Auszug | eb - Elektrische Bahnen 4 | 2021

124 Fokus 119 (2021) Heft 4 Eisenbahn-Elektrifizierungs- programm des Bundes Was andere Verkehrsträger erst noch mit großen Anstrengungen erreichen wollen, ist bei der Eisen- bahn in Deutschland Realität: Sie fährt überwiegend elektrisch und energieeffizient. Zur 100-prozen- tigen klimaneutralen Mobilität legt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ein Elektrifizierungsprogramm vor. Ausgangslage Drei Kenngrößen verdeutlichen den hohen Elektrifi- zierungsgrad der Eisenbahnen. Das bundesdeutsche Streckennetz weist einen Anteil von 61% elektrifizierter Strecken auf. Dieser liegt über dem EU-Durchschnitt von 54%. Das heißt 20000 km des 33000 km langen Streckennetzes der bundeseigenen DB Netz sind durch Oberleitungen und Stromschienen elektrifiziert. Auf diesen Strecken werden 74% aller Zug-km zurückgelegt Dass der Anteil der elektrisch zurückgelegten Zug-km höher ist als der der elektrifizierten Strecken, liegt darin begründet, dass es sich bei elektrifizierten Strecken überwiegend um die deutlich stärker befahrenen Hauptstrecken handelt. Anders ausgedrückt: Die Strecken, auf denen die meisten Züge verkehren, sind heute elektrifiziert. Bild 1 veranschaulicht, aufgeschlüsselt nach Ver- kehrsarten, das Verhältnis von elektrisch zu nicht elektrisch erbrachter Betriebsleistung auf den bun- deseigenen Schienenstrecken im Jahr 2019. Der Elektrifizierungsgrad ist bei den verschiede- nen Verkehrsarten unterschiedlich ausgeprägt: Fern- verkehrszüge fahren heute nahezu vollständig elekt- risch. Im Güterverkehr werden 90% aller Zug-km elektrisch zurückgelegt. Der Nachholbedarf konzen- triert sich auf den Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Hier werden knapp zwei Drittel aller Zug-km elektrisch gefahren. Dieselantriebe sind weit verbrei- tet. Diese Diskrepanz ist leicht erklärbar: Güter- und Fernverkehrszüge verkehren zumeist auf den elektri- fizierten Hauptstrecken, während der Regional- und Nahverkehr auch die nicht elektrifizierten Neben- strecken nutzt. Auf den elektrifizierten Strecken werden nicht nur mehr Zug-km zurückgelegt. Elektrische Züge beför- dern deutlich mehr Passagiere beziehungsweise Gü- ter pro Zug als Dieselzüge. Daraus erklärt sich, dass 90% der Beförderungsleistungen der Eisenbahn in Deutschland elektrisch erbracht werden. Im Schienenpersonenfernverkehr werden 98% al- ler Pkm elektrisch erbracht. Im Schienenpersonen- nahverkehr liegt der Anteil bei 83%. Im Schienengü- terverkehr werden 93% der Verkehrsleistung (tkm) in Zügen mit elektrischen Lokmotiven gefahren. Neue Kennziffer des Elektrifizierungsgrades Derzeit wird der Elektrifizierungsgrad der Eisenbahn am Anteil der mit Oberleitungen elektrifizierten Stre- cken-km gemessen. In Zukunft wird ein zunehmender Teil der Elektri- fizierung, insbesondere im Schienenpersonennah- verkehr, nicht mehr über eine Vollelektrifizierung der Strecken, sondern über alternative Antriebe erfolgen können. Diese Form der Elektromobilität auf der Schiene wird vom bisherigen Kennwert elektrifizierte Streckenkilometer nicht erfasst. Wenn die bestehende Elektrifizierungslücke mit Hilfe alternativer elektri- scher Antriebe geschlossen wird, dann sollte dies mit einer aussagekräftigen Kennzahl gemessen werden. Das BMVI schlägt als Maßstab für die Elektrifizie- rung der Eisenbahn die Kenngröße elektrische Be- triebsleistung vor, also wieviel Prozent der gefahre- nen Zug-km elektrisch zurückgelegt werden. Mit dieser Kenngröße werden auch mit alternativen An- trieben elektrisch zurückgelegte Strecken erfasst. Und sie soll zielgenau erfassen, worum es geht: Wie- viel der Fahrleistung elektrisch erbracht wird. 26,0 % 74,0 % 97,5 % 2,5 % gesamt Fernverkehr Güterverkehr Nahverkehr 10,7 % 89,3 % 36,5 % 63,5 % elektrisch nicht elektrisch Bild 1: Elektrisch gefahrene Zug-km auf den Strecken der DB Netz (Grafik 1 und 2: nach [1], bearb. eb ).

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY3NTk=