Auszug | eb - Elektrische Bahnen 5 | 2020

196 Historie 118 (2020) Heft 5 Geschichte des Bahnkraftwerkes Muldenstein–Teil 4 Schluss zu eb 4/2020, Seiten 150–151 8 Versuchsbetriebe und Betrieb bis zur Stillsetzung Ab 1957 wurde auf dem Gelände des Rkw zu Versuchszwecken eine Umrichteranlage errichtet. Ohne rotierende Maschinen sollte 50-Hz-Drehstrom des Landesnetzes mittels gittergesteuerten Quecksilberdampfgleichrichter über einen Zwischenstromkreis in 162/3 -Hz-Bahnenergie umgewandelt werden. Die Anlage war für eine Leistung von 15MW ausgelegt. Erst nach konstruktiven Änderungen wurde 1960 in einem Zeitraum von drei Monaten nachts der Streckenabschnitt Bitterfeld – Dessau über den Schaltposten Bitterfeld von dieser Anlage gespeist. Diverse Probleme unter anderem mit der Blindleistungsabgabe führten zum Abbruch dieser Versuche. Als neue Lösung wurde der Einsatz von fahrbaren rotierenden Umformern vorgesehen. Zu diesem Zweck baute man an die Umrichteranlage eine Halle mit zwei Umformerständen. Diese Synchron-Synchron-Umformer fertigte der VEB Sachsenwerk in Dresden-Niedersedlitz. Sie gingen 1967 mit je 10MVA Dauerleistung in Betrieb. Der Energiebezug aus dem 50-Hz-Landesnetz erfolgte über die 110-kVFreiluftschaltanlage. Die gesammelten Erfahrungen aus diesem Betrieb flossen in die Weiterentwicklung der Umformer und ihrer Nebenanlagen ein. Da von der Maschinenbau- und Elektroindustrie der DDR keine Turbogeneratoren beziehungsweise Kraftwerke für die Frequenz 162/3 Hz gebaut werden durften oder konnten, erfolgte die Energieversorgung der vor allem nördlich Mitteldeutschlands zu elektrifizierenden Strecken mit den dezentralen Umformerwerken. Die dezentralen Umformerwerke entsprechen im Wesentlichen dem Prinzip der Versuchsanlage Muldenstein, wobei von Muldenstein aus auch erfolgreich ein Parallelbetrieb mit benachbarten Umformerwerken durchgeführt wurde (Bild 27). Die 1980er Jahre im damaligen „Reichsbahnkraftwerk DSF“ Muldenstein waren dadurch geprägt, dass die verschlissenen Anlagen mit hoher Verfügbarkeit weiter genutzt werden mussten. Materialmangel und begrenzte Kapazitäten der Industrie setzten dem enge Grenzen. Erschwerend kam hinzu, dass die Bahnmaschine 605 vom 24. September 1985 bis zum 31. August 1988 wegen eines Rotorerdschlusses außer Betrieb war. Trotz dieser Schwierigkeiten forderte der Präsident der Rbd Halle, am Standort des Rkw ein Gewächshaus zur Aufzucht von Schnittblumen zu errichten. Die hierzu benötigte Wärmeversorgung sollte über Frischdampf und nicht wie üblich über Abdampf erfolgen. Die Schnittblumen waren für die Bild 27: Syn-Syn-Umformer am 25. Juli 1989 in Halle zum Einstellen der Radsatzmassen vor der Lokomotivenwaage der VES-M (Foto: Glanert). Bild 28: Entwicklung der installierten Bahnenergieleistung im Bahnkraftwerk Muldenstein; sehr gut zu erkennen die Folgen zweier Weltkriege (Zeichnung: Graßmann).

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