgerüstet wurden. Die jetzt beauftragten HELLAS-Systeme werden erstmals in Helikopter des Typs Sikorsky S-92 eingerüstet. www.eads.com Neue Sprinter New Sprinter GÜTER Das Bundesministerium des Innern erweitert seinen Fuhrpark um mehr als 1.200 Mercedes-Benz Sprinter. Die ersten Fahrzeuge wurden auf der GPEC 2010 in Leipzig offiziell übergeben,alle weiteren Fahrzeuge werden in den nächsten zwei Jahren an den Kunden ausgeliefert. Die Entscheidung für Mercedes-Benz fiel im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung für insgesamt 1.233 Transporter in unterschiedlichen Ausführungen. Zum Einsatz kommen die Sprinter von Mercedes-Benz sowohl bei der Bundespolizei, beim Technischen Hilfswerk als auch bei den Bereitschaftspolizeien der Länder. Die Transporter haben höchsten technischen Standard und bilden eine ideale Plattform für Auf- und Ausbauten aller Art. Der Diesel-Motor ist umweltfreundlich und durch seinen signifikant abgesenkten Verbrauch auch äußerst wirtschaftlich. www.mbvd.de © EADS © GPEC/EMW GmbH

DEFENCE & SECURITY_MEY Spin-off & Spin-in KOMPLEXITÄT in der Sicherheit ist nicht neu. Künftige Entwicklungen in der Sicherheitstechnologie haben umfassende konzeptionelle Lösungen und nicht isolierte Einzelfähigkeiten im Auge. © Radius Images 8 griephan global security 2/2010

DER KONTEXT Noch viele Jahre nach Ende des Kalten Krieges hielt sich hartnäckig die Gepflogenheit,Vorträge mit der Floskel „Nun, da der Ost-West-Konflikt beendet ist…“ einzuleiten und auf einen „Paradigmenwechsel“ zu verweisen. Eine weitere, der Verleihung des Profunditätspreises würdige Erkenntnis besteht in dem Verweis, dass äußere und innere Sicherheit nicht mehr voreinander getrennt werden können, militärische und zivile Sicherheit zusammen gehören sowie Sicherheit und Verteidigung im Rahmen eines Gesamtkonzeptes betrachtet werden müssen. Fest steht: Es gibt eine partielle Missionskonvergenz zwischen Streitkräften und Polizei, die aber geschichtlich keineswegs grundlegend neu, sondern allenfalls neu im Vergleich zur Zeit des Kalten Krieges in Europa ist! Verteidigung besteht zum Teil aus Sicherheitsaufgaben, überwiegend – aber keineswegs ausschließlich – im Ausland; und Sicherheitsorgane werden – im In- und imAusland – mit Herausforderung konfrontiert werden, die ohne weiteres militärische Dimensionen erlangen können. Unter Technikern ist es schon seit vielen Jahren bekannt: Das Phänomen, dass der vormals bekannte „Spin-off“-Effekt, d.h. die Nutzung militärischer Forschung für zivile Anwendungen, von einem „Spinin“-Effekt, d.h. die Nutzung kommerzieller Forschungsergebnisse für militärische Anwendungen, zumTeil abgelöst wurde. Spätestens seit das Mobiltelefon als Waffe eingesetzt werden kann – so zum Auslösen einer Sprengfalle – wurde deutlich, dass man sich auch militärisch nicht vom Innovationszyklus der kommerziellen Welt abkoppeln kann. Gleichwohl gilt auch, dass kommerziell angebotenen Lösungen oftmals kaum gegenüber den härtesten, bislang nur aus der militärischen Welt bekannten Herausforderungen und Bedrohungen bestehen können.Vor dem Hintergrund der allgemeinenWeiterverbreitung und damitVerfügbarkeit von Hochtechnologie und Know-how werden immer mehr Akteure zunehmend machtvollere Mittel in ihren Händen halten. Das vorherrschende betriebswirtschaftliche Denken der Kostensenkung und -effizienz hat auch die Sicherheits- und Streitkräfte erfasst: Kosten müssen „um jeden Preis“ gesenkt werden, die Effizienz ist zu steigern, Interoperabilität, Standardisierung und Normierung sind sicherzustellen – und der Rest wird „outgesourct“. Sicherheitsbelange scheinen Kosteneinsparungsvorgaben untergeordnet zu sein. Systematisch und Holger H. Mey Spin-off & Spin-in THE CONTEXT Many years after the end of the Cold War it was still quite common to start a speech with the words ‘Now that the East-West conflict is over’ and make some reference to a ‘paradigmatic change’. Another statement worthy of the profoundness award is the realisation that external and internal security can no longer be regarded separately, that military and civilian security belong together, and security and defence must be viewed as part of one general concept. One thing is certain: There is a partial mission convergence between the forces and the police, which is by no means completely new from a historical viewpoint but only new compared to the age of the Cold War in Europe! For one part, defence consists of security tasks, mainly – but by no means exclusively – outside Germany; and security forces will be confronted by challenges – inside and outside Germany – that can easily achieve military dimensions. For many years technicians have already been aware that the former well-known ‘spin-off’ effect, i. e. using military research findings for civilian applications, has been replaced by a ‘spin-in’ effect, i. e. exploiting the results of commercial research for military applications. At the latest since mobile phones can be used as weapons – to detonate a bomb, for example – it has become clear that even the military sphere cannot detach itself from the innovation cycle of the commercial market. At the same time it is true that commercial solutions can often hardly withstand the toughest challenges and threats so far known only from the military world. Against the background of general proliferation and hence availability of high technology and know-how Complexity is nothing new for security. Future developments in security technology focus on comprehensive solution concepts and not on isolated individual capabilities. more and more players will hold ever more powerful means in their hands. The prevailing entrepreneurial way of thinking in terms of cost cutting and cost efficiency has also reached the security and military forces: Costs need to be cut ‘at any price’, efficiency must be increased, interoperability, standardisation and norm-setting must be »Systematisch und ungeachtet aller Warnungen von Experten vergrößern wir unsere Abhängigkeiten von modernen informationstechnologischen Systemen.« »Ignoring all the experts’ warnings we are systematically increasing our dependency on modern IT systems.« © Felbert+Eickenberg/STOCK4B griephan global security 2/2010 9

DEFENCE & SECURITY_MEY tische Effekte), Redundanzen, Immunisierung, Notfallvorkehrungen, die sogenannte „Resilience“. Und dennoch muss man sich nicht nur damit befassen, möglichen Schaden abzuwenden bzw. präventiv zu verhindern, sondern gleichzeitig auf Schadensbegrenzungsmaßnahmen dringen, da sich nicht aller Schaden im Vorfeld abwenden lässt – siehe hierzu auch den Bericht des „European Security Research and Innovation Forum“ (ESRIF). Die Rolle von Technologie darf insgesamt weder über-, noch unterschätzt werden. Jede Technologie ist nur so wichtig wie die ensured – and the remainder is ‘outsourced’. Security issues seem to take a back seat to saving costs. Ignoring all the experts’ warnings we are systematically increasing our dependency on modern IT systems without taking account of our ever-increasing vulnerability. But even military plans – to say nothing of civilian ones – obviously assume that the opponent is either incompetent or cooperative or both. What if this assumption turns out to be wrong? All traditional measures to reduce vulnerabilities are ‘out of fashion’ now: hardening (e. g. against jamming and electro-magnetic effects), redundancies, immunisation, emergency precautions, the socalled ‘resilience’. And still one not only has to avert possible damages or prevent them from happening but must also urge the necessity of damage limitation measures, as all damages cannot be avoided – see also the report of the ‘European Security Research and Innovation Forum’ (ESRIF). On the whole, the role of technology should neither be over- nor underestimated. Any technology is only as important as the purpose it serves. Even if it were possible to generate a completely transparent situation profile with the help of modern sensor systems, one must always be prepared for surprises – as any chess player knows! So we need systems that can do more than just generate images: sensor and data fusion, intelligent pre-evaluation to manage the ever-growing flood of information, pattern recognition and behaviour prediction models, authentication methods to ensure that you are really dealing with the person you want to deal with, decision support systems and simulations that help you make the right decisions under pressure, systems that relieve you of routine and administration work and give you more time for missionspecific tasks. Simultaneously, we need to find the right combination of comparatively low-cost systems for everyday tasks and more robust and expensive systems that will still work reliably when an opponent has state-of-the-art means to take advantage of our weaknesses. Assuming that the means that are or will become available will also be used by criminal and enemy forces, what technological developments can we expect in the security sector? DEVELOPMENTS IN SECURITY TECHNOLOGY – EXAMPLES Surveillance of major facilities or areas like state borders or sea areas, industrial plants where hazardous goods or substances are made, energy or water supply facilities, traffic routes ungeachtet aller Warnungen von Experten vergrößern wir unsere Abhängigkeiten von modernen informationstechnologischen Systemen ohne der zunehmendenVerwundbarkeit Rechnung zu tragen.Aber selbst militärische Planungen – von zivilen ganz zu schweigen – gehen offenkundig davon aus, dass der Gegner entweder inkompetent oder kooperativ oder beides ist. Was, wenn sich diese Annahme als falsch herausstellen sollte? Alle klassischen Maßnahmen zur Verminderung von Verwundbarkeiten sind „aus der Mode“ gekommen: Härtung (beispielsweise gegen Jamming und elektromagne- © AFP/Getty Images © Getty Images 10 griephan global security 2/2010

Aufgabe, der sie dient. Selbst wenn es mit Hilfe moderner Sensorik möglich wäre, das vollständig transparente Lagebild zu schaffen, ist man dennoch nicht vor Überraschungen gefeit – wie jeder Schachspieler weiß! Gefragt sind somit Systeme, die mehr können, als Bilder generieren: Sensor- und Datenfusion, die intelligente Vorauswertung, um der Informationsflut Herr zu werden, Mustererkennung und Verhaltensvorhersagemodelle, Authentifizierungsverfahren, um sicher zu gehen, dass man es auch wirklich mit demjenigen zu tun hat, mit dem man es zu tun haben will, Entscheidungsunterstützungssysteme und Simulationen, die helfen, unter Zeitdruck die richtigen Entscheidungen zu treffen, Systeme, die einen von den Routine- und Verwaltungsaufgaben entlasten, um mehr Zeit für einsatzspezifische Aufgaben zu haben. Gleichzeitig wird die richtige Kombination von Systemen zu vergleichsweise geringen Kosten für die täglichen Aufgaben und von robusteren, teureren Systemen gefunden werden müssen, welche auch dann noch zuverlässig funktionieren, wenn ein Gegner über modernste Mittel verfügt, unsere Verwundbarkeiten auszunutzen. Gehen wir davon aus, dass das, was verfügbar ist oder sein wird, von Kriminellen und gegnerischen Kräften auch genutzt wird. Welche Technologieentwicklungen im Sicherheitsbereich zeichnen sich ab? BEISPIELE FÜR SICHERHEITSTECHNOLOGISCHE ENTWICKLUNGEN Die Überwachungbedeutsamer Einrichtungen oder Gebiete wie beispielsweise Landesgrenzen oder Seegebiete, Industrieanlagen, in denen gefährliche Güter oder Stoffe hergestellt werden, Energie- oder Wasserversorgungsanlagen,Verkehrswege und Transportmittel, Telekommunikationsnetze, aber auch Veranstaltungsorte wird immer anspruchsvoller. Zusätzlich zu Video- und Infrarotkameras sind im Sinne eines Sensor-Mixes insbesondere auch Radargeräte von zunehmender Bedeutung. Neben Wetterunabhängigkeit bietet Radar eine Bewegungserkennung, aber auch die Fähigkeit, durch Boden und Wände zu „schauen“. Radargeräte hoher Auflösung können fest installiert, aber auch and means of transport, telecommunication networks or event venues is becoming increasingly sophisticated. Radar equipment is gaining importance along with video and infrared cameras to create a sensor mix. Apart from independence from weather conditions radar offers motion detection but also the ability to ‘look through’ floors and walls. High-resolution radar equipment can be permanently fixed but also used in manned or unmanned aerial vehicles. Unmanned aerial vehicles (UAVs) will be used increasingly in future, especially wherever swift long-term surveillance is necessary or deploying personnel would be too dangerous (e. g. contaminated or radioactive areas). In future increasing signal monitoring will be imperative. Organised crime, terrorists but also major military opponents use the electromagnetic spectrum. Protecting and employing it for one’s own purposes is increasingly important, especially as all social spheres are ever more dependent on a functioning Internet and communication facilities, which increases the probability of attacks. Technological progress in this field is enormous and partly leads to new disciplines, e.g. computer forensics. Communication and evaluationplay a central role. Networks that transmit voice and data are supported by modern radio services. They must be highly jamming-proof and bug-proof. Modern encryption techniques combined with proven military methods like ‘frequency hopping’ – random or targeted hopping between radio frequencies – can be used for this purpose. Cognitive radio – a method where the radio itself speedily changes parameters to avoid interference – is on the horizon. Evaluation is supported by a visualised situation profile, which – taking example from military solutions – shows all the relevant information at a glance. For generating the situation profile data records must be combined and their authenticity and in bemannten oder unbemannten Luftfahrzeugen zum Einsatz kommen. Unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) werden generell verstärkt genutzt werden, insbesondere dort, wo rasch eine lang anhaltende Überwachung erforderlich ist oder aber Einsätze für Personal zu gefährlich sind (so bei verseuchtem oder verstrahltem Gebiet). Ohne zunehmende Signalüberwachung wird es in Zukunft nicht mehr gehen. Das Organisierte Verbrechen, Terroristen, aber auch militärisch bedeutsame Gegner nutzen das elektromagnetische Spektrum. Dies zu schützen und für eigene Zwecke einzusetzen, wird immer wichtiger, zumal die Abhängigkeit der gesamten Gesellschaft vom Funktionieren des Internet und von Kommunikationseinrichtungen steigt und damit auch die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs gegen sie. Der technologische Fortschritt auf diesem Gebiet ist immens und führt teilweise zu neuen Disziplinen, beispielsweise der Computerforensik. Der Kommunikation und Auswertung kommt eine zentrale Bedeutung zu. Netze, die Sprache und Daten übertragen, stützen sich hierzu auf moderne Funkdienste ab. Sie müssen hohe Stör- und Abhörsicherheit aufweisen. Moderne Verschlüsselungstechniken kombiniert mit militärisch erprobten Verfahren, wie „Frequency Hopping“ – dem zufälligen oder gezielten Springen zwischen Funkfrequenzen – können hier die Basis bilden.Am Horizont zeichnet sich das kognitive Radio ab, ein Verfahren, bei dem das Funkgerät selbst den am wenigsten gestörten Funkdienst kurzfristig auswählt. »Die Rolle von Technologie darf insgesamt weder über-, noch unterschätzt werden.« »On the whole, the role of technology should neither be over- nor underestimated.« © Christian Lagereek griephan global security 2/2010 11

DEFENCE & SECURITY_MEY Die Auswertung wird durch ein visualisiertes Lagebild unterstützt, das – wiederum nach militärischemVorbild – einen Überblick über alle relevanten Informationen zur Verfügung stellt. Für die Erstellung des Lagebildes müssen Datensätze fusioniert und auf Authentizität und Wider spr uchsfreiheit geprüft werden. Wichtig hierbei ist die Stör- und Täuschresistenz des Gesamtprozesses. Auch hier kommen militärisch erprobte Verfahren zum Tragen. Unterschiedliche Einsatzkräfte haben einen unter schiedlichen Informationsbedarf in Abhängigkeit von der jeweiligen Aufgabe. Dienstorientierte Architekturen und die Nutzung sogenannter „Agenten“ (Software-Pakete, die einen großen Datenbestand zielgerichtet auswerten können) spielen hierbei eine große Rolle wie auch selbstlernende Software zum Aufbau von Erfahrung und andere Verfahren künstlicher Intelligenz, wie evolutionäre Algorithmen und neuronale Entscheidungsnetze. Aus naheliegenden Gründen kommt der Detektion und Identifikation gefährlicher Chemikalien, biologischer Stoffe und radioaktiver Strahlung aber auch von Waffen am Körper oder in Gepäck große Bedeutung zu. Erhebliche Fortschritte sind in den Bereichen Detektion auf Distanz, hohe Detektions- und Identifikationswahrscheinlichkeit bei gleichzeitig niedriger Falschalarmrate und unter Ausschluss der Schädigung von Mensch und Material zu erwarten. Bei der Einführung neuer Techconsistency examined. The important thing in this context is that the entire process is interference and fraud-proof. Again established military techniques are used in this field. Different mission forces have differing information needs depending on the task at hand. Service-orientated architectures and the use of so-called ‘agents’ (software packages that can evaluate large amounts of data in a targeted manner) play a major role in this context as does self-learning software for gathering experience and for other artificial intelligence methods such as evolutionary algorithms and neuronal networks. For obvious reasons the detection and identification of hazardous chemicals, biological substances and radioactive radiation but also of weapons on the body or in luggage are of great importance. Great progress can be expected in the fields of detection from a distance that combines a high detection and identification probability with a low false alarm rate without harming humans and material. For the identification of new technologies acceptance by the population (e. g. backscatter x-ray systems) and a preferably short duration of the detection procedure (e. g. throughput speed) are important. In security-sensitive areas the identification and authentication of authorised personnel is important; biometric sensors play a crucial role in this context. Considerable progress especially in medical research enables us to gain indications for the intentions of certain persons. Technological progress can also be expected in the field of personnel equipment in the security forces (police, fire services). Apart from secure communication channels enabling faster data and information transfer, localisation/navigation for positioning even in difficult sites (buildings, underground etc.) will also be possible. Another important feature is the constant monitoring of the physical condition and mental state of forces during an operation. Cyberspace and hence the issue of cybersecurity are of crucial importance for the functioning of modern western societies. Again the solution is not to be found in the isolated procurement of individual products but in comprehensive systems which must »Wie überall wird es darum gehen müssen, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren.« »Like everywhere, our aim must be to remain at the forefront of progress.« © Images Source © PhotoAlto/Ale Ventura © Image Source 12 griephan global security 2/2010

Prof. Dr. Holger H. Mey Vice President Advanced Concepts, Defence & Security, EADS email_to_author@dvvmedia.com however not only be optimised according to commercial criteria of the mass market but must also meet the highest security standards. OUTLOOKTechnological progress will support all disciplines enabling both interference and destruction as well as protection and defence in all security-related fields. Like everywhere, our aim must be to remain at the forefront of progress and to develop superior training schemes and intelligent operational concepts. The system philosophy is crucial in this context: Just like an organism is more effective than the sum of its individual parts, generating security is always about comprehensive solution concepts and not isolated individual capabilities. nologien ist auf Akzeptanz der Bevölkerung (Stichwort: Nacktscanner) sowie auf eine möglichst geringe Dauer des Detektionsvorgangs (Stichwort: Durchsatzgeschwindigkeit) zu achten. In sicherheitssensiblen Bereichen muss auf die Identifizierung und Authentifizierung des zugangsberechtigten Personals geachtet werden; hierbei spielen biometrische Sensoren eine maßgebliche Rolle. Mit Hilfe erheblicher Fortschritte gerade auch in der medizinischen Forschung wird es möglich sein, Indikatoren für die Absichten von Personen zu gewinnen. Technologischer Fortschritt ist auch bei der Ausstattung von Einsatzkräften im Sicherheitsbereich (Polizei, Feuerwehr) zu erwarten. Neben sicheren Kommunikationswegen mit der Möglichkeit zur rascheren Daten- und Informationsübertragung zeichnet sich ab, dass auch Lokalisierung/Navigation zur Positionsbestimmung selbst in schwierigem Gelände (in Gebäuden, unterirdisch etc.) gewährleistet werden kann. Weiterhin ist die konstante Überwachung der physischen Konstitution und psychischen Befindlichkeit der im Einsatz befindlichen Kräfte von Bedeutung. Der Cyberspace und damit die Frage nach Cyber Security sind von entscheidender Bedeutung für das Funktionieren moderner, westlich orientierter Gesellschaften. Auch hier gilt, dass die Lösung nicht in der isolierten Beschaffung von Einzelprodukten, sondern in umfassenden Systemen zu finden ist, die jedoch nicht nur nach kommerziellen Kriterien des Massenmarktes optimiert sein dürfen, sondern höchsten Sicherheitsstandards genügen müssen. AUSBLICK Der technologische Fortschritt wird alle Disziplinen unterstützen und in allen sicherheitsrelevanten Bereichen sowohl Störung und Zerstörung als auch Schutz und Abwehr ermöglichen.Wie überall wird es darum gehen müssen, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren und gleichzeitig überlegene Ausbildungsmodelle und intelligente operative Konzepte zu entwickeln. Hierbei ist der Systemgedanke entscheidend: So wie ein Organismus mehr leistet als die Summe seiner Teile, so geht es bei der Schaffung von Sicherheit stets um umfassende konzeptionelle Lösungen und nicht um isolierte Einzelfähigkeiten. TELEFUNKEN Radio Communication Systems GmbH& Co. KG HLS@tfk-racoms.com www.tfk-racoms.com member of Systemlösungen für Homeland Security Telestat – „die“ legale Lösung um schnell und umfassend einBild der Lage aus der Vogelperspektive zuerhalten MobileLight – Nachtsichtgerät speziell für schlechte Wetterbedingungen, wenn das menschliche Auge schon längst an seine Grenzen gekommen ist Safe City – mehr als nur ein Management System – eine Àexible, offeneSchnittstelle für dieEinbindung komplexer Management- und Sensor-Subsysteme FrüherkennungvonBedrohungen– der richtige Weg eineoptimale Sicherheit zu gewährleisten

VERANTWORTUNG AUF SEE MARITIME GRENZENund ihr Schutz in Nord- und Ostsee in einem europäischen Kontext, das ist die wesentliche Aufgabe der Bundespolizei See. CRITICIAL INFRASTRUCTURE_KAPING © Bundespolizei 14 griephan global security 2/2010

Die Bundespolizei untersteht dem Bundesministerium des Innern und nimmt im Sicherheitssystem der Bundesrepublik Deutschland umfangreiche und vielfältige polizeiliche Aufgaben wahr. Zur Erfüllung der maritimen Aufgaben verfügt die Bundespolizei seit nunmehr fast 45 Jahren auch über eine maritime Komponente – die Bundespolizei See, die sich zu einer modernen Polizeiorganisation entwickelt hat. Die Bundespolizei See besteht aus drei Bundespolizei-Inspektionen und dem in Neustadt ansässigen Direktionsbereich See. Sie ist integraler Bestandteil der Bundespolizei-Direktion Bad Bramstedt. Die wichtigste und originäre Aufgabe der Bundespolizei See ist der Schutz der maritimen Grenzen der Bundesrepublik Deutschland in Nord- und Ostsee, die gemäß Schengener Grenzkodex (SGK) den Status von Schengen-Außengrenzen haben. Die Maßnahmen zur Kontrolle und Überwachung des grenzüberschreitendenVerkehrs an den Seegrenzen müssen somit den Bestimmungen des Schengener Grenzkodex entsprechen.Während die Kontrolle des Non–Schengenverkehrs grundsätzlich in den als Grenzübergangsstelle zugelassenen Häfen stattfindet und in den fünf norddeutschen Küstenländern durch die Bundespolizei, die Wasserschutzpolizei (Bundesländer Hamburg und Bremen) und den Zoll erfolgt, wird die Überwachung auf See durch die Schiffe und Boote der Bundespolizei und des Zoll wahrgenommen. Die Qualität dieser Maßnahmen wurde zuletzt im Sommer 2009 im Auftrag der Europäischen Kommission im Rahmen der sogenannten „Schengen-Evaluierung“ geprüft. Die Ergebnisse sind durchweg positiv und bescheinigen den deutschen Sicherheitsbehörden, nicht zuletzt der Bundespolizei, eine hohe Professionalität und die Einhaltung der strengen Schengen Regeln. Neben den bereits beschriebenen grenzpolizeilichen Aufgaben nimmt die Bundespolizei See noch weitere originäre und übertragene Aufgaben wahr. Seewärts der Begrenzung des Küstenmeeres ist die Bundespolizei See, auf Grundlage des Bundespolizei-Gesetzes und weiterer Spezialgesetze, zuständige Allgemeinpolizei und nimmt schifffahrtspolizeiliche Vollzugsaufgaben, in Mandatsverwaltung für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, wahr. Außerdem ist sie außerhalb des deutschen Küstenmeeres befugt Vollzugsmaßnahmen zur Durchsetzung völkerrechtlicher Befugnisse zu treffen. Hierzu zählen vor allem polizeiliche Befugnisse zur Verfolgung von Straftaten auf Schiffen unter deutscher Flagge oder zur Verfolgung anderer Taten, wie z.B. der Piraterie. Außerhalb des deutschen Küstenmeeres obliegt der Bundespolizei See die Verhinderung von schädlichen Umwelteinwirkungen sowie die Verfolgung von Straftaten gegen die Umwelt durch deutsche und fremdflaggige Schiffe. Auf dem Gebiet der Fischereiüberwachung unterstützt die Bundespolizei See die Überwachungskräfte der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Die Bundespolizei See führt auf hoher See, im Auftrag der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung, Ermittlungen nach dem Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz durch und unterstützt die Bundeszollverwaltung bei der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs.Weiterhin leistet die Bundespolizei See Amtshilfe bzw. unterstützt die Polizeien der Länder bei deren Aufgabenerfüllung. AUFBAU UND MITTEL DER BUNDESPOLIZEI SEE Diese operativen Aufgaben werden durch drei Bundespolizei-InspekBodo Kaping Responsibility at sea The Federal Police is subordinate to the German ministry of the interior and has a wide and varied range of police tasks within the security system of the Federal Republic of Germany. To meet its maritime responsibilities the Federal Police has also had a maritime component for almost 45 years – the Federal Police Sea – which has developed into a modern police organisation. The Federal Police Sea consists of three Federal Police District Offices and the Neustadt-based Department Sea. It is an integral part of the Federal Police Regional Office Bad Bramstedt. The most important and fundamental task of the Federal Police Sea is the protection of Germany’s maritime borders in the North and Baltic Sea, which have the status of external Schengen borders under the Schengen Borders Code (SBC). Monitoring and surveillance measures for cross-border traffic at the maritime borders must therefore comply with the provisions of the Schengen Borders Code. While border control procedures for non–Schengen traffic are normally performed in the harbours that are authorised border crossing points and effected by the Federal Police, the Water Police (federal states of Hamburg and Bremen) and customs in the five northern German coastal states, surveillance at sea is the responsibility of the ships and boats of the Federal Police and customs authorities. The quality of these measures was last audited in summer 2009 on behalf of the European Commission as part of the so-called Schengen Evaluation. The results are all favourable and confirm the great professionalism of the German security authorities, not least the Federal Police, and their compliance with the strict Schengen rules. Apart from the already described border policing tasks the Federal Police Sea has further original and assigned tasks. Seawards of the territorial sea borders the Federal Police Sea is the responsible general police authority under the Federal Police Act and further specific laws, und performs shipping police enforcement duties, as a mandate for the waterways and shipping administration of the German government. In addition, it is authorised to take action to enforce its powers under international law outside German territorial waters. They include, above all, police powers to prosecute criminal acts Protecting maritime borders in the North and Baltic Sea in a European context is the key responsibility of the Federal Police Sea. »Die Maßnahmen zur Kontrolle und Überwachung des grenzüberschreitenden Verkehrs an den Seegrenzen müssen den Bestimmungen des Schengener Grenzkodex entsprechen.« »Monitoring and surveillance measures for cross-border traffic at the maritime borders must comply with the provisions of the Schengen Borders Code.« griephan global security 2/2010 15

CRITICIAL INFRASTRUCTURE_KAPING tionen See mit Sitz in Cuxhaven, Neustadt und Warnemünde wahrgenommen. Neben einer Führungsgruppe verfügen diese Inspektionen über Einsatzschiffe und Kontroll- und Streifenboote mit den dazugehörigen Besatzungen. Die Bundespolizei ist bereits Ende der achtziger Jahre dazu übergegangen, mehrere Besatzungen pro Schiff oder Boot vorzuhalten. Nur durch die im Vergleich zur Anzahl der Schiffe hohe Zahl von Besatzungen ist es möglich, für diese hochwertigen Einsatzmittel eine intensive Auslastung auf See zu erzielen. Die Flotte der Bundespolizei besteht aus sechs modernen, hochseetauglichen, komfortabel ausgestatteten und vielfältig einsetzbaren Patrouillenschiffen und acht Kontroll- und Streifenbooten. Die Einsatzschiffe sind mit ihren Besatzungen an 365 Tagen im Jahr, in mehrtägigen Einsätzen vor den deutschen Küsten in Nord- und Ostsee präsent. Der Einsatz der Kontroll- und Streifenboote erfolgt in mehrstündigen Streifenfahrten in küstennahen Bereichen der Ostsee. Die Überwachung auf See wird durch täglich stattfindende Flüge der navalisierten Hubschrauber vom Typ AS 322 L 1 Superpuma bzw. Bell 212 der Bundespolizeifliegerstaffel Fuhlendorf unterstützt. Zur Durchführung komplizierter und umfangreicher Ermittlungen auf See und zur Seeunfalluntersuchung verfügt die Bundespolizei See über eine Maritime Ermittlungs- und Fahndungseinheit, der auch Polizeitaucher angehören. Angehörige dieser Einheit sind bei allen Seeüberwachungsflügen als Ermittlungsbeamte mit an Bord der Hubschrauber. Im Direktionsbereich See in Neustadt werden alle für den maritimen Einsatz erforderlichen grundsätzlichen, taktischen, logistischen und technischen Fragestellungen bearbeitet. Die spezialfachliche Beratung und Unterstützung des BundespolizeiPräsidiums in Potsdam zu allen maritimen Themen ist on ships under German flag or to prosecute other crimes such as piracy. Beyond the German territorial sea the Federal Police Sea must prevent harmful environmental impacts and prosecute offences against the environment by German and foreign ships. In the field of fishery surveillance the Federal Police Sea supports the surveillance personnel of the Federal Institute for Food and Agriculture. The Federal Police Sea performs investigations on the high seas under the Maritime Security Investigation Act on behalf of the Federal Authority for Maritime Accident Investigations and helps the Federal Customs Service monitor cross-border cash transactions. In addition, the Federal Police Sea provides administrative assistance and helps the federal state police forces with their work. STRUCTURE AND RESOURCES OF THE FEDERAL POLICE SEA These operative tasks are performed by the three Federal Police Sea District Offices based in Cuxhaven, Neustadt and Warnemünde. In addition to a command group the district offices have police ships as well as inspection and patrol boats with the appurtenant crews at their disposal. The Federal Police already started providing several crews per ship or boat in the late 1980s. Only with a – compared to the number of vessels – large number of crews is it possible to intensively utilise the capacities of these high-quality resources at sea. The fleet of the Federal Police consists of six modern sea-going and versatile patrol ships with all modern conveniences and eight inspection and patrol boats. The vessels are present with their crews 365 days a year, in multi-day assignments off the German coasts of the North and Baltic Sea. The inspection and patrol boats perform patrol voyages lasting several hours in near-shore areas of the Baltic Sea. Maritime surveillance is supported by daily flights of the navalised AS 322 L 1 Superpuma and Bell 212 helicopters of the Federal Police Flying Squadron in Fuhlendorf. To perform complex and comprehensive investigations at sea and to examine maritime accidents the Federal Police Sea © Bundespolizei © Bundespolizei © Bundespolizei 16 griephan global security 2/2010

also has a maritime investigation and tracing unit which includes police divers. The members of this unit are on board all helicopters performing maritime surveillance flights as investigating officers. The Department Sea in Neustadt focuses on all basic, tactical, logistical and technical issues required for maritime service. Providing specialised advice and support to the Federal Police HQ in Potsdam on all maritime topics is an important function of the Department Sea. This includes anti-piracy measures, working with national und European authorities and providing support for training in other states. Contributing on a senior and expert level in official agencies, forums and working groups on maritime topics, especially in a European context, has a high priority for the Federal Police Department for Maritime Security. The School and Training Centre for Maritime Policing (MaST) of the Federal Police in Neustadt has become a recognised institution not only in Germany. It regularly and increasingly hosts seminars, trainings and workshops for foreign partner organisations. CROSS-BORDER COLLABORATION For many years the Federal Police Sea has been co-operating very closely and trustfully with the maritime border protection authorities of the neighbour states based on bilateral police agreements. A new quality of co-operation with the foreign partners was achieved by regular joint patrols of the Baltic and North Sea. These joint patrols first started with the Polish Sea Border Protection force and later extended to the Dutch Royal Maarechausse. The joint patrols take place on ships of the Federal Police Sea and of the Polish and Dutch partners. This is a beneficial experience and is constantly used to further develop the joint performance of functions. With this very farreaching form of cooperation the Federal Police Sea has explored eine wichtige Funktion für den Direktionsbereich See. Exemplarisch seien hier die Themen Piraterieprävention, Nationale und Europäische Gremienarbeit sowie Ausbildungsunterstützung für andere Staaten genannt. Die Mitwirkung auf Leitungs- und Expertenebene in Gremien, Foren und Arbeitsgruppen zu maritimen Themen, insbesondere im europäischen Kontext, hat für die Bundespolizei See eine hohe Priorität. Das Maritime Schulungs- und Trainingszentrum (MaST) der Bundespolizei in Neustadt hat sich zu einer, nicht nur in Deutschland, anerkannten Einrichtung entwickelt. Hier finden regelmäßig und mit zunehmender Intensität Schulungen, Trainings- undWorkshopveranstaltungen für ausländische Partnerorganisationen statt. »Eine neue Qualität der Zusammenarbeit mit den ausländischen Partnern wurde mit der regelmäßigen Durchführung gemeinsamer Patrouillenfahrten in Ost- und Nordsee erreicht.« »A new quality of co-operation with the foreign partners was achieved by regular joint patrols of the Baltic and North Sea.« © Bundespolizei griephan global security 2/2010 17

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