Auszug | eb - Elektrische Bahnen 8 | 2022

322 Journal 120 (2022) Heft 8 Bahnen Wachstum und Verkehrsverlagerung auf der Schiene Laut DB-Vorstandvorsitzenden Richard Lutz in einer telefonischen Pressekonferenz am 30. Mai 2022 liegen die aktuellen Probleme mit der Zuverlässigkeit und der Qualität des Schienenverkehrs im Kern an mangelnder Kapazität und überalterten Anlagen in der Infrastruktur. Angesichts stark steigender Nachfrage im Personen- und Güterverkehr sprach er sich für einen Paradigmenwechsel in der Infrastruktur aus. Fahrgäste und Güterverkehrskunden kehren schneller zurück zur Schiene als erwartet. Das gilt insbesondere für das hochbelastete Netz von 3500 km Streckenlänge, wo die durchschnittliche Auslastung bei 125% liegt und bei Bauarbeiten schnell auf über 150% ansteigen kann. 80% der Qualität des Eisenbahnsystems entscheiden sich auf dem Schienennetz. Hinsichtlich konzeptioneller Überlegungen, dem gemeinsamen Ziel eines Hochleistungsnetzes, stehe man in engem Austausch mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMD), so Lutz. Die Detaillierung des Konzepts und die konkreten Umsetzungsschritte in den nächsten Jahren wolle man in engem Schulterschluss zwischen Bund, Bahn und der gesamten Branche angehen. Die Umsetzung beinhaltet im Kern eine Generalsanierung der hochbelasteten Korridore. Dabei sollen alle notwendigen Baumaßnahmen der kommenden Jahre gebündelt werden. Dafür seien zwar längere Sperrpausen notwendig, diese gingen aber durch bessere Vorplanung mit höherer Verlässlichkeit und längeren Vorlaufzeiten für alle Beteiligten einher. Erste Eckpunkte des Konzepts sollen noch vor der Sommerpause 2022 vorgestellt werden. Hochleistungsnetz für Deutschland Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 22. Juni 2022 haben Bundesverkehrsminister Volker Wissing und DB-CEO Richard Lutz Pläne für ein Hochleistungsnetz vorgestellt. Hintergrund sind aktuelle Zuverlässigkeits- und Qualitätsprobleme des Verkehrsträgers Schiene. Sie resultieren im Kern aus einem Kapazitäts- und Überalterungsproblem der Infrastruktur. Das Hochleistungsnetz soll die am höchsten belasteten Schienenverbindungen in Deutschland umfassen. Diese erstrecken sich mit 3500 km auf 10% des Gesamtnetzes. Dieses Netz durchfahren derzeit 25% aller Züge und führen zu einer durchschnittlichen Auslastung von 125%. Aufgrund der prognostizierten Verkehrsentwicklung wird die Länge dieses hoch belasteten Netzes auf 9000 km bis zum Ende dieses Jahrzehnts anwachsen. Die Nutzungsintensität hat sich seit der Bahnreform 1994 bis 2021 um 60% erhöht. Die steigende Nachfrage trifft auf ein Streckennetz und Bahnhöfe, die nicht mitgewachsen sind. Viele Gleise, Weichen, Brücken und Stellwerke sind alt und damit störanfällig. Um die Modernisierung voranzutreiben, wird auf Rekordniveau gebaut. Diese Baumaßnahmen kosten allerdings zusätzliche Kapazität, was sich insbesondere auf dem hoch belasteten Netz negativ auswirkt. Staueffekte und Unpünktlichkeit wachsen exponentiell an. Über eine Generalsanierung der wichtigsten Schienenkorridore soll sich das hoch belastete Netz bis 2030 zu einem Stabilitätsanker für die gesamte Schiene entwickeln. Nach Plänen der DB werden alle überalterten und störanfälligen Anlagen komplett ersetzt und verbessert. Kennzeichen des Hochleistungsnetzes sollen ein flächendeckender Gleiswechselbetrieb, weniger Bahnübergänge sowie ausreichende Überhol- und Überleitstellen sein. Prävention und Prädiktion sorgen für eine vorausschauende Instandhaltung und werden um eine Stuttgart Frankfurt amMain Köln Hamburg Berlin Erfurt München Stand: Mai 2022 Kapazitätsengpässe im Schienennetz Vor allem acht Engpässe in ihrer Infrastruktur machen der Deutschen Bahn zu schaffen. Die Strecken sind stark überlastet. Kleinste Störungen wirken sich folgenreich auf die Pünktlichkeit aus und setzen sich als Dominoeffekt im gesamten Netz fort. Knoten Hamburg (– Hannover) NRW: Dortmund – Duisburg – Düsseldorf – Köln Mittelrheintal Knoten Frankfurt Knoten Stuttgart Oberrhein: Mannheim – Karlsruhe – Basel Würzburg – Nürnberg Knoten München Korridore mit höchster Auslastung Unmittelbare Auswirkungen Kapazitätsengpässe der Schieneninfrastruktur in Deutschland (Grafik: DB). eb 8 2022 ePaper Abonnement 2022 ã Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG Vervielfältigung und Verbreitung unzulässig und strafbar!

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