Auszug | eb - Elektrische Bahnen 4 | 2021

135 Schutz Fachwissen 119 (2021) Heft 4 züge mit einem im Vergleich zu heute größerem An- teil von Auffahrwagen ohne Schutzdach (AOS) ein- setzen (Bild 2). Damit soll die Transportkapazität für Lastwagen (LKW) mit einem maximalen Gewicht von 44 t erhöht und der Verladeprozess durch Ver- längerung der Rampen vereinfacht und rationalisiert werden [1]. LKW lassen sich dann in Sagliains ohne das heute nötige Vorziehen des Autozuges beladen. Auf diese Weise können im Süden (Engadin) die LKW der Rampe entlang in Richtung Tunnel fahren und dort kurz vor dem Tunnel auf die offenen Auffahrwa- gen fahren. Zur gleichen Zeit fahren auch die Autos (PKW) ohne zusätzliche Rangierbewegungen auf den Autozug. Dies führt dazu, dass der Verlad ra- scher und zuverlässiger durchgeführt werden kann. Außerdem werden positive Auswirkungen auf Pünkt- lichkeit und damit auf die Fahrplanstabilität erwar- tet. An Spitzenverkehrstagen möchte die RhB die Transportkapazität weiter erhöhen und auch PKW auf den offenen Auffahrwagen durch den Tunnel transportieren. Zudem ist das aktuelle Rollmaterial aufgrund der aggressiven Umweltbedingungen im Tunnel in einem schlechten Zustand und ist daher zu ersetzen. Dieses neue Mischverkehrskonzept wurde dem Bundesamt für Verkehr (BAV) vorgestellt. Das BAV gab zur Antwort, dass die Fahrleitungsanlage so zu erstellen sei, dass bei einem Riss des Kettenwerks der Personenschutz auch für die AOS gewährleistet ist. In der Analyse der möglichen Maßnahmen wurde schnell die Lösung einer Deckenstromschiene avi- siert und als mögliche Lösung vom BAV akzeptiert. Die bestehende Oberleitungsanlage ist nach rund 22 Jahren im Betrieb technisch einwandfrei und in gu- tem Zustand. Da der Verschleiß der Oberleitung durch die konstanten Umgebungsbedingungen, ver- hältnismäßig geringen Befahrgeschwindigkeiten und die gewählte Bauweise im Tunnel äußerst gering ist, kann ein wirtschaftlicher Betrieb auch über der nominellen Nutzungsdauer von 40 Jahren erwartet werden. Insbesondere in den Ferien und im Winter existiert eine starke Auslastung der Vereina-Linie mit maximal drei Stunden Sperrpause. Größere Umbau- maßnahmen zur Umrüstung auf eine Deckenstrom- schiene erfordern längerfristige Streckensperrungen und wären wegen des einspurigen Tunnels nur mit gravierenden Betriebseinschränkungen und Zugaus- fällen umzusetzen. Die geschätzten Kosten für diese Maßnahme überstiegen deshalb die vergleichbaren Kosten bei Errichtung einer Neubauanlage deutlich. Die Technikabteilung der RhB war somit gefordert, eine wirtschaftliche Alternative vorzulegen und gleichzeitig möglichst wenig in die Bestandsanlage und in den Betrieb einzugreifen. Eine dieser Alterna- tiven stellte die Kettenwerksüberwachung Sicat ® CMS dar. Diese Idee wurde fortan durch die Zusammenar- beit von Siemens, TBF +Partner AG, Railectric GmbH sowie der RhB kontinuierlich weiterentwickelt und fand anschließend ihre Zustimmung durch das BAV. Mehrere einzelne Plangenehmigungsverfahren (PGV) sind für die technische Genehmigung und Zu- Bild 1: Blick auf das Tunnelportal und den Autoverlad in Selfranga der Vereina-Linie der RhB (Bilder 1, 3 bis 8, 10, 11, 14 bis 21: Siemens Mobility, teilw. bearb. eb ). AMS-K AMS-K AOS AMS-S AMS-S AMS-K AOS AOS AMS-S aktuelles Rollmaterial geplantes neues Rollmaterial Selfranga Saligains Selfranga Saligains 7-13 ATW 7 ATW ~32 m ~57 m ~32 m ~32 m ~95 m ~32 m 9 ATW Stw ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW ATW Stw Lok Lok Lok Lok Bild 2: Heutige und geplante Kompositionen für den Autoverlad auf der Vereina-Linie zwischen Selfranga und Sagliains (Grafik: RhB, berab. eb ). ATW – Autotransportwagen (mit Schutzdach), AOS – Auffahrwagen ohne Schutzdach, AMS – Auffahrwagen mit Schutzbogen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY3NTk=