griephan

DER KONTEXT Noch viele Jahre nach Ende des Kalten Krieges hielt sich hartnäckig die Gepflogenheit,Vorträge mit der Floskel „Nun, da der Ost-West-Konflikt beendet ist…“ einzuleiten und auf einen „Paradigmenwechsel“ zu verweisen. Eine weitere, der Verleihung des Profunditätspreises würdige Erkenntnis besteht in dem Verweis, dass äußere und innere Sicherheit nicht mehr voreinander getrennt werden können, militärische und zivile Sicherheit zusammen gehören sowie Sicherheit und Verteidigung im Rahmen eines Gesamtkonzeptes betrachtet werden müssen. Fest steht: Es gibt eine partielle Missionskonvergenz zwischen Streitkräften und Polizei, die aber geschichtlich keineswegs grundlegend neu, sondern allenfalls neu im Vergleich zur Zeit des Kalten Krieges in Europa ist! Verteidigung besteht zum Teil aus Sicherheitsaufgaben, überwiegend – aber keineswegs ausschließlich – im Ausland; und Sicherheitsorgane werden – im In- und imAusland – mit Herausforderung konfrontiert werden, die ohne weiteres militärische Dimensionen erlangen können. Unter Technikern ist es schon seit vielen Jahren bekannt: Das Phänomen, dass der vormals bekannte „Spin-off“-Effekt, d.h. die Nutzung militärischer Forschung für zivile Anwendungen, von einem „Spinin“-Effekt, d.h. die Nutzung kommerzieller Forschungsergebnisse für militärische Anwendungen, zumTeil abgelöst wurde. Spätestens seit das Mobiltelefon als Waffe eingesetzt werden kann – so zum Auslösen einer Sprengfalle – wurde deutlich, dass man sich auch militärisch nicht vom Innovationszyklus der kommerziellen Welt abkoppeln kann. Gleichwohl gilt auch, dass kommerziell angebotenen Lösungen oftmals kaum gegenüber den härtesten, bislang nur aus der militärischen Welt bekannten Herausforderungen und Bedrohungen bestehen können.Vor dem Hintergrund der allgemeinenWeiterverbreitung und damitVerfügbarkeit von Hochtechnologie und Know-how werden immer mehr Akteure zunehmend machtvollere Mittel in ihren Händen halten. Das vorherrschende betriebswirtschaftliche Denken der Kostensenkung und -effizienz hat auch die Sicherheits- und Streitkräfte erfasst: Kosten müssen „um jeden Preis“ gesenkt werden, die Effizienz ist zu steigern, Interoperabilität, Standardisierung und Normierung sind sicherzustellen – und der Rest wird „outgesourct“. Sicherheitsbelange scheinen Kosteneinsparungsvorgaben untergeordnet zu sein. Systematisch und Holger H. Mey Spin-off & Spin-in THE CONTEXT Many years after the end of the Cold War it was still quite common to start a speech with the words ‘Now that the East-West conflict is over’ and make some reference to a ‘paradigmatic change’. Another statement worthy of the profoundness award is the realisation that external and internal security can no longer be regarded separately, that military and civilian security belong together, and security and defence must be viewed as part of one general concept. One thing is certain: There is a partial mission convergence between the forces and the police, which is by no means completely new from a historical viewpoint but only new compared to the age of the Cold War in Europe! For one part, defence consists of security tasks, mainly – but by no means exclusively – outside Germany; and security forces will be confronted by challenges – inside and outside Germany – that can easily achieve military dimensions. For many years technicians have already been aware that the former well-known ‘spin-off’ effect, i. e. using military research findings for civilian applications, has been replaced by a ‘spin-in’ effect, i. e. exploiting the results of commercial research for military applications. At the latest since mobile phones can be used as weapons – to detonate a bomb, for example – it has become clear that even the military sphere cannot detach itself from the innovation cycle of the commercial market. At the same time it is true that commercial solutions can often hardly withstand the toughest challenges and threats so far known only from the military world. Against the background of general proliferation and hence availability of high technology and know-how Complexity is nothing new for security. Future developments in security technology focus on comprehensive solution concepts and not on isolated individual capabilities. more and more players will hold ever more powerful means in their hands. The prevailing entrepreneurial way of thinking in terms of cost cutting and cost efficiency has also reached the security and military forces: Costs need to be cut ‘at any price’, efficiency must be increased, interoperability, standardisation and norm-setting must be »Systematisch und ungeachtet aller Warnungen von Experten vergrößern wir unsere Abhängigkeiten von modernen informationstechnologischen Systemen.« »Ignoring all the experts’ warnings we are systematically increasing our dependency on modern IT systems.« © Felbert+Eickenberg/STOCK4B griephan global security 2/2010 9

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