Handbuch Schienenfahrzeuge

12 1 Einleitung Kapitel 4 beinhaltet die wichtigsten grundlegenden Rahmenvorgaben, die bei der Auslegung eines Schienenfahrzeugs zu berücksichtigen sind. Am Beispiel des Gewichtsmanagements wird deutlich, dass im Produktentstehungsprozess sehr viele Schnittstellen kontinuierlich beobachtet und beeinflusst werden müssen, um bei Fertigstellung des Fahrzeugs die geforderten Radlasten genau einzuhalten. Durch die Spurführung wird zwar eine enge Begrenzung der Fahrzeugbewegung im Rahmen des Lichtraumprofils bis auf Federspiele und Verschleißmaße ermöglicht, aber gerade ältere Schienennetze aus der Frühzeit der Eisenbahn wurden auf kurze Fahrzeuge ausgelegt, insbesondere in Großbritannien und in Zentraleuropa. Für lange Fahrzeuge ergeben sich dort erhebliche Breiteneinschränkungen, während jüngere Netze, z. B. in Skandinavien, mit großzügigen Profilerweiterungen im Bogen diese Probleme nicht aufweisen. Da Schienenfahrzeuge hinsichtlich Spurführung sowie Signal- und Bremstechnik eng mit der Infrastruktur verknüpft sind, kann ihre Zulassung nur zum Teil wie gewünscht gesamteuropäisch erfolgen. Nationale Eigenheiten müssen weiterhin gebührend berücksichtigt werden, damit ein unbedenklicher Einsatz im öffentlichen Verkehr mit vertretbarem Risiko möglich ist. Die seit 1990 betriebene Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen in Europa sollte in den kommenden Jahren zu einer Verringerung des Aufwands führen. Als Antriebstechnik werden heute und in absehbarer Zukunft Elektro- und Dieselantrieb verwendet. Ersterer hat eindeutig Vorteile durch eine höhere Leistungsdichte, die Möglichkeit der Bremsenergierückspeisung mit der generatorischen Bremse sowie die Verwendbarkeit „grünen“ Stroms. Vor allem bezüglich der Rückspeisefähigkeit und wegen der geringen Energieverluste sind Wechselstromsysteme im Fernbahnbereich Gleichstromsystemen überlegen. Nur im Nahverkehr sind die wesentlich leichteren und kostengünstigen Gleichstromfahrzeuge im Vorteil. Jedoch verhindern die weiterhin sehr hohen Investitionskosten der elektrischen Streckenausrüstung deren ausschließliche Nutzung. Insbesondere auf Strecken mit seltenerem Zugverkehr sind Dieselantriebe weiterhin sinnvoll und weit verbreitet, selbst wenn die einzelnen Züge mehrere 10.000 t schwer sein können, wie bei Schwerlastbahnen oder in amerikanisch geprägten Bahnsystemen. Die Antriebskonzeptalternativen Dieselhydraulik und Dieselelektrik sind hier schon lange konkurrierende Prinzipien. Bei allen elektrischen Systemen, egal ob Wechselstrom, Gleichstrom oder Dieselelektrik, werden die Drehstromfahrmotoren durch frequenz- und spannungsvariierende Umrichter gespeist. Die klassische Eisenbahnbremse ist die druckluftbetätigte mechanische Bremse am Rad oder an der Radsatzwelle, die zwar beim Bremsen alle Bewegungsenergie in Wärme umwandelt, aber aufgrund ihrer Zuverlässigkeit und damit hohen Sicherheit und guten Bremsverzögerung zum Fahrzeitgewinn bei Verspätungen unabdingbar ist. Die Sicherheit ist zum einen durch das Einleitungsprinzip mit indirekter Wirkung gewährleistet, d. h. ein Druckabfall bewirkt das Anlegen der Bremsen, zum anderen durch die Durchgängigkeit, d. h. von jedem Fahrzeug eines Zuges kann die Bremsung eingeleitet werden. Das ausführliche Kapitel 5 beschreibt die unterschiedlichen konstruktiv ausgeführten Lösungen für die Fahrzeugsubsysteme. Besonders beim Wagenkasten und bei den Fahrwerken herrscht hier eine große Vielfalt und es können nur exemplarische Beispiele vorgestellt werden. Die Investitionskosten für Schienenfahrzeuge sind meist der wesentliche Teil der Lebenszykluskosten und so werden große Anstrengungen zur Kostensenkung bei der Fertigung unternommen. Je nach Randbedingungen können Stahl-, Aluminium- oder Hybridbauweisen mit Kunststoffbauteilen für die Wagenkästen zu den besten Ergebnissen führen. Neben der Herstellung ist die Reparierbarkeit ein weiteres Kriterium für die Materialwahl. Auch die Fügetechniken Schweißen, Löten, Nieten, Kleben und Schrauben werden alle im Wagenkastenbau, je nach Randbedingung, eingesetzt. Kaltfügetechniken erlauben in der Regel eine weitgehende Vormontage von Komponenten und damit eine Verkürzung der Herstellungszeit der Strukturen

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