Auszug | eb - Elektrische Bahnen 9 | 2021

337 Editorial 119 (2021) Heft 9 Digitalisierung und Energieversorgung W enn über die Zukunft der Bahn ge- sprochen wird, fällt gegenwärtig häufig das Wort Digitalisierung . Ab- gesehen davon, dass bei Bahnen de- ren Hauptaufgabe immer noch darin besteht, Perso- nen zu befördern und Güter zu transportieren, geht es bei diesem Begriff in erster Linie um die grundle- gende Modernisierung und Digitalisierung der Infra- struktur: Durch den Flächen-Rollout des European Train Control System (ETCS), Digitaler Stellwerke (DSTW) und des integrierten Leit- und Bediensystems (iLBS) soll die Leit- und Sicherungstechnik bis 2035 grundlegend erneuert werden. In einer zweiten Stu- fe sollen Züge voll automatisiert und in kürzeren Ab- ständen fahren, die in Echtzeit intelligent und auto- matisiert gesteuert werden, indem sie ihre Umge- bung und ihre Position durch Sensorik erkennen. Um dieses Ziel verwirklichen zu können, bedarf es neuer Technologien. Auf der Internetseite Digitale Schiene Deutschland werden dafür aufgeführt: Künst- liche Intelligenz im Verkehrs- und Störfallmanage- ment, Fahrzeugautomatisierung, Digitale Leit- und Sicherungstechnik, Ortungssensorik und digitale Karte, Sensorik für Umfeldwahrnehmung, FRMCS/ 5G-Datenkommunikation, IT-Sicherheit und Cloud- Technologien. Mit diesen Themen beschäftigen sich bereits mehrere Unternehmen und Forschungseinrichtun- gen. Auf der Anfang September im Erzgebirge bei Annaberg-Buchholz auf dem Smart Rail Connectivity Campus (SRCC) und an den Bahnhöfen entlang des Digitalen Testfeldes Erzgebirgsbahn stattgefundenen Digital Rail Convention konnte man sich von ersten Entwicklungsergebnissen überzeugen. Was bei all diesen Themen etwas in Vergessenheit zu geraten scheint, ist die klassische Energieversor- gung. Dabei geht es nicht vordergründig um die Energieversorgung der neuen digitalen Komponen- ten entlang der Bahnstrecken, auch diese muss ge- löst werden, sondern um diejenige für die Traktion. Abgesehen davon, dass als Folge der Digitalisierung die Strecken höher ausgelastet, das heißt die Zugfol- gezeiten deutlich verkürzt werden und die dafür be- nötigte Energie bereitgestellt werden muss, gibt es eine Viezahl technischer Herausforderungen, die auch im Bahnenergieversorgungssystem zu lösen sind. In dieser Ausgabe der eb – Elektrische Bahnen wird direkt ein solches Thema aufgegriffen. Durch die Ein- führung von ETCS wird es möglich, dass Triebfahr- zeuge an beliebigen Standorten halten können, da es keine festen Signalstandorte mehr gibt. Bisher war durch die Abstimmung zwischen den Planern siche- rungstechnicher Anlagen und der Bahnenergiever- sorgung es praktisch ausgeschlossen, dass Triebfahr- zeuge dort halten können, wo es aufgrund der Aus- führung der Oberleitung problematisch ist. Die Ein- führung der neuen Technologien erfordert hier ein Umdenken und neue Lösungen. Dieser Aspekt wur- de bereits bei der Vollendung der großen Tunnelpro- jekte in der Schweiz thematisiert. Die eb hat dies do- kumentiert. Das Thema wird für die Strecken interes- sant, die neu gebaut oder grundhaft saniert werden. Es zeigt, dass derartige Fragestellungen nur interdis- ziplinär sinnvoll lösbar sind und dass man bei der Einführung der neuen Technolgien für die Digitalisie- rung die konventionelle Technik nicht vergessen darf. Erwähnenswert im Hinblick auf den Beitrag ist der Umstand, dass dieser in Kooperation zwischen dem Infrastrukturunternehmen DB Netz und der Techni- schen Universität Dresden entstanden ist. Es zeigt sich, dass junge Ingenieure nachrücken und zur Lö- sung derartiger komplexer Themen beitragen. Apropos Konferenzen: Vor etwa einem Jahr be- stand die Hoffnung, dass sich die durch COVID-19 bedingte Pause an Konferenzen dem Ende zuneigt. Diese Hoffnung war trügerisch, bis ins Frühjahr die- ses Jahres konnten die Wissensvermittlung und das Networking, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nur online stattfinden. Jetzt nach dem Sommer und der erneuten Hoffnung auf eine Normalisierung des Lebens füllt sich der Veranstaltungskalender wieder, auch mit neuen Fachthemen. Ein Blick auf den Ter- minkalender am Ende dieser eb -Ausgabe lohnt sich. Dr. Steffen Röhlig Chefredakteur

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