Auszug | eb - Elektrische Bahnen 4 | 2020

150 Historie 118 (2020) Heft 4 Geschichte des Bahnkraftwerkes Muldenstein–Teil 3 Fortsetzung zu eb 2-3/2020, Seiten 101–103 7 Wiederaufbau Auf der Grundlage eines Regierungsabkommens zwischen der UdSSR und der DDR vom 18. März 1952 erhielt die Deutsche Reichsbahn die stationären Anlagen und die Fahrzeuge des elektrischen Zugbetriebes für 1AC 15 kV 162 /3 Hz wieder zurück. Bezahlt wurde das Rückführgut mit der Lieferung von 355 Weitstreckenreisezugwagen, die vor allem im Waggonbau Ammendorf gefertigt wurden. Die Rücklieferung der Maschinen und Anlagen des Kraftwerkes Muldenstein erfolgte ab Mai desselben Jahres und war Anfang 1953 abgeschlossen (Bild 23). Es ist davon auszugehen, dass in der Sowjetunion kein elektrischer Zugbetrieb mit 1AC 15 kV 162 /3 Hz stattgefunden hat. Die Ankunft von Ausrüstungsgegenständen für den Kraftwerksbetrieb in Muldenstein, teilweise in den original verpackten Kisten, belegt diese Aussage. Es gibt Spekulationen über den Einsatz der deutschen Elektrolokomotiven. Nur die E 44 047 und drei E 77 sind nach der Umspurung nachweislich für einen Versuchsbetrieb mit Gleichspannung umgebaut worden. 1952 kam es in Muldenstein zur Bildung der „Aufbauleitung Kraftwerk Muldenstein“ als Bereich der Obersten Bauleitung für Elektrifizierung Halle. Im Bahnkraftwerk Muldenstein wurden im Wesentlichen die Anlagen wieder aufgebaut, die nach der großen Rekonstruktion 1937 bis 1942 errichtet worden waren. Die Ausrüstungen mit 1,5MPa Betriebsdruck wie ältere Kessel, Ruthsspeicher, Turbinen der Turbogeneratoren 1 und 2 wurden infolge Überalterung und zwecks Vereinfachung des Dampfregimes nicht wieder errichtet. Am 27. Juli 1955 fand unter Beteiligung des Verkehrsministers der DDR, Erwin Kramer, mit dem Hochlauf der Bahnmaschine 5 die offizielle Wiederinbetriebnahme des Reichsbahnkraftwerkes (Rkw) Muldenstein statt (Bild 24). Mit Beginn des elektrischen Betriebes auf der Strecke Halle – Köthen am 1. September 1955 (Bild 25) nahmen die Anlagen den Dauerbetrieb auf. Es wurden insgesamt sieben Mühlenkessel mit 4MPa Betriebsdruck und drei 16-MVA-Turbogeneratorsätze (Bahnmaschinen 3 bis 5) errichtet. Als Ersatz für die Turbinen der Bahnmaschinen 1 und 2 wurde je ein vom Sachsenwerk Dresden-Niedersedlitz gelieferter 50-Hz-Synchrongenerator mit 15,6MVA Scheinleistung aufgestellt. Bei einem cos von 0,8 ergab das eine Wirkleistung von 12,5MW. So entstanden zwei stationäre Getriebeumformersätze, die den 162 /3 -Hz-Bahnstrom in 50-Hz-Drehstrom und umgekehrt umwandelten. Der als BM602 bezeichnete Umformersatz nahm 1955 und der Umformer 601 am 12. Februar 1957 den Betrieb auf. Der Anwurf der Umformersätze erfolgte jeweils mit einem Fahrmotor der Lokomotivenbaureihe (BR) E 18 des Typs EKB860. Bild 23: Kraftwerksteile als Rückführgut auf dem Gelände des Kraftwerk Muldenstein im Winter 1952/53 (Foto: Historische Sammlung der DB). Bild 24: Inbetriebnahme der Bahnmaschine 5 in Anwesenheit des DDR-Verkehrsministers Erwin Kramer am 27. Juli 1955 (Foto: Historische Sammlung der DB).

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