Auszug | eb - Elektrische Bahnen 11 | 2020

464 Nachrichten 118 (2020) Heft 11 kehr Ausweitungen von 2,3Mio. Zug-km geplant. Das Wochenendangebot wird ausgebaut. Von Wien aus kann man direkt in das steirische Thermen- und Vulkanland mit der Thermenbahn anreisen. Von Linz und Wels geht es am Wochenende im 2-Stunden-Takt und einfacher an den Attersee. Und für das Skiabenteuer und Wandererlebnis gibt es neue Direktverbindungen von Wien über Linz nach Hinterstoder und Schladming bis nach Bischofshofen. Es sollen neue Doppelstockzüge beschafft werden. Bestehende Doppelstockzüge werden auf Cityjet-Niveau upgegradet. Mit der neuen Nightjet-Verbindung geht es täglich von Wien und Innsbruck nach Amsterdam. Der Nightjet Wien – Brüssel fährt das ganze Jahr über drei Mal pro Woche und kommt früher in Brüssel an. Die ÖBB arbeiten gemeinsam mit Partnern an neuen Destinationen und möchten bis 2028 ein ausgebautes Nachtzugnetz in Europa sehen – von Berlin nach Paris, von Stockholm bis Rom. Aktuell sind 13 neue Nightjet-Garnituren mit mehr Komfort und neuem Design in Produktion und sollen ab Ende 2022 im Einsatz sein. Ein Teil der bestehenden NightjetFlotte erhält ein Upgrade. Die modernisierten Nightjet-Wagen werden insbesondere für Familien und Reisende mit eingeschränkter Mobilität mehr Komfort bieten. Alle erneuerten Wagen werden mit einem barrierefreien Abteil ausgestattet und ein Radtransport soll möglich sein. Mit der grafischen Sitzplatzreservierung, die seit 19. Oktober 2020 auch in der ÖBB-App für Züge ab dem Fahrplanwechsel verfügbar ist, können Fahrgäste fortan in den ÖBB-Railjets ihren Lieblingsplatz auswählen. Des Weiteren werden die Mobilitätsservices in den Gemeinden und Tourismusregionen für die erste und letzte Meile weiter forciert, damit der Umstieg vom Auto auf nachhaltige Verkehrsmittel noch einfacher gelingen kann. Trotz großer finanzieller Herausforderung erhöht die ÖBB die Fahrkartenpreise nicht. Abraumtransporte als Energiequelle Beim Bau des neuen Kraftwerks Ritom an der Gotthard-Südrampe nahe dem Bahnhof Ambri-Piotta [1] fallen etwa 0,35Mio. t Aushub- und Ausbruchmaterial an, die nicht vor Ort verwendet werden können. Diese Massen fährt SBB Cargo mit Ganzzügen über den Gotthard-Scheiteltunnel und die Nordrampe hinunter zum Bahnhof Flüelen an der Südostspitze des Vierwaldstättersees (Urnersee). Von dort werden sie mit Lastschiffen zum Südwestufer des Sees (Alpnachersee) transportiert, wo sie neue ökologisch wertvolle Flachwasserzonen und Flachmoore schaffen sowie Teil eines Hochwasserschutzprojektes werden sollen. Die Züge bestehen aus 15 vierachsigen offenen Kippwagen mit Schwerkraftentladung, befördern jeweils 870 t netto, sind brutto rund 1200 t schwer und bespannt mit je einer Lokomotive Re620 (Re6/6) und einer Re420 oder 430 (Re4/4 II oder III) in Vielfachtraktion. Bis zum voraussichtlichen Ende der Arbeiten im Frühjahr 2022 werden also total 400 solcher Züge in mehreren Kampagnen zu fahren sein; eine solche lief beispielsweise im Mai 2020 mit 40 Zügen zur Abfuhr des Aushubs für das neu einzurichtende, 0,1Mio.m3 große Ausgleichsbecken. Anders als beim Transitgüterverkehr, wo die potenzielle Energie von Fahrzeug- und Ladegutmassen bei der Bergfahrt erst induziert wird, bietet hier die Natur gratis einige hundert MWh an Lageenergie. Bei der 100-jährigen SBB-Rekuperierkultur (Bild 7 in [2]) läge es nahe, davon möglichst viel abzuschöpfen, in das 15-kV-Fahrleitungsnetz zu speisen und dadurch Energiebereitstellung für andere Traktionsaufgaben im Netz zu substituieren. Leider ist dieses Potenzial nur teilweise nutzbar: Die extreme Streckentrassierung mit ihren engen Gleisbögen erlaubt nur so viel Druckkraft auf den Seitenpuffern hinter den – sich natürlich selbst elektrisch bremsenden – Lokomotiven, dass der Rückgewinn im Tages- oder Wochensaldo für den Herauftransport der Leerzüge und die Umwandlungsverluste reicht. – Beim kommenden Bau der zweiten Röhre des GotthardStraßentunnels werden 6,3Mio. t Ausbruchmaterial anfallen. Davon sollen etwa 2,8Mio. t Gestein für die Verbesserung und Renaturierung der Flachwasserzone im Urnersee verwendet werden, die gleichfalls mit SBB Cargo schon vom Bahnhof Göschenen abfahren sollen. [1] Be: Kraftwerk Ritom. In: Elektrische Bahnen 118 (2020), H. 10, S. 376–377. [2] Be: 100 Jahre Elektrotraktion am Gotthard. In: Elektrische Bahnen 118 (2020), H. 7-8, S. 308–312.

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