Auszug | eb - Elektrische Bahnen 2-3 | 2019

58 Fokus 117 (2019) Heft 2-3 Projekt Grimselbahn Eine direkte Bahnverbindung vom östlichen Berner Oberland ins Rhonetal wird regional seit vielen Jahrzehnten gewünscht. Aktuell wird ein Gemeinschaftstunnel mit Kabelleitungen des nationalen Übertragungsnetzes propagiert. Infrastrukturträger, Wirtschaftskreise und besonders die Touristikbranche in der Schweiz kämpfen seit lan- ger Zeit für eine direkte Bahnverbindung zwischen östlichem Berner Oberland (Kanton Bern) und Rho- netal (Kanton Wallis), genauer gesagt zwischen den großen Meterspurnetzen der Zentralbahn (zb) und der Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB) und ihren in- terregionalen Strecken Interlaken Ost – Meiringen – Luzern und Zermatt – Brig – Disentis/Mustére. So könnten beispielsweise Komfortzüge wie der Glacier- Express ab Luzern durchgehend nach Zermatt oder nach St. Moritz fahren. Beide Streckennetze werden elektrisch mit 1 AC 11 kV 16,7 Hz betrieben und ihre Fahrleitungsnetze von der SBB mit versorgt [1]. Die Bemühungen für eine solche Verbindung, sogar mit direkter Weiterführung ins Tessin, haben eine lange Geschichte bis in die Mitte des 19. Jahrhun- derts. Zeitweise stand diese Route in Konkurrenz zur Gotthardbahn. Auftrieb haben die Pläne vor einigen Jahren be- kommen, weil Swissgrid in der mit Wasserkraftwer- ken gespickten Region Grimsel/Oberhasli die beste- henden Hochspannungs-Freileitungen erneuern und dabei verstärken muss. Seitdem wird die Idee eines gemeinsamen Tunnels für eine eingleisige Bahnstre- cke und vier 3AC-Kabelleitungen propagiert. Prinzi- piell wäre das nicht neu: Im 15 km langen Gotthard- Scheiteltunnel hatte die SBB seit Beginn des elektri- schen Betriebs 1920 bis zum Bau der Freileitung über den Gotthardpass [2] eigene Bahnenergie- Hochspannungskabel mitgeführt und im 20 km lan- gen Simplontunnel hat sie solche Kabel vor einigen Jahren noch erneuert. Um die Akzeptanz zu fördern, wird „Bündelung der Verkehrswege“ gelobt – was anfangs wohl gerade nicht auf Kabeltrassen für Hochspannungsleitungen gemünzt war. Für das Grimselprojekt sind mehrere Organisatio- nen aktiv, deren Mitglieder breit vernetzt sind und teils in Personalunionen mitarbeiten: • Interessengemeinschaft (IG) Grimselbahn • Grimselbahn AG • Unterstützungskomitee Grimseltunnel Die IG ist ein 2012 gegründeter rechtsfähiger Verein, dem Einzelpersonen, Familien, Unternehmen und Institutionen beitreten können. Sie hat mehrere Stu- dien veranlasst, wobei die letzte generelle Machbar- keitsstudie vom Juni 2015 anschließend fortgeführt und vertieft wurde. Dabei wurden drei Varianten un- tersucht: • gemeinsame Tunnelröhre mit geschütztem Kabelkanal • gemeinsame Tunnelröhre mit Kabeln in Rohrblö- cken • Hauptröhre für Bahn und etwa 30 m parallel dazu Nebenröhre für offen verlegte Kabel Die zusammengefassten Ergebnisse sind kürzlich in [3] veröffentlicht worden. Die 2015 gegründete AG, deren Anteilseigner die Gemeinden Innertkirchen, Andermatt und Goms so- wie Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) und IG Grimsel- bahn sind, soll im Ernstfall das Bauvorhaben planen und ausführen. Im 2017 gegründeten Komitee setzen sich 16 namhafte Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Ver- bänden sowie rund 200 Unterstützer dafür ein, dass der Bahnteil der kombinierten Infrastruktur in den Ausbauschritt 2030/35 des Bundes aufgenommen Grafik: Grimselbahn

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