Auszug | eb - Elektrische Bahnen 3 | 2021

70 Fokus 119 (2021) Heft 3 Wasserkraftanlage Muldestausee In mittelbarere Nähe des ehemaligen Bahnkraftwerks Muldenstein (1911 bis 1994) nimmt im März 2021 ein Kleinwasserkraftwerk an der Mulde seinen kommerziellen Betrieb auf. Der Braunkohlenabbau hinterließ im 19. und 20. Jahrhundert in der Bitterfelder Region viele Tagebau- restlöcher, die sich in der Regel mit Wasser füllten. Zwecks Erweiterung des Tagebaus Goitzsche verleg- te man die Mulde auf 11 km Länge durch das Rest- loch des ausgekohlten Tagebaus Muldenstein. Mit der Flutung vom 30. April 1975 bis 1. März 1976 entstand der Muldestausee mit 9 km Länge, 630ha Wasseroberfläche und 110m 3 Speichervolumen (Bild 1). Eine 19m hohe und 303m lange Gewichts- staumauer bildet das Auslaufbauwerk (Bild 2). Bei Hochwasser können 15Mio.m 3 zeitweise zurückge- halten werden. Auf der Brücke über das Auslaufbau- werk führt die L 138, die die Orte Friedersdorf und Muldenstein verbindet. Mit einer Fallhöhe von 4,7m und einem mittleren Abfluss der Mulde von 69m 3 /s besteht ein Potenzial zur Erzeugung von Elektroenergie aus Wasserkraft. In der DDR hatte die Bauindustrie nicht die Baukapazi- täten für die umfangreichen Tiefbau- und Stahlbe- tonarbeiten. Nach der Wende gab es von privater Seite Initiati- ven, ein Wasserkraftwerk zu errichten. Sie scheiterten an Bedenken der zuständigen Landesbehörden. Hierbei hätte es gute Teilhabemöglichkeiten für die örtliche Gemeinde gegeben. Die Wassernutzungsrechte sind in der Hand des Talsperrenbetriebs Sachsen-Anhalt, einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Die Talsperren-Wasserkraft Sachsen-Anhalt GmbH (TSW), eine 100-prozentige Tochter des Talsperren- betriebs, beantragte den Neubau und Betrieb einer Wasserkraftanlage (Bild 3) auf der rechten Seite des Auslaufbauwerks des Muldestausees beim Landes- verwaltungsamt Sachsen-Anhalt, welcher am 14. Ap- ril 2014 genehmigt wurde. Die Bauarbeiten began- nen am 10. Oktober 2016 (Bild 4). Größtes und aufwendigstes Teilbauwerk ist der fünffach gewendelte Fischaufstieg mit 48 Becken (Bild 5). Pro Becken sind 12 cm Höhe zu überwin- den. Nach Abschluss der umfangreichen und kom- plizierten Tiefbauarbeiten konnte 2020 die Montage der Ausrüstung realisiert werden (Bild 6). Mit 52m Breite und 4,10m Höhe ist der Horizontalrechen für den Turbineneinlauf das längste Einzelbauteil. Stäbe mit 15mm lichtem Abstand halten Verunreinigun- gen zurück. Eine Reinigungsmaschine säubert die Rechen. Zwei Kaplanturbinen des Hersteller Voith treiben je einen 1,2-MW-Generator an (Bild 7). Die 690-V- Bild 1: Lage des Wasserkraftwerkes (WKW) am Auslauf Muldestausee (Quelle: [1], Ausschnitt). Bild 3: Übersicht der Wasserkraftanlage mit dem Auslaufbauwerk Muldestausee (Grafik: TSW).

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