Auszug | eb - Elektrische Bahnen 7 |2018

225 Standpunkt 116 (2018) Heft 7 Renaissance des elektrischen Gütertransports auf Straßen n dieser Ausgabe befassen sich zwei Fachauf- sätze mit elektrischer Traktion auf Straßen, ei- ner mit dem Einsatz von E-Fahrzeugen im Gü- terverkehr auf Autobahnen und einer mit der Nutzung vorhandener Straßenbahn-Infrastruktur für indivduelle E-Mobilität und E-Busse. In Deutschland wird derzeit in Hessen auf der Au- tobahn A5 zwischen Weiterstadt und Langen/Mör- felden sowie in Schleswig-Holstein auf der A1 zwi- schen Lübeck und Reinfeld jeweils eine 6 km lange Teststrecke errichtet; die in Hessen soll Ende 2018 fertig sein. Bis Ende 2019 soll eine in Baden-Würt- temberg an der Bundesstraße 462 zwischen Kup- penheim und Gernsbach folgen. Diese wird an je- dem Ende einen 6 km langen Oberleitungsabschnitt bekommen; auf dem 6 km langen Zwischenstück sollen die Fahrzeuge batteriebetrieben oder mit Hy- bridantrieben fahren. Neu ist elektrischer Güterverkehr auf Straßen nicht. In Deutschland ging die erste derartige Anla- ge 1901 bei Königstein in Sachsen in Betrieb. Ihre Fahrzeuge hatten Stangenstromabnehmer wie sie noch heute bei Obussen üblich sind. Weitere solche Güterbahnen gab es in Deutschland auch in Greven- brück, Monheim, Wurzen, Döbeln, Hamburg-Altona und Landsberg an der Warthe, heute polnisch Gorzów Wielkopolski; die erstgenannte wurde 1903 im allerersten Heft unserer neu gegründeten Zeit- schrift ausführlich beschrieben. In der ehemaligen DDR setzte man elektrisch betriebene Güterfahrzeu- ge bei Bitterfeld ein, eine Anlage bei Elbingerode im Harz überstand die politische Wende 1989 nicht. Auch im Ausland gab es elektrischen Güterverkehr auf Straßen, so in Österreich, im russischen Teil der früheren Sowjetunion, in Frankreich, Italien und der Schweiz. In Tagebauen sind heute elektrisch betrie- bene Fahrzeuge in Schweden, Australien, der Demo- kratischen Republik Kongo, Namibia, und Südafrika im Einsatz. Vergleichbar mit den heutigen deutschen Teststrecken sind Anlagen in Schweden und in den USA. Dass diese ursprünglich als „Gleislose Bahn“ be- zeichnet wurden, kam wohl von der Zwangsführung durch die zweipolige Oberleitung. Abgesehen von diesem Merkmal waren die elektrischen Ausrüstun- gen strecken- wie fahrzeugseitig mit denen der Stra- ßenbahnen vergleichbar. So verwundert es nicht, dass nach und nach das Regelwerk für Obusse weit- gehend in das für Bahnen integriert wurde. Schwierig wird es heute, wenn für den E-Betrieb auf Straßen neue Regelwerke geschaffen werden, die mit den vorhandenen für Bahnen nicht abge- stimmt sind und abweichen. Das beginnt bei den Schutzabständen gegen direktes Berühren leitfähi- ger Teile und endet bei Ladestationen für Busse. Hier wird oft in zu engen Grenzen gedacht. Dann können Planer, Lieferanten und Betreiber nur schwer den Überblick in den unterschiedlichen Normenwelten behalten. Das wird besonders dort deutlich, wo vor- handene elektrische Anlagen von Straßenbahnen mit Ladestationen für den elektrischen Individualver- kehr zusammentreffen sollen. So etwas erfordert ge- meinsame Festlegungen. Diese Entwicklung in eine für alle Beteiligten rich- tige Richtung zu lenken, ist bei den divergierenden Interessen zwar schwierig, für einen effizienten Sys- tembetrieb aber dringend notwendig. Dr. Steffen Röhlig Chefredakteur eb – Elektrische Bahnen I

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