Auszug | eb - Elektrische Bahnen 2-3 | 2020

ISSN 0013-5437 // B 2580 // Jahrgang 118 // www.eb-info.eu 2-3 2020 • Lebenswerk Elektrische Bahn • dcrps 2020 – 1. Internationale Konferenz für die Gleichstrom-Bahnenergieversorgung • Energiesparpotential im Bahnenergie- versorgungsnetz der Basler Verkehrs- Betriebe • Sichere Detektion von fehlerhaften Speiseabschnitten mit VLD • Machbarkeit eines Hybridoberleitungs- bussystems in einer mitteleuropäischen Großstadt • Collaboration as a key factor to success – Renewal of Nexus Metro • Vorteile des Einsatzes niedrig legierter Kupferlegierungen in DC-Oberleitungen • Sensorik für wetterunabhängige Lichtbogenmessung an Oberleitungen • Fahrbare 15-kV-Schaltanlagen – Teil 3 • Geschichte des Bahnkraftwerkes Muldenstein – Teil 2

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49 Standpunkt 118 (2020) Heft 2-3 Systemsprenger F ahrleitungen sind bei elektrischen Bahnen allgegenwärtig. Sie findet man an allen Strecken, auf denen elektrische Triebfahrzeuge fahren, zumindest wenn diese über keine Batterien verfügen, die sie auch ohne Fahrleitung elektrisch fahren lassen. Es war die große Errungenschaft bei der Einführung der elektrischen und Ablösung der Dampf-Traktion, dass bei elektrischen Bahnen Energieträger nicht auf dem Fahrzeug mitgeführt und im Depot oder auf Unterwegsbahnhöfen aufgefüllt werden mussten. Die Energie wurde dort bereitgestellt, wo sie benötig wurde. Das galt als Fortschritt. Elektrische Fahrzeuge waren leistungsfähiger und energieeffizienter. Der Preis dafür war die Notwendigkeit einer Fahrleitung verbunden mit höheren Investitionen und Instandhaltungskosten. Deshalb war und ist es nicht sinnvoll, jede Strecke zu elektrifizieren, sondern nur die, für die eine genügende Verkehrsleistung zu erwarten ist. Früher nutzte man den Begriff Elektrifizierungswürdigkeit. Sie sagt aus, ob es sich lohnt, eine Strecke zu elektrifizieren. Die Basis dafür waren wirtschaftliche Kriterien. Heute kommen auch umweltpolitische Aspekte hinzu: Der (politische) Wunsch nach Verzicht auf fossile Brennstoffe, lokale Emissionsfreiheit und verkehrspolitische Überlegungen können dazu führen, Strecken elektrifizieren zu wollen. Aufgabe der Fahrleitung ist, Energie, die in Unterwerken umgeartet wird, zum Ort sich bewegender Triebfahrzeuge weiterzuleiten. Sie hat spezifische elektrische und mechanische Eigenschaften. Die mechanischen Eigenschaften stellen sicher, dass ein Stromabnehmer die Energie über einen Schleifkontakt zuverlässig entnehmen kann. Am Ende muss die Energiezufuhr unterbrechungsfrei funktionieren. Elektrisch sind die Eigenschaften durch die verwendeten Leitermaterialien und -querschnitte sowie durch geometrische Leiteranordnung bestimmt. Wie bei der Dimensionierung der Unterwerke geht man von Dimensionierungsfahrplänen aus, welche ein beabsichtigtes Beförderungs- und/oder Transportvolumen präsentieren. Dafür wird die Fahrleitung elektrisch zusammen mit den Unterwerken dimensioniert. Allein das bestimmt die Struktur der Bahnenergieversorgung, die Einteilung von Speiseabschnitten, Schutzkonzepte, Instandhaltungspläne und anderes mehr. Nachteilig ist, dass man die Streckenkapazität nicht beliebig erhöhen kann. Und weil auch die Sicherungstechnik die Streckenkapazität begrenzt, ist es auch nicht sinnvoll, Fahrleitungen elektrisch überzudimensionieren. Bauartbedingt ist die Fahrleitung nicht redundant ausführbar. Sie gibt es nur einmal pro Gleis. Fahrleitungen werden nicht selten an den Grenzen ihrer physikalischen Belastbarkeit betrieben. Und zumeist hat sie nur einen Pol oder eine Phase. Bekanntlich brauchen elektrische Betriebsmittel aber mindestens zwei, denn der Stromkreis muss geschlossen sein. Bei Bahnen dient dazu das Gleis. Das kann man auch berühren, ohne dass man einen elektrischen Schlag erleidet, obwohl da nahezu der gleiche Strom hindurchfließt wie durch die Fahrleitung. Das alles wird bei der Dimensionierung von Fahrleitungen und Gleisen berücksichtigt. Der Sicherheit dienen Dimensionierungsgrundsätze, Schutzgeräte und passive Schutzmaßnahmen. Eine höhere Kurzschlusshäufigkeit als bei reinen Übertragungsleitungen ist auch in Betracht zu ziehen. Genau das unterscheidet Fahrleitungen von gewöhnlichen Energieübertragungsleitungen. Ganz offensichtlich wecken Fahrleitungen aufgrund ihrer Allgegenwärtigkeit Begehrlichkeiten Dritter. Juristische Kreise meinen, dass Dritte Anspruch hätten, an Fahrleitungen stationäre Verbraucher oder Einspeiser anschließen zu können. Nun ist das so eine Sache: Juristen waren es auch, die für Strom die Einheit „kWh“ in deutsche Gesetze schrieben. Fahrleitungen sind dafür einfach nicht gemacht. Zumindest nicht unbegrenzt und in letzter Konsequenz. So etwas hätte Einfluss auf das gesamte Bahnenergieversorgungssystem, würde es verkomplizieren und wahrscheinlich auch anfälliger machen. Man stelle sich das einmal bei einer Straßenbahnfahrleitung in Städten vor … Das würde die Leistungsfähigkeit eines Fahrleitungssystems sprengen. Das hat nichts damit zu tun, dass es für Bahninfrastrukturbetreiber sehr wohl interessant sein kann, die Fahrleitung für die Speisung ortsfester Anlagen zu verwenden. Das wird beispielsweise bei Weichenheizanlagen bereits seit Jahrzehnten praktiziert, und es gibt Fälle der Energieeinspeisung in Fahrleitungsanlagen außerhalb von Unterwerken, beispielsweise durch Photovoltaikanlagen. Aber das machen die Bahninfrastrukturbetreiber selbst, und diese wissen, dass die Fahrleitung auch einmal abgeschaltet sein kann. Bahnenergieversorgungsanlagen und deren Fahrleitungen müssen dem Zweck entsprechend so einfach wie möglich sein und ihre eigentliche Bestimmung erfüllen. Nur dann ist das Gesamtsystem auch wirtschaftlich. Dr. Steffen Röhlig Chefredakteur

50 Fokus 118 (2020) Heft 2-3 LebenswerkElektrische Bahn Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Wolfgang Harprecht ist nach einem ereignisreichen Leben am 7. März 2020 kurz vor Vollendung seines 89. Lebensjahres verstorben. Wolfgang Harprecht gehörte zu der heute seltenen Spezies von Führungskräften in Großunternehmen, die den zu leitenden Bereich von der Pieke auf kannten und niemals den Bezug zur Praxis verloren: Manchmal war die Hubbühne von Oberleitungsbaufahrzeugen sein zweiter Arbeitsplatz. Nach dem Elektrotechnikstudium an der Technischen Hochschule Braunschweig und der Technischen Universität (TU) Berlin bis 1955 und nach kurzer Tätigkeit im Dynamowerk von Siemens in Berlin absolvierte er bei der Deutschen Bundesbahn (DB) Laufbahnausbildung und 1958 -prüfung für den höheren technischen Verwaltungsdienst und verschrieb sich ganz der Bahn. Parallel zu einigen Eingangsstationen im Betriebsmaschinen- und im Werkstättendienst sowie im damaligen BundesbahnZentralamt München absolvierte er ein betriebswirtschaftliches Aufbaustudium an der TU München. Erste Auslandserfahrung sammelte Wolfgang Harprecht, von der DB beurlaubt, 1969/70 als Experte für Verkehr und Verkehrswirtschaft bei der Indonesischen Staatsbahn. Zehn Jahre später war er während eines weiteren Auslandseinsatzes als Berater der Ägyptischen Staatsbahn tätig. Überregionales Aufsehen erlangte er als Leiter einer Task Force, welche die Bahnenergieversorgung der S-Bahn München zu den dortigen olympischen Sommerspielen 1972 sicherstellte. Dass man 10MW je Zug nicht einfach aus einer „vorhandenen Steckdose“ ziehen könne, hatte er noch wiederholt klarzumachen, zunächst als Dezernent und dann als Leiter der Zentralen Bahnstromversorgung der DB in Frankfurt am Main. Ab 1976 war er Leiter für Budget, Recht, Personal und Elektrotechnik in der Bahnbauzentrale der DB. 1978 wurde Wolfgang Harprecht in der Hauptverwaltung Leiter des Fachbereiches Planung und war zuständig für verkehrspolitische Fragen, Organisation und Unternehmenskonzeption der DB. 1980 übernahm er dort den Bereich Elektrotechnik, zu dem damals neben Vorhaltung und Betrieb der elektrotechnischen Anlagen auch die Entwicklung elektrischer Triebfahrzeuge gehörte. In den folgenden Jahren prägte sein Wirken die Elektrotechnik der DB nachhaltig und brachte ihm hohe Anerkennung im In- und Ausland. So forcierte er die Entwicklung der Drehstromantriebstechnik. Für die Prototyplokomotiven der Baureihe 120 forderte er den Nachweis der Serienreife. Er erhöhte die Zuverlässigkeit der Elektroanlagen durch Einsatz moderner und modularer Technik. Die Kosten seines Bereiches senkte er durch kaufmännisches Handeln: An Stelle fiskalischer Personalzuteilungen vereinbarte er Budgets mit seinen Führungskräften, und die Investitionen drückte er durch Entwicklung von Normschaltanlagen und Regeloberleitungen. Den Zusammenschluss der elektrotechnischen Dienste der beiden deutschen Bahnen und ihrer Bahnenergienetze betrieb er ab 1989 mit größtem Nachdruck. 35 Jahre lang war Wolfgang Harprecht die lebendige Widerlegung der These, dass man den Beamtenstatus gegen unternehmerisches Denken und Handeln immunisieren müsse: In den frühen 1980er Jahren exerzierte er beispielsweise mit seinem elektrotechnischen Dienst Kostenrechnung, als andere diesen Begriff, überspitzt gesagt, noch mit Bewirtungsabrechnungen assoziierten. Wolfgang Harprecht überraschte sein Gegenüber stets durch Detailwissen und Visionen: Für die ICERekordfahrt 1988 [1] überprüfte er selbst jedes Element der dafür vorbereiteten Oberleitung. Schon vor der Bahnreform propagierte er ein privatrechtlich arbeitendes Bahnenergieversorgungsunternehmen, wie sie einige Jahre später tatsächlich teilweise entstand. Seine Idee einer europäischen Universallo-

51 Fokus 118 (2020) Heft 2-3 komotive erfüllte sich nicht, der Kerngedanke Preis- und Kostendegression findet sich aber heute in dem Familien- und Modulprinzip wieder. Während seiner Zeit bei den deutschen Bahnen arbeitete er in vielen nationalen und internationalen Gremien und setzte dabei besondere Akzente im damaligen Verband Deutscher Elektrotechniker (VDE), in der elektrotechnischen Normung und der Ingenieurausbildung. Insbesondere in den Gremien der UIC legte er mit seiner Arbeit und seinem Fachwissen Grundsteine für viele der heute selbstverständlichen UIC-Merkblätter und den europäischen Normen. In dieser Zeit appellierte er immer wieder für eine Harmonisierung der technischen Vorschriften. Um diesen Ansatz auch zu diskutieren, initiierte Wolfgang Harprecht 1991 die erste internationale Konferenz über elektrische Bahnsysteme in Würzburg. Sie war Blaupause für die seit 2003 im Zweijahresrhythmus sehr erfolgreich durchgeführte Konferenz für die Wechselstrom-Bahnenergieversorgung (acrps). Ende März 1993 trat Wolfgang Harprecht in den Ruhestand. Das zeitliche Zusammentreffen mit der Zusammenführung von Deutscher Bundesbahn und Deutscher Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG Anfang 1994 mag dabei kein Zufall sein. Nach seinem Ausscheiden und mit der Bahnreform konnte der elektrotechnische Fachdienst in dieser integrierten Form nicht fortgeführt werden. Wolfgang Harprecht konnte nach seinem Ausscheiden aus der DB nicht rasten und stellte sich einer neuen Herausforderung. Er unterstütze das ChinaGeschäft der damaligen AEG, später Adtranz. Es galt, die vier deutsch-chinesischen Verkehrsprojekte vorzubereiten, die auf Regierungsebene in der Ära von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl vereinbart worden waren [2]. Zu den Arbeitsschwerpunkten Wolfgang Harprechts zählte die Elektrifizierung der fast 1000 km langen zweigleisigen Bahnstrecke Harbin – Dalian. Die Strecke ging 2002 in Betrieb. Dieses Projekt hat in China für die deutsche Bahnindustrie die Türen geöffnet. Der Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft (DMG) war Wolfgang Harprecht in besonderem Maße verbunden. Mitglied seit 1953, war er von 1956 bis 1993 Vorstandsmitglied. Er wurde 1959 mit dem Beuth-Preis und 1989 mit der BeuthMedaille in Gold geehrt. Im Jahr 1997 wurde ihm die Beuth-Ehrenmedaille in Anerkennung seiner Verdienste bei der Einführung der Drehstrom-Antriebstechnik und der Fortentwicklung des 162/3 -Hz-Bahnstromsystems verliehen. Wolfgang Harprecht engagierte sich in der Zeit von 1982 bis 1993 als federführender Herausgeber für die Fachzeitschrift eb – Elektrische Bahnen. Schon Jahre zuvor war er der eb als Beirat sowie durch die Arbeit als Redaktionsmitglied und später als Chefredakteur eng verbunden. Er sorgte persönlich dafür, dass die Themen seines Arbeitsgebiets regelmäßig, fachlich fundiert und ausführlich in der ebdokumentiert wurden. Bis in die Gegenwart teilte er als Beiratsmitglied und Ehrenbeirat der Zeitschrift seine Erfahrungen und gab Hinweise basierend auf seiner Berufstätigkeit und zahlreichen Auslandseinsätzen. Beispielsweise sind dies Einschätzungen zu den Erwartungen und zur Sichtweise von eb-Lesern, vor allem solchen mit fremdsprachigem Hintergrund, oder auch zu Auswirkungen des Wandels in der Medienlandschaft, der längst auch das Gebiet der Fachliteratur erfasst hat. Leser kennen ihn über die deutschen Grenzen hinaus auch als Autor einer Reihe von Fachaufsätzen, die technische Lösungen im Einzelnen behandeln, seinerzeitige Großprojekte beschreiben, den Entwicklungsstand von Bahnen dokumentieren oder bis in den Bereich bahntechnischer Visionen reichen. Neben seinem unkonventionellen Arbeitsstil beeindruckte Wolfgang Harprecht durch unbeugsame Konsequenz nach allen Richtungen beim Verfolgen und Verteidigen seiner weit gesteckten Ziele und klaren Positionen. Dies kumulierte bei hochsensiblen Themen wie der Arbeits-, Betriebs- und öffentlichen Sicherheit in den Oberleitungsanlagen der Bahnen. Er setzte durch und konnte Kraft seines öffentlichrechtlichen Status‘ gegen schwerste Pressionen durchhalten, dass während seiner DB-Amtszeit Fahrleitungen entweder weiter unter Spannung bleiben oder aber entfernt werden müssen, damit sie in abgeschaltetem Zustand nicht eine trügerische UnGefahr mit Blick auf die gleich aussehenden eingeschalteten Fahrleitungen darstellen können. Die ihm eigene, manchmal durchaus eigenwillige, jedoch überaus erfolgreiche Vorgehens- und Arbeitsweise hat Akzente beim elektrotechnischen Fachdienst beider deutschen Bahnen gesetzt. Einen ganz anderen Chef und Partner konnte erleben, wer seinen hohen Anforderungen entsprach, wer ihn außerdienstlich traf oder ihn bei den gesellschaftlichen Anlässen erlebte. Mit Wolfgang Harprecht verlieren wir einen der letzten Kämpfer für eine gesamtheitliche Betrachtung des Systems Elektrische Bahn. Dirk Behrends Für die Gremien der Zeitschrift eb – Elektrische Bahnen Thomas Groh Dr. Steffen Röhlig Federführender Herausgeber Chefredakteur [1] Harprecht, W.; Kießling, F.; Seifert, R.: „406,9 km/h“ - Weltrekord auf der Schiene - Energieübertragung bei der Rekordfahrt des ICE der DB. In: Elektrische Bahnen 86 (1988), H. 9, S. 268-289. [2] Harprecht, W.: Vierzig Jahre elektrischer Betrieb bei den chinesischen Eisenbahnen. In: Elektrische Bahnen 96 (1998), H. 5, S. 122-141.

52 Inhalt 118 (2020) Heft 2-3 Standpunkt S. Röhlig Systemsprenger 49 Fokus Lebenswerk Elektrische Bahn 50 S. Röhlig dcrps 2020 – 1. Internationale Konferenz für die Gleichstrom-Bahnenergieversorgung 54 Fachwissen Y. Flückiger, K. Gafner Energiesparpotential im Bahnenergie- versorgungsnetz der Basler Verkehrs- Betriebe 58 Energy saving potential in the traction current supply network of Basler Verkehrs-Betriebe Economie d’énergie de traction dans le réseau Basler Verkehrs-Betriebe T. Greif Sichere Detektion von fehlerhaften Speiseabschnitten mit VLD 66 Safe detection of defective feeding sections with VLD Détection sûre de section d’alimentation en défaut avec un dispositif limiteur de tension F. Bartels, A. Müller, S. Körner Machbarkeit eines Hybridoberleitungs- bussystems in einer 72 mitteleuropäischen Großstadt Fesability of a hybrid trolleybus system in a central European city Faisabilité d’un systeme de trolleybus hybrides dans une ville d’Europe centrale Engineering C. Bacher, N. Dolphin Collaboration as a key factor to success – Renewal of Nexus Metro 78 Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg – die Erneuerung der Nexus Metro La coopération comme clé du succès – le renouvellement du métro Nexus Fachwissen F. Pupke, J. Thiede, F. Aufschläger Vorteile des Einsatzes niedrig legierter Kupferlegierungen in DC-Oberleitungen 85 Advantages of using low-alloyed copper alloys in DC overhead lines Avantages de l’utilisation d’alliages de cuivre faiblement alliés dans les lignes aériennes de contact à courant continu 2-3 / 2020 Titelbild Quelle: SBB/Claudio Bader

53 Inhalt 118 (2020) Heft 2-3 Praxiswissen T. Noack Sensorik für wetterunabhängige Lichtbogenmessung an Oberleitungen 94 Sensor technology for weather-independent arc measurement on overhead contact lines Mesure d’arcs sur ligne aérienne de contact avec des capteurs adaptés à tout type de temps Historie U. Behmann Fahrbare 15-kV-Schaltanlagen – Teil 3 97 S. Graßmann Geschichte des Bahnkraftwerkes Muldenstein – Teil 2 101 Nachrichten 104 Impressum 112 Termine U3 Furrer Frey b a u t F a h r l e i t u n g e n ® www.furrerfrey.ch Furrer+Frey AG Ingenieurbüro, Fahrleitungsbau Thunstrasse 35, Postfach 182 CH-3000 Bern 6 Telefon +41 31 357 61 11 Telefax +41 31 357 61 00 Anzeige

54 Fokus 118 (2020) Heft 2-3 dcrps 2020– 1. Internationale Konferenz für die Gleichstrom-Bahnenergieversorgung Die dcrps 2020 war eine Premiere: Es war die erste Konferenz mit dem Schwerpunkt GleichstromBahnenergieversorgung, die in Anlehnung an die etablierte acrps, die bisher neun Mal in Leipzig stattfand, organisiert wurde. Das große Interesse schon auf Seiten der Referenten zwang die Veranstalter, die 25Vorträge auf zwei volle Tage zu verteilen. Das Angebot wurde von rund 450 Experten aus 14 Ländern angenommen. Nach der acrps Ende März 2019 wurde von zahlreichen Beteiligten die Frage gestellt, ob ein vergleichbares Veranstaltungsformat nicht auch mit dem Schwerpunkt Gleichstrom-Bahnenergieversorgung organisiert werden könnte. Nach kurzer Diskussion haben sich die Veranstalter entschlossen, es zu versuchen. Für die dcrps 2020 wurde der Veranstalterkreis erweitert. Diesem gehören nunmehr auch der Verband der Bahnindustrie in Deutschland e. V. (VDB), der Fachbereich A2 „Bahnen mit elektrischen Antrieben“ in der Energietechnische Gesellschaft (ETG) des VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. und die Firma SPL Powerlines Deutschland GmbH an. Aufgrund des kurzen Vorlaufs musste 2020, abweichend zur acrps, ein Termin Ende Januar akzeptiert werden, was sich aber im Nachhinein nicht als problematisch erwies. Schlussendlich zeigte sich, dass die dcrps 2020 bereits bei ihrer ersten Ausgabe die größte Konferenz ihrer Art wurde und rund 450 Experten anzog. Diese kamen von Nahverkehrsunternehmen und Bahnverwaltungen, aus der Bahnindustrie, von Ingenieurunternehmen, Zertifizierungsunternehmen und Behörden. Etwa 30% der Teilnehmer kamen aus dem Ausland. Das Vortragsprogramm basierte auf einem Call for Papers, worauf rund 35 Vorschläge eingereicht wurden. Die Veranstalter waren daher gezwungen, für das Konferenzprogramm eine Auswahl zu treffen, wohl wissend, dass es weitere interessierende Themen gegeben hätte. Die Vorträge hätten auch drei Tage füllen können. Die dcrps wurde eröffnet mit einer Keynote von Dr. Ben Möbius, Hauptgeschäftsführer des VDB. In seinem Beitrag betonte er die Leistungsfähigkeit der deutschen Bahnindustrie und deren Bereitschaft, an der Bewältigung der Aufgaben bei der Bahnelektrifizierung und beim Wandel hin zur allgemeinen Elektromobilität mitzuwirken. Die erste Session begann mit einem Vortrag von Ralf Klinge (Rail Power Systems) über die Entwicklung und über Besonderheiten der Bahnenergieversorgungsanlagen bei chinesischen Metros. Besonders beeindruckend sind dabei die Länge der jährlich neu erbauten Strecken. Dies führt dazu, dass in China heute die weltweit größten Netze existieren [1]. Caroline Bacher und Noel Dolphin (beide Furrer+Frey) berichteten über Herausforderungen bei der ErneueKonferenzhotel (Fotos: günther-fotodesign).

58 FachwissenBahnenergieversorgung 118 (2020) Heft 2-3 Energiesparpotential im Bahnenergieversorgungsnetz der Basler VerkehrsBetriebe Yves Flückiger, Basel (CH); Kevin Gafner, Thun (CH) Die Basler Verkehrs-Betriebe haben festgestellt, dass auf ihren Fahrzeugen ein erheblicher Anteil der regenerierten Bremsenergie über die Bremswiderstände der Fahrzeuge verheizt wird und somit ungenutzt bleibt. ENOTRAC hat daraufhin Maßnahmen zur Reduktion dieser vorhandenen rheostatischen Bremsenergie in Bezug auf deren Nutzen und Rentabilität mittels Simulationen und einer Wirtschaftlichkeitsrechnung überprüft. Energy saving potential in the traction current supply network of Basler Verkehrs-Betriebe The Basler Verkehrs-Betriebe have established that a considerable proportion of the regenerated braking energy in their vehicles is wasted by the braking resistors of the vehicles and thus remains unused. ENOTRAC then examined measures to reduce this existing rheostatic braking energy in terms of its benefits and profitability by means of simulations and a profitability calculation. Economie d’énergie de traction dans le réseau Basler Verkehrs-Betriebe Les transports publics bâlois (Basler Verkehrs-Betriebe) ont constaté qu’une part considérable de l’énergie générée par leurs véhicules au freinage est dissipée dans les rhéostats sans être revalorisée. ENOTRAC a examiné, d’un point de vue énergétique et économique, diverses mesures visant à réduire cette énergie rhéostatique au moyen de simulations dynamiques de l’exploitation et d’un calcul de rentabilité. 1 Einführung Die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) haben in den letzten Jahren basierend auf Messungen festgestellt, dass auf ihren Tram-Fahrzeugen ein namhafter Anteil an ungenutzter Bremsenergie in den Bremswiderständen verheizt wird. Basierend auf dieser Erkenntnis hat die ENOTRAC AG daraufhin im Auftrag der BVB eine Studie mittels Netzberechnungen durchgeführt, um mögliche Maßnahmen zur Reduktion dieser vorhandenen rheostatischen Bremsenergie zu untersuchen. Dabei standen insbesondere die folgenden Fragen im Fokus: • Ist mit der heutigen auf dem BVB-Netz verkehrenden Flotte und mit dem heute vorhandenen Traktionsstromnetz eine komplette Nutzung der rekuperierten Energie möglich? • Sind lokale Unterschiede zwischen Innenstadtbereiche und einzelnen Stichstrecken in den Aussenbezirken festzustellen? Die Studie lieferte eine Grundlage, mit welcher BVB Diskussionen wie zu CO2 -Einsparung, Marketing oder Einhaltung Leitbild führen kann. Zudem war das Ziel der Studie, erstmals die Größenordnung des Nutzens sowie der Rentabilität möglicher Maßnahme aufzuzeigen. Die Optimierung einer möglichen Maßnahme (wie Dimensionierung, Regelkennlinien und Standorte) hinsichtlich Effizienz und KostenNutzen-Verhältnis, war allerdings nicht Inhalt der Studie. 2 Hintergrund 2.1 Städtisches Verkehrsnetz in Basel Die BVB betreiben ein städtisches Verkehrsnetz, welches mit neun Tramlinien und gut 90 Tram-Kompositionen die Basler Innenstadt sowie die nähere Agglomeration bedient. Das eng vermaschte Streckennetz in Basel sowie die hohe Taktdichte auf den einzelnen Linien erheben hohe Ansprüche an die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung. Diese wird durch die Industrielle Werke Basel (IWB) gewährleistet. Sie versorgen das Bahnenergieversorgungsnetz mit DC 600V über 25 Unterwerke, welche ab Ortsnetz gespeist sind. Das Fahrleitungsnetz der BVB ist zudem an drei Orten mit dem Netz des Verkehrsbetreibers Baselland Transport (BLT) aus dem benachbarten Halbkanton Basel Land verbunden. Die BLT verkehren dabei zusätzlich mit vier Linien auf der BVB-Infrastruktur.

65 BahnenergieversorgungFachwissen 118 (2020) Heft 2-3 Literatur [1] Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr – ESöV 2050. https://www.bav.admin.ch/bav/de/home/ themen-a-z/umwelt/ESoeV2050.html; aufgerufen 2020-02-24. [2] EN50163: Bahnanwendungen – Speisespannungen von Bahnnetzen vom November 2004, CENELEC. [3] Verordnung des UVEK über das Rechnungswesen der konzessionierten Unternehmen RKV, 742.221, 01.03.2016. Autoren B. Sc. Y v es F lü ck ig er (32), Studium in Medizinaltechnik an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Muttenz, Leiter Standards im Geschäftsbereich Infrastruktur bei der BVB. Adresse: BVB Basler Verkehrs-Betriebe, Münchensteinerstrasse 87, 4052 Basel, Schweiz; Fon: +41 61 685 28 90; E-Mail: yves.flueckiger@bvb.ch B. Sc. F H K ev in G a f ner (28), Studium in Elektro- und Kommunikationstechnik an der Berner Fachhochschule des Kantons Bern; Projektingenieur im Bereich Bahntechnik bei der ENOTRAC AG. Adresse: ENOTRAC AG, Abteilung Bahnstrom, Seefeldstrasse 8, 3600 Thun, Schweiz; Fon: +41 33 34666-11, Fax: -12; E-Mail: kevin.gafner@enotrac.com Transmission is our Mission Leistungen für Leitungen www.europten.com European Trans Energy EUROPTEN ist ein z e n t r a l e u r o p ä i s c h e r Spezialist im Bereich Fahr- und Freileitungsbau und setzt bei seinen Aktivitäten mit 100-jähriger Erfahrung auf das Prinzip der höchsten Qualität. EUROPTEN ist ein innovatives Unternehmen, verfügt über moderne, effiziente Maschinen und investiert nachhaltig in das Thema Sicherheit und Ausbildung der Mitarbeiter. Halle 25 Stand 410

66 FachwissenBahnenergieversorgung 118 (2020) Heft 2-3 Sichere Detektion von fehlerhaften Speiseabschnitten mit VLD Tomas Greif, Erlangen Die in der EN50122 vorgeschlagenen Spannungsbegrenzungseinrichtungen (VLD) lassen sich leicht mit Standardautomatisierungsgeräten realisieren. Sind diese mit Automatisierungsschnittstellen versehen, lassen sich die entlang der Strecke aufgenommenen Istwerte zentral auswerten. Umgekehrt lassen sich die VLD aber auch steuern. Durch eine Kombination aus Istwerten, Meldungen und Steuerkommandos können Fehler automatisiert lokalisiert werden. Im Ergebnis kann die Verfügbarkeit von Strecken erhöht werden. Ein tiefgehendes Systemverständnis ist eine notwendige Voraussetzung. Safe detection of defective feeding sections with VLD Voltage Limiting Devises (VLD) suggested in EN50122 can be realized easily with standard automation equipment. If they are equipped with automation interfaces the actual values alonga line can be evaluated automatically. Vice versa the VLD can be controlled. By a combination of actual values, message and control commands, faults can be located automatically. As a result, the availability of a line can be increased. A profound system know-how is a necessary precondition. Détection sûre de section d’alimentation en défaut avec un dispositif limiteur de tension Les dispositifs limiteurs de tension cités dans la norme EN 50122 peuvent être aisément réalisés avec des équipements d’automaticité standards. S’ils sont équipés avec des interfaces d’automaticité, les valeurs réelles le long de la voie peuvent être évaluées automatiquement. De même, le dispositif limiteur de courant peut être piloté. A l’aide d’une combinaison de valeurs réelles, de messages et de commandes à distance, les défauts peuvent être automatiquement localisés. Le résultat est que la disponibilité de la ligne peut être améliorée. Une compréhension intense du système est une condition indispensable. 1 Einführung Bahnenergieversorgungsanlagen für Gleichstrombahnen werden isoliert gegenüber Erde betrieben. Daraus ergibt sich die Anforderung, den Isolationszustand zu überwachen. Isolationsfehler können Streuströme erheblich vergrößern [1]. Gleichzeitig soll das Schienenpotential begrenzt werden [2]. Diese Funktion erfüllen Spannungsbegrenzungseinrichtungen (VLD – Voltage Limiting Devices) nach EN50526-2 [3]. Nach dem Auftreten einer Überspannung ist es zur Minimierung von Streuströmen sinnvoll, die VLD wieder zu öffnen. Um die Abläufe in den VLD zu steuern, werden Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) eingesetzt. Diese Steuerungen lassen sich leicht an Automatisierungssysteme anbinden. Bei entsprechender Anbindung können die VLD auch angesteuert werden. Mit einem entsprechenden Algorithmus können Isolationsfehler aktiv lokalisiert werden. 2 Isolationsfehler Während des Betriebes einer Metro kam es zu einem Wassereinbruch in einen Kabeltrog mit Speisekabeln. Die Isolierung der nicht geschirmten Speisekabel war fehlerhaft. Es kam zu einer nicht metallischen, aber auch nicht wirklich hochohmigen Verbindung. Die Größe des Fehlerstroms hat nicht zur Schutzabschaltung ausgereicht. Es trat ein hohes Schienenpotential auf. Die Überlagerung des Schienenpotentials durch den Fehler und des betrieblichen Schienenpotentials führte zu einer Abschaltung des Systems. Die Fehlersuche war schwierig, da das höchste Potential nicht notwendigerweise an der Fehlerstelle auftritt. Der zusätzliche Speisestrom führt nicht notwendigerweise zu einer Schutzauslösung, da sehr viel Auslegungsreserve für Unterwerksausfälle vorhanden ist. Bei langen Strecken ist der Rückleiter-Erde-Widerstand recht gering, sodass einige 100A Fehlerstrom nicht notwendigerweise zu extremen Potentialen führen. An der Fehlerstelle wird trotzdem erheblich große Leistung umgesetzt. Eine Abschätzung ergab eine

72 FachwisseneTransport 118 (2020) Heft 2-3 Machbarkeit eines Hybridoberleitungsbussystems in einer mitteleuropäischen Großstadt Felix Bartels, André Müller, Sven Körner, Dresden Strengere Energieeffizienz- und Emissionsgrenzwerte sind für Verkehrsunternehmen Gründe, verstärkt elektrisch angetriebene Busse zu beschaffen. Neben batterieelektrischen Bussen bieten sich auch fahrleitungsgebundene Systeme an. Für eine Stadt wurde die Machbarkeit eines Hybridoberleitungsbussystems als Ersatz für Busse mit Verbrennungsmotoren aus technischer, ökonomischer und ökologischer Sicht geprüft. Fesability of a hybrid trolleybus system in a central European city Stricter energy efficiency and emission limits are reasons for transport operators to procure electrically powered buses. In addition to battery-electric buses, trolleybuses are in focus. For a city, the feasibility of a hybrid-trolleybus system as a replacement for diesel buses was examined from a technical, economic and ecological point of view. Faisabilité d’un systeme de trolleybus hybrides dans une ville d’Europe centrale Une efficacité énergétique de haut niveau ainsi que des limites d’émission sont les raisons justifiant des opérateurs à acquérir des bus à propulsion electrique. En plus des bus électriques à batterie, les trolleybus sont concernés. Pour une ville, la faisabilité d’un systeme de trolleybus hybride en remplacement des bus diesel a été examinée suivant les points de vue technique, économique et écologique. 1 Einführung Mitteleuropäische Großstädte stehen vor der Aufgabe, die Verwendung fossiler Energieträger im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aus Gründen der Emissionsreduzierung (Kohlendioxid, Stickoxide, Feinstaub, Lärm und Ähnliches) zeitnah so stark wie möglich zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, werden verschiedene Lösungsansätze und Technologiealternativen in Betracht gezogen. Es stellt sich die Frage, welche Technologiekonzepte angesichts der hohen Leistungsanforderungen im ÖPNV mitteleuropäischer Großstädte technisch machbar, effizient und wirtschaftlich sind, so dass der Transformationsprozess zügig vollzogen werden kann. Im Rahmen der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie des Bundes und gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) haben die Konsortialpartner Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), PTV Transport Consult GmbH (PTV), Institut für Bahntechnik GmbH (IFB) und Technische Universität Dresden, Professur für Elektrische Bahnen (TUD) in einer Machbarkeitsstudie die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit eines Hybridoberleitungsbussystems für ein konkretes Omnibusteilnetz einer Großstadt gemeinsam mit einem Verkehrsunternehmen untersucht. Von Busverkehrsunternehmen werden aktuell noch vorrangig Dieselbusse für den Betrieb eingesetzt. Nach [1] sind Netze mit stark gebündelten Verkehren, dichten Takten und hoher Fahrgastnachfrage ideale Einsatzgebiete für den bewährten Oberleitungsbus. Der Hybridoberleitungsbus (im weiteren HObus oder Streckenlader) vereint die betriebserprobte und zuverlässige Technik von konventionellen Oberleitungsbussen mit moderner Energiespeichertechnologie. Er ermöglicht auf diese Weise einen leistungsfähigen und verlässlichen Betrieb ohne Einschränkungen, insbesondere für Linien mit hohem Passagieraufkommen und langen Umläufen. Durch den Einsatz eines Energiespeichers an Bord der Fahrzeuge können Abzweige, Kreuzungen oder Streckenabschnitte, wo eine Elektrifizierung aufwändig oder aus ästhetischen Gründen unerwünscht ist, fahrleitungsfrei ausgeführt werden [2]. Dadurch werden Freiräume für eine stadtverträgliche und technisch flexible Gestaltung der elektrischen Netzinfrastruktur geschaffen. Zudem ergeben sich im Betrieb zusätzliche Freiheitsgrade, so dass beispielsweise Baustellen umfahren werden können. Die Möglichkeit, den Energiespeicher während des Betriebs unter der Oberleitung aufzuladen, garantiert große Reichweiten und ist gegenüber Schnellladekonzepten vorteilhaft, da die niedrigeren

78 EngineeringContact Lines 118 (2020) Heft 2-3 Collaboration as a key factor to success–Renewal of Nexus Metro Caroline Bacher, Bern (CH); Noel Dolphin, Cardiff (UK) Since 2016 Furrer+Frey AG and Nexus Metro have been working to renew the 1500V DC overhead line network in Tyne and Wear region in the UK, first installed in the 1970’s. Through collaboration joint with engineering diligence, the project overcame the challenges of this renewal, which included a lack of infrastructure knowledge, training of the installation teams and upgrading equipment to modern standards and practices. Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg – die Erneuerung der Nexus Metro Seit 2016 arbeiten Furrer+Frey AG und NexusMetro an der Erneuerung der 1500VDC Fahrleitungsanlagen aus den 1970er Jahren in der Region Tyne and Wear im Vereinigten Königreich. Durch Zusammenarbeit und technische Sorgfalt hat das Projekt die Herausforderungen dieser Erneuerung, zu denen mangelnde Kenntnisse der Infrastruktur, die Schulung der Installationsteams und die Anpassung der Ausrüstung an moderne Standards und Praktiken gehörten, gemeistert. La coopération comme clé du succès – le renouvellement du métro Nexus Depuis 2010, Furrer+Frey SA et Nexus Metro travaillent au renouvellement des caténaires 1500V DC des années 1970 dans la région de Tyne and Wear au Royaume-Uni. Grâce à la collaboration et à la diligence technique, le projet a surmonté les difficultés de ce renouvellement, qui comprenaient un manque de connaissance de l’infrastructure, la formation des équipes de montage et l’adaptation des équipements aux normes et pratiques modernes. 1 Introduction What was intended to be a simple cantilever replacement of the DC overhead line equipment on Nexus Metro turned out to be a challenging renewal and modernisation project. Underestimation, simplification and lack of overhead line system knowledge led to a head-in-the-sand mentality at the start of the project. Both parties – individually and jointly – had to overcome the challenging start to the project in order to reach a point where the opportunities of the scheme could become fully utilised. What could have ended as a disaster is now on the road to becoming a benchmark modernisation project. Nexus Metro and Furrer+Frey have decided to share the experience gained throughout this at times painful process, in order to encourage other local networks not to fear, but properly tackle the challenges of a modernisation, and bring their networks to a new technology level. 2 History of Nexus Nexus Metro covers the Tyne and Wear region in North East England, and encompasses the area around the Tyne and Wear Rivers. The Metro connects the cities of Newcastle and Sunderland as well as the surrounding towns, suburbs, industry and airport. The current light railway Metro was conceived in the 1970’s, but is based on a much older railway. Most of the network reused existing railway infrastructure that was constructed at the end of the 19t h century. Originally, these railways were electrified in the early 20th century with 600V DC third rail system. The 1950’s and 1960’s saw a decline in the ridership in the region, with increasing car growth. Much of the infrastructure and train fleets were at the endof-life by the 1960’s. Due to this ridership decline and the need to renew the infrastructure it was decided to de-electrify the network and the electric trains were replaced by slower diesel. Essentially this period saw the “managed decline” of the region’s network [1; 2]. By the start of the 1970’s it was clear that the lack of adequate transport infrastructure was holding back the economy of the region. In 1971 a UK government-backed report recommended investing in a light rail network. Construction work on the new Metro commenced in 1974, and was one of the largest urban transport projects in the UK in the 20t h century. The concept was to deliver a modern, fast and reliable network. To deliver this modern network, it

85 FahrleitungenFachwissen 118 (2020) Heft 2-3 Vorteile des Einsatzes niedrig legierter Kupferlegierungen in DC-Oberleitungen Frank Pupke, Hettstedt; Jens Thiede, Fritjof Aufschläger, Dresden Auf Grund gestiegener Anforderungen an die Energieübertragungskapazität von Fahrleitungen erscheint es sinnvoll, die Vorteile niedrig legierter Kupferlegierungen zur nachhaltigen Ressourcenschonung zu nutzen. Viele Fahrleitungen lassen sich hinsichtlich der Querschnitte, zulässigen Betriebstemperaturen und Installationseigenschaften durch Einsatz weiterentwickelter Werkstoffe optimieren. Advantages of using low-alloyed copper alloys in DC overhead lines Because of increasing requirements for the energy transmission capacity of Overhead Contact line Systems (OCS) it seems sensible to use the advantages of low alloyed copper alloys in respect of sustainable consumption of resources. Many OCS may be optimized in terms of cross sections, permissible temperatures and ease of installation by using more advanced materials. Avantages de l’utilisation d’alliages de cuivre faiblement alliés dans les lignes aériennes de contact à courant continu Compte tenu de l’accroissement des exigences en matière de capacité de transport d’énergie des lignes aériennes de contact, il semble judicieux d’utiliser les avantages des alliages de cuivre faiblement alliés pour une consommation durable des ressources. Les systèmes caténaires peuvent être optimisés en terme de sections de câbles, de températures admissibles, et de propriétés d’installation en utilisant des alliages plus performants. 1 Einführung Fahrleitungen für die DC-Versorgung müssen bedingt durch die geringeren Betriebsspannungen in der Regel die für die Traktion benötigte Energie mit höherer Stromstärke als im Falle der AC-Versorgung übertragen. Häufig werden bei DC-Versorgung sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr noch Tragseile und Fahrdrähte aus reinem Kupfer mit entsprechend großen Querschnitten verwendet. Zunehmend haben sich in den letzten Jahren alternative Werkstoffe für die Kupfer-Fahrdrähte auch Legierungen wie Kupfer-Silber CuAg0,1 und VALTHERMO® CuSn0,1 durchgesetzt. Hintergrund für diese Umstellung sind die höhere Lebensdauererwartung und die sehr gute Wärmebeständigkeit dieser Legierungen bei gleicher elektrischer Leitfähigkeit wie der von reinem Kupfer. Dies führt zu signifikanten Einsparungen bei den Lebenszykluskosten [1; 2]. Durch die verbesserte Wärmebeständigkeit der Legierungen wird unter der Voraussetzung der gleich hohen elektrischen Leitfähigkeit von 97% IACS (International Annealed Copper Standard) die potenzielle Energieübertragungskapazität erhöht. Nach EN50119 [3] ist die zulässige Dauertemperatur von Legierungen mit einer Wärmebeständigkeit wie von CuAg0,1 und CuSn0,1 höher als bei reinem Kupfer Cu-ETP (Electrolytic Tough-Pitch, Kupfergehalt mindestens 99,9%). Die hohe thermische Beständigkeit dieser Legierungen ist ebenso die Ursache für eine stark verringerte Kriechneigung der daraus gefertigten Leiter unter der lebenslangen mechanischen Zugkraftbelastung in der Oberleitung. Beim Austausch verschlissener Fahrdrähte durch legierte Fahrdrähte macht sich dies wirtschaftlich unter anderem durch den möglichen Wegfall von Nachregulierungsarbeiten bereits im ersten Jahr nach der Installation positiv bemerkbar. Es ist also naheliegend, auch für die Tragseile Alternativen zu suchen, mit denen eine deutlich verbesserte Langzeitstabilität der Geometrie des Kettenwerks erreicht werden kann. Bei vollständiger Verwendung wärmebeständiger Werkstoffe mit maximaler elektrischer Leitfähigkeit lässt sich das Potenzial zur Erhöhung der Energieübertragungskapazität optimal nutzen. Dies eröffnet die Möglichkeit, höhere Verkehrsdichten beziehungsweise Zugfolgen sowie steigende Energiebedarfe für Klimatisierungseinrichtungen in den Zügen mit einem Minimum an Rohstoffeinsatz zu realisieren. Deshalb wurden durch die Firma Elcowire Rail GmbH (vormals nkt cables GmbH) Tragseile aus dem bereits seit 2012 für Fahrdrähte erfolgreich eingesetzten Werkstoff VALTHERMO CuSn0,1 entwickelt.

94 PraxiswissenFahrleitung 118 (2020) Heft 2-3 Sensorik für wetterunabhängige Lichtbogenmessung an Oberleitungen Thomas Noack, Halle/Saale Die Laufgüte von Stromabnehmern hat einen erheblichen Einfluss auf den Verschleiß und die Betriebssicherheit der Infrastruktur sowie des Fahrzeuges. In einigen Ländern wird sie unter anderem mit der Lichtbogenmessung beurteilt. Dabei sind die normativ geforderten Parameter einzuhalten und Umwelteinflüsse zu reduzieren. Fortschrittliche Sensorik von TÜV SÜD Rail hilft Hindernisse zu überwinden und Fehler zu vermeiden. Sensor technology for weather-independent arc measurement on overhead contact lines The operation quality of pantographs has a significant impact on the wear and operational safety of the infrastructure and the vehicle. In some countries, it is assessed using, among other things, the arc measurement. The normatively required parameters must be observed and environmental influences reduced. Advanced sensors from TÜV SÜD Rail help remove obstructions and avoid errors. Mesure d’arcs sur ligne aérienne de contact avec des capteurs adaptés à tout type de temps La bonne utilisation des pantographes a un impact significatif sur l’usure et la sécurité d’exploitation de l’infrastructure et des véhicules. Dans certains pays, c’est la méthode de mesure des arcs qui est utilisée. Les paramètres repris dans les normes doivent être respectés et les influences environnementales réduites. Les capteurs évolués de TÜV SÜD permettent de lever des obstacles et d’éviter des erreurs. 1 Einführung Im Zulassungsverfahren für Schienenfahrzeuge in Europa wird unter anderem die Interaktion zwischen den Stromabnehmern und der Oberleitung untersucht. Neben Sicherheitsaspekten geht es dabei auch um die Verschleißminimierung. Die normative Grundlage für diese Messungen bildet die EN50317 [1], in der drei Verfahren zur Bewertung beschrieben werden: die Fahrdrahtanhub-, Kontaktkraft- und die Lichtbogenmessung. Die Auswahl des Messverfahrens richtet sich nach den Netzzugangsrichtlinien des Infrastrukturbetreibers, in Deutschland die DB Netz AG, sowie den nationalen technischen Regelwerken der Zulassungsbehörde (NNTR) des Landes, in dem das Fahrzeug zugelassen werden soll. Diese gelten zusätzlich zu den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität des Eisenbahnsystems der Europäischen Union (TSI Energie 1301/2014/EU [2] und TSI LOC&PAS 1302/2014/EU [3]), da diese die Entscheidung offenhalten. Ein Grund dafür sind die unterschiedlichen Bahnenergieversorgungssysteme in Europa. Lichtbögen treten wegen unterschiedlicher elektrischer und mechanischer Eigenschaften beim Betrieb in Gleichspannungsnetzen grundsätzlich häufiger auf als in Wechselspannungsnetzen. Daher kommt in diesen Ländern, beispielsweise in Frankreich und Italien, oftmals die Lichtbogenmessung zum Einsatz. In der Schweiz, Österreich, Skandinavien und Deutschland ist sie bei der Fahrzeugzulassung hingegen nicht anerkannt. Lichtbogenmessungen können dennoch zur Plausibilitätsprüfung und zur allgemeinen Bewertung der Stromabnahmequalität herangezogen werden. Denn während die Kontaktkraftmessung die mechanische Seite der Interaktion von Stromabnehmer und Oberleitung betrachtet, beurteilt die Lichtbogenmessung vor allem die elektrischen Aspekte. 2 Schäden durch Lichtbögen Lichtbögen können entstehen, wenn die Schleifleiste des Stromabnehmers den Kontakt zur Oberleitung verliert. Das geschieht beispielsweise durch Schwingungen der Oberleitung, die bei jeder Fahrt durch den Stromabnehmer verursacht werden. Die Hitze des Lichtbogens führt dann zu Schäden an der Schleifleiste und am Fahrdraht, dem so genannten elektrischen Verschleiß. Um diesen zu reduzieren, muss die Anzahl der Lichtbögen möglichst geringgehalten werden. Eine Möglichkeit wäre, die Kontaktkraft zu erhöhen. Das hätte allerdings auch einen erhöhten mechanischen Verschleiß der Bauelemente durch Reibung und einen größeren Anhub des Fahrdrahts zur

97 Historie 118 (2020) Heft 2-3 Fahrbare 15-kV-Schaltanlagen Schluss zu eb 12/2019, Seiten 499–501 Das zum Hochstellen der Fahrleitungsspannung auf der Geislinger Steige hergerichtete fahrbare Schalterwerk mit Zusatzumspanner (fSWmZ) war im Mai 1951 in deren bergseitigem Bahnhof Amstetten (Seite Ulm) aufgestellt und angeschlossen worden (Bild 5 und Bild 7). Der Umspanner vertrug 550A Durchgangsstrom und hatte, anders als beim Konzept von 1945 (Bild 4), nur noch drei Stufen mit je +5,3% Spannungshub, bezogen auf Nennspannung 15 kV also 3x0,8 kV. Auch hatte er dafür nur einfache Trennschalter ohne Überschaltdrossel (Bild 8), was leistungsloses Schalten erforderte. Der Einsatz war als Versuch deklariert. Trotzdem war die dortige Kuppelstelle aufwändig umzubauen (Bild 9). Die beibehaltene Schutzstrecke musste bei eingeschaltetem Zusatzumspanner neutral geschaltet sein, also mit Triebfahrzeug-Hauptschalter AUS durchfahren werden. Wie drei Jahre später der Fahrleitungsprüfwagen [3; 4], wurde das fSWmZ in der Zeitschrift EB beschrieben [5] (Kommentar). Für den Zusatzumspanner gab es auf Basis des damaligen Streckenfahrplans einen Schaltzeitenplan (Bild 10), der nur in Ausnahmefällen zusätzliche Schaltungen erfordern und eine teure automatische Regelung ersparen sollte. Er wurde als „sehr einfach“ Bild 7: Fahrbares Schalterwerk mit Zusatzumspanner, 1951/52 betriebsmäßig aufgestellt im Bahnhof Amstetten Seite Ulm (Bild 4 in [5] und Bild 3 in [6]). Bild 8: Neuer Schaltplan für dreistufigen 15-kVZusatzumspanner mit zwei Anschlussbeispielen an Fahrleitungen zweigleisiger Steigungsstrecken (EZA München, Juni 1950). Kommentar Wie schon beim Fahrleitungsprüfwagen [3; 4] verwundert es, dass der vom selben Verfasser stammende Beitrag [5] die fast zehn Jahre lange Vorgeschichte nicht erwähnt, also die Vorarbeit des RZA ab 1943 und das 1944 fertig gestellte, bei der RBD München/Flm Innsbruck eingesetzte fSWmZ, das funktional dem jetzt hier behandelten entsprach. Auch steht in dem im September 1952 erschienenen Beitrag nichts davon, dass die ED Stuttgart den Versuch inzwischen abgebrochen hatte. Dabei war zu dieser Zeit einer der drei Schriftleiter der Zeitschrift Max Heydmann, der ab Juli 1943 als Dezernent im RZA/EZA/BZA München alle Vorgänge und Zeichnungen für zu fSW unterschrieben oder abgezeichnet hatte. Denkbar ist, dass der Autor wegen seiner Verdienste beim Wiederaufbau nach Kriegsende und um die Weiterentwicklung des Netzschutzes eine ungetrübte Plattform bekommen sollte.

101 Historie 118 (2020) Heft 2-3 Geschichte des Bahnkraftwerkes Muldenstein–Teil 2 F o r tsetzung zu eb 12/2019, Seiten 491–498 5 Große Rekonstruktion 1937 bis 1943 und Betrieb bis 1946 Ab Mitte der 1930er Jahre wurde die Elektrifizierung der Strecke München – Berlin in Angriff genommen. Für den zu erwartenden hohen Leistungsbedarf im Bahnenergienetz fanden 1937 bis 1942 im Bahnkraftwerk Muldenstein umfangreiche Rekonstruktionsmaßnahmen statt. Im Kesselhaus wurden sechs große Dampferzeuger (DE) mit Mühlenfeuerung von den Babcock- und Wilcox-Dampfkesselwerken AG, Borsig Berlin und den Dürr-Werken AG errichtet. Jeder DE lieferte maximal 40 t Heißdampf pro Stunde mit 3,5MPa Betriebsdruck und einer Temperatur von 435° C über zwei neu aufgestellte Dampfverteiler an die neuen 16-MVA-Turbogeneratoren. Diese Dampferzeuger waren mit der alten Kesselanlage über einen Druckminderer für 40 t Dampfdurchgang je Stunde verbunden. Bei einer Gesamtheizfläche von 5954m2 konnten alle Dampferzeuger maximal 400 t Dampf pro Stunde abgeben. Als Bestleistung wurden 300 t/h Dampferzeugung angegeben. Im Maschinenhaus wurden die vier kleinen Turbogeneratoren demontiert. Jede der an deren Stelle errichteten drei neuen Bahnmaschinen konnte bei 16MVA Scheinleistung mit einem cosijࣟ=0,7 eine Dauerleistung von 11,3MW abgeben. Nach vorangegangener Belastung mit 10MW sind sie für die Dauer von 3min mit 15MW belastbar. Die Drehzahl der Turbine beträgt 3000min- 1 , die des Generators 1000min- 1 . Die als Bahnmaschinen (BM) 3, 4 und 5 bezeichneten Turbogeneratoren wurden von der AEG 1939, 1941 und 1942 geliefert. Des Weiteren wurden zwei Hausturbogeneratoren (AEG) und ein Notstromdieselaggregat für die Eigenbedarfsversorgung des Kraftwerkes mit 50Hz Drehstrom aufgestellt. Die beiden Hausturbogeneratoren hatten je eine Leistung von 3,2MW bei einer Drehzahl der Turbine von 4800min- 1 und des Generators von 1500min- 1 (Bild 18). Die 6 kV Klemmenspannung der drei neuen Bahnmaschinen wurde in drei 16,2-MVA-Maschinenumspanner mit je drei Wicklungen (Bild 19) hochtransformiert und der neu errichteten 110-kV-Innenraumschaltanlage zugeführt. Damit die Lastspitzen des neuen 110-kV-Netzes und des alten 60-kV-Netzes auf alle Maschinen des Kraftwerkes verteilt werden konnten, wurde ein Kuppelumspanner 115/60 kV mit einer 14,5MVA Leistung von aufgestellt. Eine 110-kV-Fernleitung verband ab dem 31. Oktober 1940 das Reichsbahnkraftwerk Muldenstein mit den Bahnenergieerzeugern des süddeutschen Netzes und den Unterwerken der Strecke (Mün– chen –) Nürnberg – Saalfeld – Weißenfels – Leipzig. Nach Aufnahme des elektrischen Betriebes auf der Strecke Nürnberg – Saalfeld (Bild 20) am 15. Mai 1939 wurde Weißenfels am 6. Mai 1941 erreicht. Der streckenmäßige Lückenschluss des mitteldeutBild 18: Montage der Maschinensätze für den Eigenbedarf am 13. Juni 1938 (Foto: Historische Sammlung der DB). Bild 19: Anlieferung eines Dreiwicklungs-Maschinenumspanners der AEG am 6. Juni 1939; im Hintergrund das 110-kV-162 /3 -Hz-Schalthaus (Foto: Historische Sammlung der DB).

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